Vom Nachttisch geräumt

Sieger lassen sich gehen

Von Arno Widmann
20.06.2016. Wer wissen will, warum Donald Trump so reich wurde, wie er jetzt ist, der lese Wayne Barretts wiederaufgelegtes Buch über den Mann.
Am 14. Juni vor siebzig Jahren wurde Donald Trump geboren. Kein Anlass, sich intensiver mit dem ganz offensichtlich narzisstisch gestörten Psychopathen zu beschäftigen. Aber immerhin will er jetzt Präsident der USA werden. Gedroht hatte er damit wohl schon ein halbes Dutzend Mal. Aber jetzt scheint es ernst zu werden. Höchste Zeit, sich über ihn zu informieren. Das beste Buch über Donald Trump wurde leider schon 1992 von Wayne Barrett, damals Redakteur der Village Voice, veröffentlicht. Lange war das Buch nur noch antiquarisch zu haben. Jetzt gibt es ein E-Book davon mit einer ganz neuen Einleitung.Die sollte jeder, der Englisch lesen kann, gelesen haben. Man bekommt da, auf dreißig Seiten exzellent zusammengefasst, einen ersten Einblick in die Taten und Untaten des Donald Trump. Über seine rassistischen Ansichten - es gibt im gesamten Trump-Management keine Schwarzen. Selbst die Body-Guards sind alles Weiße. Weiße Männer natürlich. Von Frauen hält Trump auch nicht viel.

Barretts neue Einleitung beginnt mit einer Szene auf der Rolltreppe des Trump-Towers in New York. Sie transportierte Trump hinunter in die Halle des Gebäudes, wo seine Tochter ihn angekündigt hatte - er schwebte gewissermaßen von oben ein - und wo er gleich vierzig Minuten lang darüber reden würde, dass Politiker nur reden und nichts tun und dass keiner von ihnen jemals Chinesen oder Japaner geschlagen habe, während er das täglich tue.

Die message des Rolltreppenauftritts war "Nur Verlierer gehen selbst. Sieger lassen sich gehen." Wayne Barrett analysiert nicht Trumps Rede. Er erinnert daran, dass der Schwager des Unternehmers, der die Beleuchtung des den Trump Tower schmückenden Wasserfalls installiert hatte, in einem Kontrollausschuss der Stadtverwaltung New Yorks den Trump Tower durchgewunken und sich, als er wegen Bestechung belangt werden sollte, ein Küchenmesser in die Brust gerammt hatte. Trumps den Bau des Tower begleitender Rechtsanwalt wurde der Zusammenarbeit mit Mafia-Kreisen angeklagt. Barrett schreibt: "Der Trump Tower ist selbst ein Monument der Mafia. Freundschaftsdienste seitens eines lokalen Mafia-Mitglieds sorgten für den Beton und Mafia-Unternehmen zogen das damals größte Betonprojekt des Landes auf." Daran schließt Barrett diesen erhellenden Satz an: "Nun, da er die Hände nach dem Weißen Haus ausstreckt, kündigt er ein noch größeres Beton-Projekt an: eine Tausend-Meilen-Mauer, die uns schützen soll vor den Drogen- und Schleuserkartellen Mexikos."

Barrett zählt auf, wer die Millionen Dollar Apartments im New Yorker Trump Tower bezog: Im ersten Jahrzehnt gingen zwei Dutzend davon an Trumps Baugenossen. Eines zum Beispiel ging an Chef der mit dem Gambino-Clan verbandelten Beton-Fahrer-Gewerkschaft. Andere Wohnungen gingen an noch größere Gangster. Baby Doc Duvalier, damals Präsident von Haiti, kaufte eines für 2,5 Millionen Dollar. Chuck Blazer, inzwischen verurteiltes Mitglied des FIFA-Exekutivkomitees, besaß zwei Apartements und ein Büro. Ein anderer FIFA-Chef, der Brasilianer José Maria Marin, steht derzeit unter Hausarrest - in seinem 3,5 Millionen Trump-Tower Apartment. Der russische Milliardär Tamir Sapir, den Trump einen "großen Freund" nannte, war nicht nur involviert in Bau-Projekte des Gambino-Clans, sondern besaß im Trump-Tower auch ein 5 Millionen Dollar Apartment. So geht das weiter. Der Eindruck, der sich aufdrängt: Wer Trump wählt, wählt die Mafia. Oder, wie man in den USA sagt: den Mob.

Wayne Barrett: Trump - The greatest show on earth: The deals, the downfall, the reinvention, Regan Arts, New York 2016, 11 Euro.