Jean-Baptiste Alphonse Karr

Reise um meinen Garten

Ein Roman in Briefen
Cover: Reise um meinen Garten
Die Andere Bibliothek, Berlin 2020
ISBN 9783847704256
Gebunden, 400 Seiten, 44,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Caroline Vollmann. Mit einem Vorwort von Eduard Bodi. Ein Garten genügt. Ein entzückender Ort des Zaubers und des Spektakels im Alltäglichen und Kleinsten. Warum in die Ferne reisen, wenn sich in der nächsten Nähe eine ganze Welt auftut? In den 66 Briefen seines Romans "Reise um meinen Garten" nimmt uns Alphonse Karr mit auf eine Reise, die nicht weiter führt als in den eigenen Garten. "Alles reist": der Käfer auf dem Blatt, die Gallwespe, der Zugvogel, der Himmel und die Farben, ja sogar das Klima und die Jahreszeiten. Alphonse Karr richtet seine Briefe an einen Freund, der sich mit dem Automobil auf große Fahrt begibt. Er selbst bleibt in seinem Garten und beweist dem Freund die Ebenbürtigkeit seiner Erkundungen und Entdeckungen in der nahen Natur. Es braucht nur offene Augen: für das Spektakel der Spinnen oder Bienen, Laubfrösche oder Marienkäfer, für das Gewese der Rosen mit ihren Blattläusen, von Nussbaum, Pfeilkraut, Veilchen oder Lilie. Das alles ist bei Alphonse Karr verflochten mit moralischen und politischen Betrachtungen. Und mitunter gibt sich ein franziskanischer Enthusiast zu erkennen: "Mein Gott! Wie bin ich reich!" Karr wies Henri Fabre mit dessen berühmten Insektenbeobachtungen genauso wie Maurice Maeterlinck mit dessen nicht minder berühmtem Leben der Bienen den Weg. Er führte das Genre der "Zimmerreisen" weiter, die Xavier de Maistre mit seinem Buch "Die Reise um mein Zimmer" knapp ein halbes Jahrhundert zuvor begründet hatre - die Erkundung des Nahen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.06.2021

Ganz hingerissen blickt Rezensent Niklas Bender mit den hier versammelten 59 Briefen von Alphonse Karr in den "Mikrokosmos" des Gartens. Der Kritiker staunt mit dem heute weitgehend vergessenen Herausgeber des "Figaro" über Ameisenlöwen und Zirpkäfer, Rosen und Hanf - und verdankt der Belesenheit des Autors allerhand neue Erkenntnisse: Von den antiken Vorurteilen gegenüber Bienen erfährt er hier ebenso wie von "Tulpenfanatikern". Die Mischung aus persönlichen Anekdoten, philosophischen Reflexionen, leidenschaftlichen Kontemplationen und Kritik am "bürgerlichen Materialismus" bedeuten für Bender ein großes Lesevergnügen.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.08.2020

Burkhard Müller sieht über die Empfindsamkeit hinweg, über die Länge des Buches und auch seine Längen. Dann nämlich steht der Bewunderung für Alphonse Karrs Gartenfaszination aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nichts mehr im Weg. Herzklopfen gar verspürt Müller, wenn der Autor vom Duft blühender Linden berichtet oder Natur, Garten, Käfer, Rousseau und Epikur in einem Atemzug nennt, Rosensträuchern, Blütenfarben und dem Regenduft huldigt. Gegen die Beobachtungsgabe des Autors lässt sich nichts einwenden, erkennt Müller. Ein Autor zum Kennenlernen, meint er.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 25.07.2020

Wieland Freund ahnt mit Alphonse Karrs Buch die wahre Bestimmung des Gartens: Er überlebt uns und ist schließlich kein Garten mehr. Schon diese Erkenntnis lässt ihn den Autor als frühen Vertreter des Nature Writing erkennen, der über Botaniker und Dichter wettert, als französischen Thoreau, Tierrechtler und Verkörperung der beginnenden Moderne. Die "schöne" Ausgabe lässt Freund sogar darüber hinwegsehen, dass man den Exzentriker und schreibenden Gärtner Karr und seinen Roman in Briefen von 1845 bisher vergessen hatte.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 03.07.2020

Dieser Roman eines Zeitgenossen und Freundes von Baudelaire und Balzac widmet sich den Entdeckungen, die der Erzähler in seinem kleinen Garten macht, während er im Schlafrock unter den Feigenbäumen liegt, weiß Paul Jandl. Etwas "schlafrockhaft" fand der Kritiker die Schlichtheit des Buchs zwar, aber umso besser haben ihm die exakten Beschreibungen der Pflanzen und Insekten gefallen, die der enge Schauplatz ermögliche. Die Moral, die dahinter aufscheint, hat Jandl wiederum als etwas blass empfunden: Menschenfeindlichkeit und Obrigkeitstreue sind nicht das Fazit, das er sich gewünscht hätte.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 20.06.2020

Rezensent Fabian Wolff findet die Zärtlichkeit für den eigenen Garten, für Pflanzen und Tiere in Adolphe Karrs 1845 verfassten Briefroman an einen rätselhaften Adressaten höchst zeitgemäß. Ob sich nun eine Liebesgeschichte dahinter verbirgt oder nicht - Wolff faszinieren die prächtig illustrierten, instagramtauglichen Beschreibungen von Wolken, Rosen oder Insekten ungemein, auch weil der Autor ihnen oft längere "Meditationen über das Wesen der Dinge" oder "religiöse Exaltationen" folgen lässt und manchmal auch die ironische Betrachtung der eigenen Faulheit.