Paul Spiegel

Wieder zu Hause?

Erinnerungen und Visionen. Aufgezeichnet von Rafael Spiegelmann
Cover: Wieder zu Hause?
Ullstein Verlag, Berlin 2001
ISBN 9783898340410
Gebunden, 276 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

"Wenn ich nicht gerne in Deutschland lebte, würde ich nicht in Deutschland leben." Paul Spiegel gehört zur Generation der Holocaust-Überlebenden. Heute ist er als Nachfolger von Ignatz Bubis Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland. Paul Spiegels Lebensgeschichte ist ebenso widersprüchlich wie abenteuerlich, einzigartig wie exemplarisch.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 01.07.2002

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, hat zusammen mit dem Journalisten Rafael Seligmann ein Buch über die Heimkehr in ein Land geschrieben, das ihn vor rund siebzig Jahren nicht länger dulden wollte, berichtet Matthias Arning. Spiegel, 1937 im westfälischen Warendorf geboren, erlebte Verfolgung und Grauen des Nationalsozialismus als Kind. Nach dem Krieg kehrte er mit seinen Eltern, die Flucht und Konzentrationslager überlebt hatten, nach Deutschland zurück, erzählt der Rezensent. Hauptthema dieses Buchs sei denn auch, so Arning, wie schwierig es ist, dieses "Leben im Zwiespalt" zwischen "Anerkennung und Selbstbehauptung" zu bewältigen. Zumal Spiegels Optimismus, der Antisemitismus sei über die Jahrzehnte deutlich "verblasst", in den letzten Jahren - vor allem nach dem Bombenattentat und dem Brandanschlag in Düsseldorf - schwer "erschüttert" worden sei. Trotzdem sei Spiegel nicht, ist der Rezensent beeindruckt, in einen "tiefen Pessimismus" verfallen und hoffe in "seinen ausgesprochen persönlichen Schilderungen" nach wie vor auf eine "Heimkehr".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.02.2002

Jürgen Kahl bespricht Paul Spiegels Erinnerungen mit einem gewissen Abstand. Der Präsident des Zentralrats der Juden sei anfangs überaus optimistisch gewesen und habe über einen großen und sehr positiven Anekdotenschatz verfügt, bevor ihn die Ereignisse in Deutschland zu einer Art Umkehr gezwungen hätten. Er wirke gespalten zwischen seinem eigenen, glücklich verlaufenen Lebensweg in Deutschland und der Frage, was einen deutschen Juden zur Wiederaufnahme und zum Wiederaufbau jüdischen Lebens in Deutschland bewegen könne, womit er auch seine eigene "Gestaltungsfähigkeit" in Frage stelle. Trotz dieses Zwiespaltes und trotz des teils fast übermächtigen Vorbilds von Ignaz Bubis findet Kahl dieses Buch überaus lesenswert und voll persönlicher Eindrücke und Einblicke.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.12.2001

Paul Spiegel, Vorsitzender des 1950 gegründeten Zentralrats der Juden in Deutschland, erinnert sich: an seine Schwester Rosa, die mit elf Jahren 1942 aus Brüssel verschleppt und später ermordet wurde, an seine Mutter, die an ihren Selbstvorwürfen, die Tochter nicht genügend beschützt zu haben, zerbrach, an den Vater, der als einer der wenigen Überlebenden nach dem Krieg in das westfälische Warendorf zurückkehrte und dort die jüdische Gemeinde wiederaufbaute, an frühere Vorsitzende des Zentralrats, besonders "warmherzig" an Ignatz Bubis, berichtet Rezensent Klaus-Dietmar Henke. Frei von literarischem Ehrgeiz beschreibe Spiegel breit und volkstümlich am Beispiel seiner Familie den Weg vieler deutscher Juden in den letzten hundert Jahren, einen leicht fasslichen Grundkurs über jüdische Riten und Bräuche eingeschlossen. Spiegel sieht "illusionslos optimistisch" in die Zukunft, glaubt der Rezensent. Am Ende seines "Erinnerungsbuches" sei die Titelfrage nach der Selbstverständlichkeit, in Deutschland zu leben, getilgt.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.12.2001

Dieses Buch, meint der Rezensent Michael Blumenthal (der Direktor des Jüdischen Museums), "ist jedem Deutschen zu empfehlen". Einerseits als Geschichtsbuch, in dem Paul Spiegel vom Schicksal seiner Familie erzählt, vom Vater, der in Auschwitz verschollen war und kurz vor der geplanten Ausreise nach Amerika wieder auftaucht. Die "Überlebensgeschichte" zeigt, so Blumenthal, dass der Einzelne "immer etwas tun" kann: eine belgische Bauernfamilie versteckte Paul Spiegel und seine Mutter. Interessant sind die Erinnerungen an die ersten Jahre im Nachkriegsdeutschland, an die "führenden Persönlichkeiten und frühen Pioniere". Geschildert wird außerdem die Arbeit des Zentralrats, die gegenwärtige Situation der etwa 100000 Juden in Deutschland. Das einzige, was Blumenthal ein bisschen stört, ist, dass Paul Spiegel gelegentlich einfach ein wenig zu freundlich ist: so gut, wie viele der Personen, denen er begegnet, wegkommen, können sie nicht alle sein, da ist sich Blumenthal sicher. Dennoch aber ist für ihn keine Frage, dass das ein "wertvolles Buch" ist.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de