Ulrich M. Schmid

De profundis

Vom Scheitern der russischen Revolution
Cover: De profundis
Suhrkamp Verlag, Berlin 2017
ISBN 9783518420096
Gebunden, 572 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Mit einer Einleitung von Karl Schlögel. Aus dem Russischen von Gabriele Leupold, Olga Radetzkaja, Dorothea Trottenberg, Volker Weichsel und Regula Zwahlen. Sie hatten die Revolution 1905 scheitern sehen und rechneten mit der russischen Intelligenzija ab, der sie selbst angehörten. In der Niederlage sahen sie die Chance einer radikalen Selbstbesinnung. So beschrieb der Historiker Karl Schlögel das Vorhaben von Autoren wie Pjotr Struwe, einem frühen Weggefährten und späteren Gegenspieler Lenins, der 1909 zusammen mit Nikolaj Berdjajew, Semjon Frank und Sergej Bulgakow den legendären Essayband Wegzeichen zur Krise der russischen Intelligenz herausbrachte. Sie und die anderen Autoren, unter ihnen Juristen, Nationalökonomen, Sozialtheoretiker und Religionsphilosophen, setzten ihre Hoffnung auf die Liberalisierung und begrüßten die Februarrevolution 1917. Die Machtergreifung der Bolschewiki im Oktober bestätigte ihre schlimmsten Befürchtungen. Unter dem Eindruck der Ereignisse verfassten sie einen Sammelband zur geistigen Lage Russlands, der 1918 druckfertig war: De profundis, "Aus der Tiefe" - der Titel spielt auf den 130. Psalm an -, ist ein einzigartiges Dokument. In apokalyptischen Bildern interpretierten die Gelehrten die epochale Wende: revolutionäre Ereignisse, die sie hatten kommen sehen und die doch an Schrecken alles übertrafen, was sie sich hatten vorstellen können. Eine Welt zog herauf, in der sie als die "Zellen eines sterbenden Körpers" keinen Platz mehr für sich sahen. Ihr Buch konnte erst 1990 in Russland erscheinen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.10.2017

Zumindest im Vorwort von Karl Schlögel findet Rezensent Stefan Plaggenborg eine Antwort auf die Frage, weshalb er diesen von dem Slawisten Ulrich Schmid nun erstmals auf Deutsch herausgegebenen Band mit Stimmen konterrevolutionärer russischer Intellektueller aus dem Jahr 1918 lesen soll. Die geschichtsphilosophischen Essays verschiedener Autoren wie Sergej Askoldow, Walerian Murawjow oder Sergej Bulgakow würden den Blick für russische "Tiefendimensionen" eröffnen, liest der Kritiker bei Schlögel. Aber nach der Lektüre der von viel "Selbsthass" geprägten Texte, in denen die Autoren sich voller Verzweiflung von der Gegenwart abwenden und zurück auf die Geschichte von Volk, Nation und Religion blicken, kann der Rezensent den Band allenfalls "esoterisch veranlagten Russlandfans" empfehlen.
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