Eva Menasse

Lässliche Todsünden

Cover: Lässliche Todsünden
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2009
ISBN 9783462041279
Gebunden, 253 Seiten, 18,95 EUR

Klappentext

In einer postmodernen Gesellschaft forscht Eva Menasse nach archaischen Mustern. Sie spürt den sieben Todsünden nach und findet Trägheit und Gefräßigkeit, Wollust und Hochmut, Zorn, Neid und Habgier in den Taten ihrer ganz und gar weltlichen Protagonisten. Hinter den Fassaden, da, wo die Sünden sind, steckt schließlich der menschliche Kern. Und so wie die einzelnen Todsünden einander berühren und ineinander übergehen, tun es auch diese Geschichten. Orte und Figuren tauchen auf und kehren wieder, Zusammenhänge erschließen sich quer durch die Kapitel.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 04.01.2010

Das Potential der Autorin hat Jörg Plath erkannt. Bei diesem Buch ("beinahe ein Reigen") scheint es ihm noch nicht ganz ausgeschöpft. So findet er das sich selbst verstümmelnde kulturbürgerliche Personal bei Eva Menasse zwar wie mit zarter, leichter Metzgerhand filetiert und in seiner Sündigkeit (wenn auch nicht Todsündigkeit, wie Plath betont) in der Tradition der Moralisten dargeboten. Ihren raffinierten psychologischen Realismus aber überstrapaziert Menasse auch manchmal und so die Geduld des Rezensenten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.11.2009

Dieser Erzählband spielt im Wiener Kulturbetriebsmilieu. Und dies Milieu und seine Vertreter kommen, wenn man dem Rezensenten Martin Halter glauben darf, dabei gar nicht gut weg. Vor keiner kleinen Gemeinheit schrecken sie zurück, ernst nehmen sie wenig, Probleme witzeln sie weg. Betitelt sind die Geschichten tatsächlich nach den christlichen Todsünden. In "Trägheit" flieht ein Mann vor seiner "starken, neurotischen" Frau. In "Wollust" wird einer angesichts der Hygiene-Hysterie seiner Geliebten zum Eunuchen. Und so Sünde für Sünde fort. Der Rezensent zeigt sich von Menasses Entlarvungskunst sehr beeindruckt und lobt vor allem die Raffinesse, mit der sie diese Kulturbetriebs-Peinlichkeiten in Szene zu setzen und dabei "scharf und gnadenlos" darzustellen versteht.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.10.2009

Warum nur gleich Todsünden? Für Rezensentin Kristina Maidt-Zinke hätten es "Laster" auch getan. Von der tollen Alliteration mal abgesehen. Provokation scheint ihr in diesem Buch von Eva Menasse so manches zu sein. Dahinter kann Maidt-Zinke nichts Fesselndes entdecken, nichts Existentielles, schon gar nichts Todsündiges. Dass Menasses Personal dem Wiener Intellektuellenmilieu entstammt, dass es um Sex- und Ehe- und Elternprobleme geht, dass so mitunter kurzweilige Sittenbilder mit Wiener Charme entstehen, ergibt für die Rezensentin noch nichts von Signifikanz. Den Leser mit individuellen Befindlichkeiten unscharfer Figuren und mit Suchspielen (Wo ist nu die Todsünde?) zu nerven – Sünde, findet Maidt-Zinke.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.09.2009

Oliver Pfohlmann findet den überwiegenden Teil von Eva Menasses sieben Erzählungen, die sich am mittelalterlichen Katalog der Todsünden orientieren, "irritierend" und "gelungen". Deutlich werde in diesen Geschichten - und darin illustrieren sie eine Erkenntnis des Soziologen Gerhard Schulze über die "Sünde" -, dass sich der moderne Mensch vor allem gegen sich selbst und gegen seine Mitmenschen versündigt, stellt der Rezensent fest. Als brillantes "Kammerstück" hat ihn besonders die Erzählung "Wollust" begeistert, in der sich eine Frau durch allerlei gesundheitliche Malaisen ihren Mann vom Leib zu halten trachtet. Ganz im Gegensatz zu ihrem opulenten Debütroman überrascht Menasse in diesem Band durch eine unterkühlte und präzise Sprache, so Pfohlmann. Umso negativer fällt ihm auf, wenn die Autorin mal ins Redensartliche oder in Anglizismen abgleitet, was seiner allgemeinen Freude an diesen Erzählungen aber nicht nachhaltig Schaden zufügen kann.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.08.2009

In hohen Tönen lobt Rezensent Michael Naumann Eva Menasses Erzählungsband, aus dem er den Kammerton der Traurigkeit und des vergeblichen Hoffens auf Glück, aber auch ein fernes Echo des grell-ironischen "Sounds" von Karl Kraus, Robert Musil oder Thomas Bernhard vernimmt. Fabelhaft genau seien die sechs Kurzgeschichten, schreibt er, "von Herzen bös" gar, in denen es um "großgeschriebene Enttäuschungen" gehe. Naumann bewundert die Unbestechlichkeit, mit der Eva Menasse ihre Beobachtungen im Wiener Bestiarium protokolliert, aber auch den Mut, sich der "vertrödelten Lebensläufe" ihrer Figuren über einen längeren Zeitraum hin anzunehmen: der kraftlosen Liebhaber, abgewiesenen Ehemänner oder bindungsfeindlichen Künstler, von denen Naumann zufolge diese ebenso kunstvollen wie unerbittlichen Geschichten handeln.