Alexander von Humboldt

Kosmos

Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. 2 Bände
Cover: Kosmos
Die Andere Bibliothek/Eichborn, Frankfurt am Main 2004
ISBN 9783821845494
Gebunden, 960 Seiten, 99,00 EUR

Klappentext

Editiert und mit einem Nachwort versehen von Ottmar Ette und Oliver Lubrich. Der große Naturforscher und Universalgelehrte lässt Muschelverkalkungen und Sternschnuppen vom Ursprung der Welt erzählen, berichtet von Schwarzen Löchern, fernen Korne der Schönheit der Natur der Tropen und des Eismeers. Er lehrt uns das Staunen und weckt in uns die Lust, weiter zu fragen: Wie schön wäre es doch, wenn man mehr wüsste ... Humboldts populärwissenschaftlichen Kosmos-Vorlesungen, die die Keimzelle seines großer Werkes bilden, lauschte einst halb Berlin - vom Arbeiter bis zur Hofgesellschaft.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.10.2004

Das weltweit gefeierte Multitalent Alexander von Humboldt, angeblich im Ausland nach Goethe der bekannteste Name der Deutschen Kulturgeschichte, wird im eigenen Land kaum gelesen. Ein Umstand, dem das "Humboldt-Projekt" von Hans Magnus Enzensberger und den Humboldt-Kennern Ottmar Ette und Oliver Lubrich ein Ende bereiten möchte. Das dürfte nach Einschätzung von Rezensent Ludger Lütkehaus auch gelingen - dank ihrer Edition von Humboldts Werken, die "neue Maßstäbe" setze. Hocherfreut zeigt sich Lütkehaus darüber, dass der "Kosmos", das "grandiose Spätwerk" und "Opus magnum eines umfassenden Geistes", nun erstmals in einer kommentierten Edition vorliegt, die Humboldts eigenhändige Korrekturen und Zusätze integriert, und alle Bildtafeln sowie Heinrich Bergaus' "Physikalischen Atlas" enthält. Die Leser, verspricht Lütkehaus, könnten sich auf die Begegnung mit einer außergewöhnlichen Gestalt und einem großen Werk freuen. Ausführlich berichtet er von Humboldts Forschungsexpeditionen, deren Auswertungen ihn sein Leben lang beschäftigten. Fast überschwänglich schreibt er auch über Humboldt, den Abenteurer, Entdecker, Botaniker, Pionier, Zoologen, Mineralogen, Geologen, Geographen, Klimatologen, Ozeanographen, Ethnologen, Historiker, Mythenforscher, Sprachwissenschaftler. In Humboldt erkennt Lütkehaus eine "Synthese von spezialwissenschaftlicher Erkenntnis und Blick aufs Ganze, Besonderem und Allgemeinen, Sinnlichkeit und Abstraktion", die auf eine "poetische, künstlerische Auffassung" und eine "farbige, lebendige und belebende Darstellungskraft" trifft.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.09.2004

Alexander von Humboldts "Kosmos" stand zwar im 19. Jahrhundert ebenso im Bücherschrank des Bildungsbürgers wie Gustav Schwabs "Sagen des klassischen Altertums", behauptet Magnus Schlette, aber dennoch habe er als "nur" Forscher immer im Schatten der großen deutschen Dichter und Denker gestanden. Dabei hat Goethe den Weltreisenden sehr geschätzt, hat Schlette in Erfahrung gebracht, denn beide hätten der Empirie gegenüber der Spekulation den Vorzug gegeben. Außerdem lesen sich Humboldts Reisebeschreibungen mindestens ebenso spannend wie Alexandre Dumas' oder Louis Stevensons Abenteuerromane. Alexander von Humboldt war der Typus des Universalgelehrten, erklärt Schlette, er war Zoologe, Botaniker, Astrononom, Geologe, Ethnologe, Sprachforscher, Geograph - alles in einem. Schlette weist darauf hin, dass Forschung damals noch vollen körperlichen Einsatz bedeutete. Erstaunlich sei der "Furor des Messens", äußert Schlette verwundert, mit dem Humboldt auf die Welt losgegangen sei: offensichtlich hatte er seine Reisebegleiter damit genervt, dass er jede Meeresströmung, jeden Windstoß, jeden Niederschlag genauer be- und nachrechnete als die Seeleute etwa. Leider mäandern auch diese Messungen und ihre Auswertungen durch den Text beziehungsweise Fußnotenapparat, schreibt Schlette. Andererseits symbolisiere ihr Stellenwert, den sie für Humboldt ganz offensichtlich gehabt hätten, auch deutlich, dass der Forscher an der Schwelle von einer ästhetisch inspirierten Naturphilosophie zur modernen Naturwissenschaft stand und diesen Übergang in einer Verbindung von Geistes- und Naturwissenschaften forciert vorantrieb.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.09.2004

Hanns Zischler sieht Hans Magnus Enzensberger und seine Mitarbeiter von der Anderen Bibliothek entschlossen ausschreiten wie einst Alexander von Humboldt, unerschrocken Kurs nehmend auf die Ideale der Bildung und voller Vertrauen, dass es ihn noch gibt, dass er nur schlummert und erweckt werden kann - jener "höhere Leser", wie ihn Rudolf Borchardt beschrieb: "Die Welt geht in ihn ein, indes er in die Welt aufgeht." Denn eines solchen bedürfe es zur Lektüre des "hoch zerklüfteten Werkes", dem Ergebnis von Humboldts so hehrer wie maßloser Ambition, die "ganze materielle Welt" nebst jeder wichtigen Idee, "die irgendwo aufglimmt", in einem großen Werk darzustellen, "das zugleich in lebendiger Sprache anregt und das Gemüth ergötzt". Das Wissen der Welt, das Humboldt mit Hilfe von Mitarbeitern in ganz Europa kompilierte und, befeuert vom sozialen Ideal der wissenschaftlichen Bildung im Deutschland der Restauration, in 61 Vorträgen unter das interessierte Volk brachte. Warum aber soll man Humboldt heute lesen? Weil er, so Zischler, Vertreter einer naturwissenschaftlichen Prosa ist, wie sie nicht mehr existiert: einer Sprache, die dazu einlädt, "die Welt aus ihren Entwürfen zu begreifen". Zischler, voller Bewunderung für den Mut, das Monumentalwerk in seiner ursprünglichen und vollständigen Form wieder zugänglich zu machen, freut sich zudem über die Beigabe des "Physikalischen Atlas zum Kosmos" von Heinrich Berghaus, der auch seinerzeit zur Mitherausgabe eingeplant war und im besonderen Maße die wissenschaftliche Innovation des Autors akzentuiere.
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