Michal Hvorecky

City

Der unwahrscheinlichste aller Orte
Cover: City
Tropen Verlag, Berlin 2006
ISBN 9783932170812
Gebunden, 280 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Slowakischen von Mirko Kraetsch. Der junge Fotograf Irvin Mirsky lebt in einer Welt, in der der globale Kapitalismus das Leben der Menschen in Besitz genommen hat. Neugeborene werden Nivea oder Gucci genannt, da große Konzerne für die Namensgebung bezahlen. Ein Stipendium führt Irvin nach City, den unwahrscheinlichsten aller Orte, wie die neue Hauptstadt Supereuropas genannt wird. Dort versucht er der Sucht zu entkommen, die ihn seit seiner Jugend verfolgt: Er ist abhängig vom Internet. Auf der Suche nach innerer Ruhe trifft er Lina, die Frau seines Lebens. Während Lina zur Ikone der öffentlichen Revolte wird, die das Leben aus den Fesseln der Virtualität befreien will, überwindet Irvin seine Abhängigkeit und versucht, die Welt seinerseits von der Übermacht der Bilder zu befreien.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.09.2006

Die Rezensentin Laura Weissmüller ist von diesem Debütroman des aus Bratislava stammenden Autoren Michal Hvorecky trotz einiger dramaturgischer Schwächen durchaus angetan. Die "schnörkellose Sprache" sorgt für eine stimmige Beschreibung der kühlen futuristischen Welten, auch sein eigenes Seelenleben betrachtet der internetsüchtige Protagonist mit Distanz: Mirsky durchstreift sein Inneres wie ein Tourist, "mal angewidert, dann begeistert, aber nie davon berührt". Weissmüller will der Lektüre gar eine rauschhafte Wirkung zusprechen,der zumindest bei ihr einen "leichten Schauer" verursacht hat. Dass Hvorecky zwischendurch auch einmal der erzählerische Faden reißt, ist vor dem Hintergrund, dass der Roman auf atmosphärischer Ebene funktioniert, nach dem Empfinden der Rezensentin dann nicht mehr so entscheidend.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.09.2006

Enttäuscht hat Rezensent Uwe Stolzmann dieses Buch wieder zugeschlagen, dessen Inhalt er "blass" und dessen Stil er "unfertig" findet. Die darin geäußerte Kulturkritik wirkte auf ihn außerdem "aufgesetzt" und wie "pure Pose". Und auch als Befindlichkeitsbericht eines Osteuropäers fand er die Geschichte zu angepasst. Hier spreche nicht das Opfer der geschmähten Westkultur, sondern einer, der es sich darin längst gemütlich gemacht habe. Worum es geht? Wenn man die leicht genervten Versuche des Rezensenten, den Inhalt zu skizzieren, richtig versteht, handelt es sich um eine Art Science-Fiction über einen tschechischen Cyberpunk, den es in eine künstliche deutsche Metropole namens "City" verschlägt, die auch die Hauptstadt des wiedervereinten Europas ist. Hier lernt Protagonist Mirsky den Ausführungen unseres leicht gequält wirkenden Rezensenten zufolge die Frau seines Lebens kennen, die auf den schönen Namen "Erika Eroticka" hört und mit der er nun gegen das herrschende Regime der virtuellen Realität rebelliert. Der Rezensent fühlt sich erinnert an bessere Bücher mit schwärzeren Utopien und stellt schließlich fest, dass es Autoren mit großen Visionen und Autoren mit großem Sprachgefühl gäbe, und selten finde man beides, manchmal aber auch gar nichts davon in einem Buch vereint.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 29.04.2006

Nicht wirklich neu findet Maik Söhler die wilde Mischung, die Michal Hvorecky dem Leser in seinem Roman über den internetpornosüchtigen Fotografen Irvin Mirsky und seine Revolte gegen die Herrschaft des Kapitalismus serviert. Söhler fühlt sich an "zig Bücher" von Chuck Palahniuk, William Gibson und anderen erinnert, die Motive wie Entfremdung, Sucht, Sex, Kapitalismuskritik, Widerstand gegen Konsumterror aufgreifen. Gelangweilt hat er sich bei der Lektüre von "City" trotzdem nie. Hvoreckys Mixtur lobt er als "wohl dosiert" und angereichert "mit pointierten melancholischen und ironischen Brüchen". Er unterstreicht die Fähigkeit des Autors, ein Lebensgefühl junger Menschen "anschaulich zu literarisieren": die wütende Ohnmacht gegenüber der Alleinherrschaft des Kapitalismus und seinen Zurichtungen des Einzelnen. Nur hätte er sich manchmal einen "genaueren Blick auf die Details" gewünscht, etwa auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Metropole "City". "Doch die zwischen tieftraurig und hoffnungsvoll-manisch beschriebene Suche Irvins nach Alternativen zu Sucht und Leere", resümiert Söhler, "machen die kleinen Mängel des Buches mehr als wett."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.03.2006

Nicht wirklich erwärmen kann sich Kolja Mensing für Michal Hvoreckys Roman über einen Internet und Porno süchtigen jungen Mann, der nach einem Stromausfall eine Terrorgruppe gründet und eine Revolution anzettelt. Das Werk kommt ihm vor wie ein lauer Aufguss aus Romanen von Autoren wie David Sedaris, David Foster Wallace, Chuck Palahniuk, Douglas Coupland und Michel Houellebecq. "Originell" kann er das wirklich nicht finden. Zudem erscheint ihm das Buch nicht besonders gut geschrieben, nämlich "zweidimensional und leidenschaftslos". Immerhin eines hält Mensing dem Werk zu Gute: es handelt sich um eine "gelungene Abbildung des Internets mit den Mitteln der Literatur". Doch das kann das Buch nicht retten. Im Grunde sieht Mensing darin nämlich einen "furchtbar langweiligen und uninteressanten Roman".
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