Spätaffäre

Spezifisch menschlich

Vorschläge zum Hören, Sehen, Lesen. Wochentags um 17 Uhr
25.04.2014. Die BBC porträtiert Andrej Tarkowskij. Im Deutschlandradio verarbeitet Markus Metz kosmische Katastrophen. Und die New York Times fragt, ob Tiere justiziable Personen sein können.

Für die Augen

(via) Ein weiterer Schatz aus den Archiven der BBC: Ein knapp einstündiges Porträt des russischen Autorenfilmers Andrej Tarkowskij aus dem Jahr 1987, das mit zahlreichen Ausschnitten und Archivmaterialien durch Leben und Werk dieses Ausnahmekünstlers führt. Auf Tarkowskijs "Andrej Rublow" wiesen wir bereits Anfang April in unserer Spätaffäre hin. (52 Minuten)




Nach der kürzlich empfohlenen "Blutigen Hochzeit" ist mit "Das Biest muss sterben" (1969) ein weiterer Klassiker von Claude Chabrol bei netzkino.de erschienen: Ein Vater sucht den Fahrer, der seinen 9-jährigen Sohn überfahren hat, um ihn umzubringen. Mit Charles Thénier, Caroline Cellier, Jean Yanne und Maurice Pialat. Der Film zeigt Chabrol auf dem "künstlerischen Höhepunkt. Seine wahre Meisterschaft zeigt sich im Detail und einer unmerklich daher kommenden Art, Dingen, die klar zu sein scheinen, einen anderen Charakter zu geben. An der Düsterkeit seines Werkes und dem pessimistischen Blick auf die bürgerliche Gesellschaft kann dabei kein Zweifel sein", schrieb Udo Rotenberg in seiner Kritik für die Filmzentrale. (107 Minuten)


Archiv: Für die Augen

Für die Ohren

Was passiert, wenn sich ein großer Himmelskörper bedrohlich der Erde nähert? Die Frage beschäftigt nicht nur die Wissenschaft, sondern insbesondere auch das Kino und andere Mythenmaschinen. In seinem für den Deutschlandfunk erstellten Feature "Deep Impact - Kosmische Katastrophen" hat sich Markus Metz durch die Bilder des kollektiven Gedächtnisses gearbeitet. Hier als Datei aus dem Podcast zum Download (53 Minuten, 48 MB).

Die NZZ hat heute die CD "Beyond Addis" vorgestellt, eine Compilation, die vom psychedelischen Jazz aus Äthiopien inspiriert ist (mehr beim WDR). Einer der Hauptvertreter dieses "Sahara Swing" oder "Ethio-Jazz" war Mulatu Astatke, ein Star im Äthiopien der siebziger Jahre (hier ein kleines Dossier über ihn auf arte). Seine Musik, so Christoph Wagner in der NZZ, beeinflusste Musiker auf der ganzen Welt. "Überall auf dem Globus merkten junge Musiker auf: in London die Gruppe Heliocentrics um den Drummer Malcolm Catto, in Genf das Imperial Tiger Orchestra, in Paris die Formationen Akalé Wubé sowie Les Frères Smith, in Berlin das Woima Collective des Jazzsaxofonisten Johannes Schleiermacher und in New York die Band Zafari. Selbst im australischen Adelaide ließen sich die Shaolin Afronauts vom 'Abyssinie Swing' inspirieren." Hier nun ein Konzert mit Mulatu Astatke, live beim Ethnomechanica Festival in Sankt Petersburg 2011 (46 Minuten):


Archiv: Für die Ohren

Für Sinn und Verstand

Im Magazin der New York Times fragt Charles Siebert den Juristen und Präsidenten des "Nonhuman Rights Project" Steven Wise, ob Tiere justiziable Personen sein können, die ihre Eigner verklagen können. Eine spannende Frage, weniger absurd, als sie zunächst erscheint: "Vor zehn Jahren wäre Wise für seine Bemühungen ausgelacht worden. Was die Sache heute realistisch erscheinen lässt, hat zum Teil mit den Fortschritten in der neurologischen und genetischen Forschung zu tun, die zeigt, dass Tiere wie Schimpansen, Orkas und Elefanten über Selbstbewusstheit, Selbstbestimmung und einen Sinn für die Vergangenheit wie für die Zukunft verfügen. Sie haben eigene Sprachen, komplexe soziale Beziehungen und die Fähigkeit, Werkzeug zu benutzen. Sie trauern, fühlen mit und vererben ihr Wissen. Mit anderen Worten, sie haben die gleichen Eigenschaften, die wir für spezifisch menschlich hielten. Wise möchte diese Tatsache nutzen, um seine Klienten zu 'autonomen Lebewesen' zu erklären, die in der Lage sind 'frei zu wählen, sich selbst zu definieren und ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, ohne dabei reflexartig oder nach Maßgabe angeborenen Verhaltens zu agieren'. Für Wise sind diese Fähigkeiten die Mindestanforderung für justiziable Personen." Dazu gibt es eine Videodoku, in der Wise den Unterschied zwischen einer Sache und einer Person erläutert.

Außerdem im NYT Mag: Gretchen Reynolds erklärt kurz und wissenschaftlich, warum Schokolade gut für uns ist.

An einem sehr speziellen, aber umso eindrücklicheren Beispiel illustriert die Historikerin María Oliveira-Cézar im argentinischen Magazin ADN Cultura den gnadenlosen Zynismus der Geschichte des Holocaust: "Am 26. Januar 1944 sah sich der kurz zuvor durch einen Putsch an die Macht gelangte und dem Faschismus nahestehende General Pedro Pablo Ramírez durch äußere Umstände gezwungen, die bisherige Neutralität Argentiniens aufzugeben. Nur einen Tag nachdem er widerwillig alle diplomatischen Beziehungen zu Deutschland abgebrochen hatte, ordnete Adolf Eichmann von Berlin aus telegrafisch die sofortige Verhaftung aller im besetzten Frankreich lebenden argentinischen Juden an, die bis dahin, eben weil sie die argentinische Staatsbürgerschaft besaßen, zumindest von den Deportationen ausgenommen worden waren. Die deutschen Beamten vor Ort deportierten daraufhin, ohne Wissen der argentinischen Botschaft, einen Teil der Verhafteten, während sie den Rest, um sich für alle Fälle weiterhin die guten Beziehungen zu den Argentiniern zu sichern, retteten, indem sie ihn offiziell der Fondation Rothschild übergaben. Der einzige, armselige Trost für die Deportierten besteht darin, dass sie sich nicht einmal im Traum hätten ausmalen können, dass der unmittelbar für ihr Martyrium Verantwortliche später ausgerechnet in ihrem Heimatland Zuflucht finden sollte."