Wolfgang Schäuble

Mitten im Leben

Cover: Mitten im Leben
C. Bertelsmann Verlag, München 2000
ISBN 9783570004975
Gebunden, 320 Seiten, 21,47 EUR

Klappentext

Die Spendenaffäre ist nur die Spitze des Eisbergs. Wolfgang Schäuble über das, was nach dem dramatischen Machtverlust 1998 wirklich in der CDU geschah. Dabei geht es Schäuble weniger um Enthüllungen oder Machtpoker als um Perspektiven für seine politischen Überzeugungen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.11.2000

Für "eg" ist dieses Buch ein Schnellschuss - anders als bei den früheren Büchern des geschiedenen CDU-Parteivorsitzenden -, sein Manko sei die Aktualität. Ein weiteres Manko, könnte man hinzufügen, ist Schäubles Loyalität, die verhindert, dass er etwas wirklich Neues zu enthüllen hat: die bekannte Rahmenhandlung tritt allenfalls "plastischer hervor", gesteht "eg" ein. Schäuble halte sich zurück, was Kritik an seinem Vorgänger Kohl angehe, andererseits sei alles in einer so kühlen Tonlage geschrieben, teilt "eg" mit, dass man die zwanghafte Zurückhaltung regelrecht zu spüren bekomme, die sich der Autor auferlegt habe. Weshalb der Rezensent höflich darüber hinwegsieht, dass der Autor zwar nicht verschweigt, wieviel ihn von seinem einstigen Mentor trennt, er es aber bei einigen Andeutungen belässt, bleibt unklar - ist das noch Loyalität, die sich so in Pose setzt? Klare Worte findet der Rezensent erst wieder zum Schlusskapitel des Schäuble-Buches, das einige Bemerkungen zu wichtigen politischen Themen wie Europa, Migration, etc. enthalte: zu dürftig.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.10.2000

Norbert Seitz konstatiert Wolfgang Schäuble, mit seinem Buch über die Zeit als `Kronprinz` 1997 bis zu seinem Rücktritt 2000 keine Enthüllungsgeschichte in der Geste eines Märtyrers, sondern `einen nüchtern abgefassten Bericht` vorgelegt zu haben. Schon seine Abschiedsrede auf dem Essener Parteitag habe durch `ihre professionelle Kaltschnäuzigkeit` imponiert. In seinem Buch zeige Schäuble, dass er zu sehr Bestandteil des Systems Kohl gewesen sei, um es erneuern zu können. Erst nach der verlorenen Wahl habe er damit beginnen können, die Partei wieder zu mobilisieren, sei jedoch im Präsidium und in der Presse durch die Unterschriftensammlung gegen die doppelte Staatsbürgerschaft und die Aufstellung Schipanskis stark kritisiert worden. Seine Rolle in der Parteispendenaffäre habe ein Übriges bewirkt. Anerkennend zitiert der Rezensent Schäubles Fazit, am Ende habe sich die `Opfererwartung wohl zu Recht auf die aktuelle Nummer eins der Partei` konzentriert.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.10.2000

Rezensentin Evelyn Roll beschreibt zunächst eine choreographische Anordnung im Milieu der politischen Buchvorstellungen: Wer stellt wessen Buch vor? Angela Merkel zum Beispiel hat Wolfgang Schäubles Buch vorgestellt. Und die 347 Seiten sind lesenswert, befindet die Rezensentin zögernd, um uns dann doch in den Sog einer gewissen Faszination hineinzuziehen. "Ein authentischer, harter, spannender und im Subtext unendlich trauriger politischer Bericht vom Verlust der Macht", schreibt die Kritikerin. "Ein Lehrstück über die Deformation und Erstarrung der politischen Klassen". Sie beschreibt dann das Buch und seine Schreibweise ("scheinbar kühl und mit beklemmend gebremster Emotion geschrieben"), als wäre sie beim Lesen immer wieder vom Gefühl übermannt worden, vom Bedürfnis, Schäuble einmal in den Arm zu nehmen. Viel zu früh ist dann das Buch zu Ende, findet die Rezensentin. Das "pflichtschuldig angehängte" Kapitel "Warum die Union noch gebraucht wird" klingt in ihren Ohren nach politischem Oberseminar. Es stelle zwar die richtigen Fragen, arbeite dann aber "doch nur sehr vorsichtig" die CDU-Agenda ab, "ohne entscheidend neue Gedanken zu offenbaren".
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.10.2000

Etwas zu lange arbeitet sich Rezensent Jens König mit merkwürdigen psychologischen Konstrukten an der Tatsache ab, dass es in Schäubles Buch keine Fotos gibt. Und das Erstaunen, in das der Rezensent durch die Abwesenheit von Bildern versetzt wird, verleitet zu der Frage, ob er denn sonst eher Kinderbücher rezensiert. Wenn man in Schäubles Augen gucken könnte, meint unser bildgläubiger Rezesent, könnte man darin sehen, "dass ihn die Spendenaffäre und der Bruch mit Helmut Kohl tief verletzt haben." Schäubles Buch dagegen sei eher ein "unterkühlter Rechenschaftsbericht", wo man doch so gerne wenigstens in "die Leidenschaften und Abgründe der Politik" geblickt hätte. Schäubles Emotionslosigkeit hält Jens König aber für einen Versuch, seinem Angriff auf Kohl eine "größere Wucht" zu verleihen. Sehr ausführlich wird auch noch einmal die letzte Begegnung zwischen Schäuble und Kohl im Bundeskanzleramt aufgearbeitet, auch unter Zitierung buchfremder Quellen. Merkwürdig findet König, das Schäuble sich partout nicht als Opfer eines Machtkampfes sehen will. Am Ende bleibt für den Rezensenten das große Rätsel übrig, warum Schäuble im Bundestags gelogen hat und ob er wirklich erst 1999 von den Schwarzkonten der CDU erfuhr. Dann will er schon wieder in Schäubles Augen sehen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.10.2000

Durchaus beeindruckt zeigt sich Warnfried Dettling von dem Buch des CDU-Politikers, wenn es ihm auch insgesamt noch zu vorsichtig gegenüber der immer noch ihre Wunden leckenden Partei verfasst ist. Beeindruckt hat den Rezensenten, wie Schäuble auf "über hundert Seiten" in "erschütternder" Weise das "Unfassbare in Worte zu fassen" sucht, sprich, die Darstellung der Kohl-Krise. Und ebenso beeindruckt ist er von dem Kapitel "Tagesordnung der Zukunft", die, so Dettling, verdeutlicht, warum sich viele Schäuble gut als Kanzler vorstellen konnten. Neben "starken Passagen" vor allem zu Europa hat der Rezensent aber auch "allerlei politische Unverbindlichkeiten" angetroffen. Insgesamt urteilt Dettling, hat Schäuble mit diesem Buch weder eine Abrechnung geliefert noch seinen Abschied genommen. Der Rezensent hofft auf ein neues Buch, in dem die "analytischen und konzeptionellen Fähigkeiten" Schäubles wieder mehr zum Tragen kommen können.