Julien Gracq

Aufzeichnungen aus dem Krieg

Tagebuch und Erzählung
Cover: Aufzeichnungen aus dem Krieg
Droschl Verlag, Graz 2013
ISBN 9783854208389
Gebunden, 192 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Dieter Hornig. Julien Gracq beschreibt in diesem Journal seine Zeit als Leutnant vom 10. Mai bis zum 2. Juni 1940 in Flandern, wenige Kilometer entfernt von Dünkirchen. Und er beschreibt sie gewissermaßen in zwei Genres, einmal als unmittelbare Tagebuch-Aufzeichnungen - und, in einem zweiten Heft, verwandelt in eine klassische Erzählung. Gracqs Schilderung vermittelt sowohl die ungeheuer spannende Situation vor Ort, als auch das lächerliche und nervenbelastende Warten in diesem "Kriegsspiel", das ja die zentrale Erfahrung in den großen Romanen Gracqs darstellt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.09.2013

Für Franziska Meier stehen Julien Gracqs Tagebucheinträge aus dem Mai 1940 samt der beigefügten Erzählung in einer Tradition von Versuchen der bildenden Kunst und Literatur, sich zu den Verheerungen des modernen Kriegs mit den Mitteln der Ästhetik ins Verhältnis zu setzen. Von Wert ist das in zweierlei Hinsicht, so die Kritikerin: Zum einen vermittelt sich ihr das diffuse Erleben des Zweiten Weltkriegs aus der Ameisenperspektive des einzelnen Soldaten unter den verwirrenden Eindrücken eines gewaltigen, aber desorganisierten Militärapparats. Zum anderen weiß sie den Einblick in die literarische Werkstatt des Autors zu schätzen, der spätere Werke auf Basis des hier vorliegenden Textes verfasste. Für Meier verdeutlicht sich im Abgleich, wie Gracq seine Erlebnisse in der späteren Literarisierung "mit einer dem Surrealismus verwandten Bildhaftigkeit versieht und stilistisch ausfeilt."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 01.06.2013

So schrecklich die Lager für die Franzosen im Zweiten Weltkrieg auch gewesen sein mögen, sie müssen wenigstens vereinzelt auch "Orte der Muße" gewesen sein, glaubt Jörg Aufenanger, den die Menge der Literatur und Musik fasziniert, die dort entstanden ist. Auch Julien Gracq verfasste einen Roman und eine Erzählung im Lager in Hoyerswerda, weiß der Rezensent. Die Erzählung ist nun gemeinsam mit den Tagebucheintragungen erschienen, die Gracq über seinen Kriegseinsatz verfasste, und die vollkommen unideologische, poetische Sprache des Autors machen beides für Aufenanger "zu einem Plaisir", erklärt er. Eine Warnung spricht der Rezensent allerdings aus: wer zunächst Gracqs Tagebucheinträge über den Krieg liest, den könnte hinterher der Poetisierung des Geschehens ein wenig bitter stimmen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.02.2013

Alles zu lesen von Julien Gracq, das ist die Empfehlung, die uns Jochen Schimmang mit auf den Weg gibt. Denn schon diese beiden Texte des frühen Gracq sind ganz und gar Gracq, beteuert Schimmang. Was bedeutet, hier spricht einer, dem das Surreale im Wirklichen immanent erscheint, und er vermag es auszudrücken. Gracqs Zeit als Offizier zwischen 1939 und 1940, die beide Texte behandeln, bietet für Schimmang wunderbar passenden Stoff dazu, die ganze Absurdität des kreuz und quer durch die Landschaft irrenden militärischen Zugs, ohne Auftrag, ohne Ziel, aber schwer bewaffnet. Der Krieg als komische Farce. Was der eine Text in Tagebuchform verarbeitet, findet der Rezensent im zweiten Text in fiktionaler Form wieder. Aber Fingerübungen, versichert Schimmang, noch einmal, sind beide nicht.
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