Daniel Dubbe, Thorwald Proll

Wir kamen vom anderen Stern

Über 1968, Andreas Baader und einen Kaufhaus
Cover: Wir kamen vom anderen Stern
Edition Nautilus, Hamburg 2003
ISBN 9783894014209
Kartoniert, 126 Seiten, 9,90 EUR

Klappentext

Am 2. April 1968 gibt es nächtliche Brandstiftungen in zwei Frankfurter Kaufhäusern. Auf die Anklagebank kommen Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Thorwald Proll und Horst Söhnlein - "die phantastischen Vier der Studentenbewegung". Thorwald Proll berichtet von der Stimmung der Zeit, den Aktionen der Kommune I, den Happenings, der "Wir wollen alles"-Emphase, dem Widerstand gegen den Vietnamkrieg, dem praktizierten "Naturrecht auf Widerstand".

Im Perlentaucher: Rezension Perlentaucher

Ein unangenehmes Buch. Es herrscht ein komplizenhaftes Einverständnis zwischen den Autoren und dem vermuteten Leser darüber, dass der bundesrepublikanische Terrorismus der 70er Jahre mehr eine Tat jugendlichen Überschwangs als eine Kette von Verbrechen war. Thorwald Proll, Jahrgang 1941, "Kaufhausbrandstifter" von 1968 und ehemaliger Weggefährte und enger Freund von Andreas Baader und Gudrun Ensslin, antwortet auf Fragen des 1942 geborenen Journalisten Daniel Dubbe. Seite um Seite geht für den Versuch der beiden drauf, Stefan Austs Buch "Der Baader-Meinhof-Komplex" schlecht zu reden. In den meisten Fällen gelingt das freilich nicht, weil Thorwald Proll ehrlich genug ist zuzugeben, sich nicht mehr so genau zu erinnern...
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.12.2003

"Klingt spannend", meint Susanne Kailitz frohgemut zum dem Projekt, ein RAF-Gründungsmitglied von alten Zeiten plaudern zu lassen. Aber ach, die Umsetzung enttäuscht auf ganzer Linie. Das liegt nach Kailitz' Einschätzung sowohl an dem mit reichlich selektiven Erinnerungslücken ausgestatteten Thorwald Proll als auch dem zahn- und einfallslosen Journalisten Daniel Dubbe. An alles, was "am Lack der schönen Stadtguerilleros kratzt, mag sich der selbst ernannte Baader-Vertraute nicht erinnern". Nur gut, dass Dubbe auch nicht nachfragt, spottet die Rezensentin. Das Gespräch "plätschert" so dahin, und gegen Ende hat Kailitz den Eindruck, die Geschichte der RAF sei wirklich so langweilig gewesen wie Prolls Erinnerungen es vermuten lassen. Die sechsseitige Übersicht über die Entwicklung der RAF im Anhang sei genauer als das gut 90-seitige Interview, wer sich ernsthaft für Fakten und Hintergründe interessiere, solle doch lieber Stefan Austs Buch zum Thema lesen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 27.10.2003

Im Großen und Ganzen zufrieden ist Rezensent Gottfried Oy mit diesem Interviewband, in dem Thorwald Proll einen Einblick in die "situationistisch motivierte Gedankenwelt von Teilen der studentischen Protestbewegung und ihrem Umgang mit der Gesellschaft des Spektakels" gibt, wie Oy das Umschlagen der 68er in die Militanz bezeichnet. Im Zentrum stehen der Frankfurter Kaufhausbrand und der anschließende Prozess, bei dem auch Proll auf der Anklagebank besaß. Die Aufbruchstimmung von 68 sieht der Rezensent hier schön wiedergegeben und scheut sich auch nicht, mit der Formulierung des Klappentextes Proll als einen der "phantastischen Vier der Studentenbewegung" zu bezeichnen. Allein, dass auch Proll nicht ganz auf "zitierfähige Charakteristika" verzichtet, wenn es die Beschreibung Andreas Baaders geht, bemängelt der Rezensent, schiebt die Schuld aber seinem Interviewer Daniel Dubbe zu.