Maja Haderlap

Engel des Vergessens

Roman
Cover: Engel des Vergessens
Wallstein Verlag, Göttingen 2011
ISBN 9783835309531
Gebunden, 288 Seiten, 18,90 EUR

Klappentext

Maja Haderlap erzählt die Geschichte eines Mädchens, einer Familie und zugleich die Geschichte eines Volkes. Erinnert wird eine Kindheit in den Kärntner Bergen. Überaus sinnlich beschwört die Autorin die Gerüche des Sommers herauf, die Kochkünste der Großmutter, die Streitigkeiten der Eltern und die Eigenarten der Nachbarn. Erzählt wird von dem täglichen Versuch eines heranwachsenden Mädchens, ihre Familie und die Menschen in ihrer Umgebung zu verstehen. Zwar ist der Krieg vorbei, aber in den Köpfen der slowenischen Minderheit, zu der die Familie gehört, ist er noch allgegenwärtig. In den Wald zu gehen hieß eben "nicht nur Bäume zu fällen, zu jagen oder Pilze zu sammeln".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.10.2011

Den Bachmann-Preis für die Autorin scheint Franz Haas nach der Lektüre des Debütromans von Maja Haderlap erst richtig zu verstehen. Dass der slowenischen Minderheit in Kärnten erst mit diesem Buch und dann mit dem Preis die immer noch weitgehend verweigerte Beachtung widerfährt, erfüllt ihn mit Genugtuung. Die historische Tragödie als Familiengeschichte, wie sie die Autorin erzählt, hat für ihn durchaus auch ihre Sperrigkeiten. So bringt ihn der Wechsel der Perspektiven mitunter aus dem Tritt, wenn Haderlap von ihrer Großmutter und ihrem Schicksal im KZ Ravensbrück, von ihrem als Kind gefolterten Vater und schließlich von sich selbst und den anhaltenden Anfeindungen gegen die Slowenen in Kärnten berichtet. Dank der Lakonie und der Stilsicherheit der Autorin aber findet er immer wieder zurück in die "mit viel Poesie" erinnerte Geschichte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.07.2011

Beklommen hat die Rezensentin Judith von Sternburg die Erinnerungen der österreichischen Autorin Maja Haderlap gelesen, die darin ihre ihre slowenische Familiengeschichte verarbeitet. Bitter haben sich die Nazis an den Slowenen in Kärnten für ihren Partisanenkampf gerächt, die Großmutter der Ich-Erzählerin war im KZ, der Vater wurde gefoltert, und nach dem Krieg wird das an ihnen begangenen Unrecht nicht wiedergutgemacht. Sehr bedrückend nennt Sternburg die Situation, in der die Ich-Erzählerin aufwächst, das Kind ist beinahe depressiv zu nennen, so viel Leiden und so viel schmerzhafte Erinnerungen. Aber auch wenn Sternburg gut versteht, dass manche Erinnerungen erst aufgeschrieben werden können, wenn sie als Roman bezeichnet werden, findet sie Haderlaps Unternehmen nicht immer geglückt. Mitunter überfrachte die Autorin den Roman, mitunter konstruiere sie ihn so unbeholfen, dass sich aus den einzelnen Erinnerungen einfach kein Ganzes fügen will. "Den Erinnerungen nimmt es nicht ihre Wucht, schreibt Sternbug, "dem Roman aber schon".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 21.07.2011

Ambivalent fällt Ulrich Greiners Urteil über Maja Haderlaps Roman "Engel des Vergessens" aus. Durchaus beklemmend sind für ihn die Untaten, die die Nazis an den Slowenen in Kärnten verübten und von denen Haderlap in ihrem Roman berichtet. Allerdings hat er auch den Eindruck, dass sich die Schrecken hier vielleicht etwas dagegen sträubten , Literatur zu werden. Denn auch wenn Haderlap poetische Skizzen und kraftvolle Bilder gelängen, so hat sie doch in Greiners Augen noch nicht wirklich ihre Sprache gefunden. Auch bemerkt er eine ungelenke Erzählkonstruktion, zum Teil bizarre Metaphern und unbeholfene Passagen. Angesichts ihres Engagements für die slowenische Geste hält Greiner den ihr verliehenen Bachmann-Preis für eine "noble Geste".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.07.2011

Ein bisschen zu kraftlos erscheint Wiebke Porombka die Erzählung der frisch gekürten Bachmann-Preisträgerin Maja Haderlap. Zu wenig Schärfe und Kantigkeit, findet sie, hat die autobiografische Spurensuche in der von den Leiden der slowenischen Minderheit in Österreich geprägten Familiengeschichte bei der Autorin und in ihrem Text hinterlassen. Dabei ist der Tod, sind die historischen Verwüstungen wie auch die "grausamen Signaturen der Landschaft" in der Geschichte für Porombka allgegenwärtig sichtbar. Darüber hinaus kann Porombka den Standpunkt der Autorin nicht erkennen. Perspektivwechsel zwischen kindlicher und retrospektiv reflexiver Sicht und schiefe Bilder, gerade dort, wo es Haderlap um poetische Dichte geht, sorgen bei der Rezensentin für Ratlosigkeit. Immerhin: Die unbedingte Bemühung um sprachliche Vermittlung stellt sie anerkennend fest.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.07.2011

Rezensent Christoph Schröder bewundert die "Raffinesse" von Maja Haderlaps Debüt "Engel des Vergessens". Dass die Autorin mit einem Auszug daraus beim diesjährigen Klagenfurter Wettlesen den Sieg davontrug, hält Schröder, wie es scheint, für gerechtfertigt. Ganz eindeutig autobiografisch inspiriert sei das Buch - eine Ich-Erzählerin berichtet über ihr Leben, beginnend als Achtjährige und endend im Jahre 1991, als der Krieg über Jugoslawien hereinbricht. Haderlap ist Österreicherin mit slowenischen Vorfahren, weiß der Rezensent, der das Ringen der österreichischen Slowenen um Anerkennung und Gleichberechtigung für ein Hauptthema des Romans hält. Neben der Ich-Erzählerin zählten ihr Vater und ihre Großmutter zu den Hauptfiguren, erzählt der Rezensent. Anfängliche Irritationen haben die wechselnden Schreibstile beim Kritiker ausgelöst, die sich mit fortschreitendem Alter der Protagonistin änderten. Gleichzeitig ist Haderlaps Erzählkunst das, was Schröder am nachdrücklichsten lobt: Die Hauptfigur beispielsweise erzählt nicht einfach, sondern "wird von einer reflexiven Warte aus erzählt", wie der Kritiker analysiert.
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