Gabriele Goettle

Der Augenblick

Reisen durch den unbekannten Alltag. Reportagen
Cover: Der Augenblick
Antje Kunstmann Verlag, München 2012
ISBN 9783888977817
Gebunden, 395 Seiten, 22,95 EUR

Klappentext

"Der Augenblick", das sind Reisen in den unbekannten Alltag einer Buchhändlerin, einer Kulturwissenschaftlerin, einer Arbeitslosen, einer Kioskfrau oder einer Bienenforscherin, in den Alltag von sechsundzwanzig Frauen, wie wir ihn so nur selten oder nie erzählt kriegen. Gabriele Goettle geht von der Selbstverständlichkeit aus, mit der sich Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen behaupten, sie interessiert sich für ihr Wissen, für ihre Lebenserfahrung, für ihre Besonderheit. Wenn die Medizinhistorikerin Ortrun Riha von der Pest erzählt, ist von Anfang an klar, dass "gegen eine plötzliche Verwandlung einer gesunden, friedlichen Bevölkerung in eine hochinfektiöse und todkranke trotz aller Krisenpläne keine moderne Gesellschaft gewappnet ist".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.01.2013

Der Respekt vor der Autorin ist dem Rezensenten deutlich anzumerken. Noch ein leiser Kritikpunkt, nämlich dass Garbiele Goettle in den hier versammelten Frauenporträts kaum Atmosphäre zulässt (aus Angst vor Kitsch?) wird zum Lob: Goettle konzentriere sich einfach auf die tollen Monologe, die laut Alex Rühle mitunter ganze, recht entlegene Wissensgebiete abstecken, etwa, wenn eine Bienenzüchterin erzählt, eine Ballerina oder eine alte Kioskbesitzerin die Wirtschaftswunderzeit Revue passieren lässt, perspektivisch von janz unten, freut sich Rühle, und im eigenen Tonfall. Für Rühle "oral history" vom Feinsten. Wenn es der Autorin darüber hinaus gelingt zu illustrieren, was Engagement heißen kann, ist Rühle vollends glücklich mit diesem Buch.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.12.2012

Sehr beeindruckt ist Ina Hartwig von diesem Band, für den Gabriele Goettle sich mit 26 Frauen aus den verschiedensten Gesellschaftsschichten und Berufen unterhalten hat. Goettle habe ein "magisches Talent", die Menschen zum Sprechen zu bringen, versichert Hartwig. Und wer Goettles Reportagen regelmäßig in der taz liest, weiß, wie sehr dieses Urteil der Rezensentin zutrifft. Es gibt viel Enttäuschung, sogar manchmal Verbitterung in dem Band, so die Rezensentin. Etwa wenn eine Kioskfrau die immer größere Verarmung ihrer Kunden in Berlin-Lichterfelde beschreibt. Oder eine pensionierte Mitarbeiterin des Arbeitsamts den Niedergang des Sozialstaats beschreibt. Aber es gibt auch Hoffnung, so Hartwig, hauptsächlich bei den Akademikerinnen, die sich mit Leidenschaft einem Spezialgebiet wie zum Beispiel der Bienenforschung widmen. Nicht nur hier kommt auch Goettles Talent besonders zum Tragen, die Erzählungen der Frauen in eigenen Worten wiederzugeben: "Mimesis und Poesie kommen auf dieser handwerklichen Ebene zu ihrem Recht."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.09.2012

Gabriele Goettles neues Buch "Der Augenblick" kommt genau zum richtigen Zeitpunkt, meint Rezensentin Lena Bopp. Denn zwischen allen Debatten um die Rolle der Frau in der Gesellschaft freut sich die Kritikerin, dass die Journalistin Goettle hier einmal sechsundzwanzig Frauen selbst sprechen lässt. Die tief gehenden Texte, die bereits in der "taz" erschienen sind, informieren zunächst über den Lebenslauf der Frauen, geben einen kurzen Einblick in den Beruf oder die politische Tätigkeit und lassen die Protagonistinnen schließlich selbst zu Wort kommen, berichtet Bopp. Und so liest sie mit großem Interesse wie die hier vorgestellten "Ottonormalverbraucherinnen" mit Berufen wie Buchhändlerin, Medizinhistorikerin, Bäuerin, Ballerina oder Lehrerin mit Konsequenz und Autonomie ihren Weg gegen alle Widerstände gehen. Nach der Lektüre hofft die begeisterte Kritikerin, dass Goettle in einem weiteren Buch ihr Spektrum auch auf Frauen aus anderen Milieus, mit Teilzeitjobs oder Kindern erweitert.
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