Denis Johnson

Die lachenden Ungeheuer

Roman
Cover: Die lachenden Ungeheuer
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2017
ISBN 9783498033422
Gebunden, 272 Seiten, 22,95 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Bettina Abarbanell. Roland Nair gibt sich als Däne aus, ist aber mit einem amerikanischen Pass unterwegs. Als er in Freetown, der Hauptstadt von Sierra Leone, aus dem Flugzeug steigt, schlägt ihm die Hitze Afrikas entgegen. Zehn Jahre war er nicht mehr da, aber jetzt ist er gekommen, um seinen Freund Michael Adriko wiederzusehen, einen Abenteurer, mit dem zusammen er während des Bürgerkriegs eine Menge Geld verdiente. Obwohl Nair die Region für hoffnungslos hält, will er das Glück ein zweites Mal herausfordern. Zu seiner Überraschung kommt der Freund zu ihrem Treffen nicht allein. Er hat eine junge Frau mitgebracht, Davidia St. Claire, eine schwarze Collegestudentin aus Colorado. Die beiden wollen heiraten, und zwar im Kreis von Adrikos Sippe, und Nair soll sie in sein Dorf irgendwo im Grenzland zwischen Uganda und dem Kongo begleiten. Obwohl er den Verdacht hat, dass all das nur ein Vorwand ist, macht er sich mit den beiden auf den Weg. Aber jeder ist jedem ein Rätsel, Interpol, der Mossad und der MI6 sind hinter ihnen her, und die Reise durch ein geheimnisvolles, beklemmendes Afrika führt geradewegs ins Herz der Finsternis. In "Die lachenden Ungeheuer" erzählt Denis Johnson die atemraubende Geschichte kaleidoskopartig verschwimmender Loyalitäten in einer seit 9/11 immer undurchsichtiger, chaotischer und verzweifelter gewordenen Welt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 01.06.2017

Der hier rezensierende Schriftsteller Jan Brandt singt eine letzte Hymne auf den vergangene Woche verstorbenen amerikanischen Autor Denis Johnson, dessen "federnd leichten" und zugleich "abgründigen" Stil er ebenso vermissen wird wie den "brutalen" und "komischen Irrsinn" der Johnsons detailverliebte Romane ausmacht. Und so stürzt sich der Kritiker auf den von Bettina Abarbanell exzellent ins Deutsche übertragenen letzten Roman "Die lachenden Ungeheuer", der ihm wie eine Mischung aus einem "geopolitischen Agententhriller" à la Don de Lillo und einem Abenteuerroman in der Tradition von Joseph Conrad erscheint. Gebannt taucht Brandt in die paranoide Welt der Geheimdienste nach dem elften September und erlebt, wie sich der vom Mossad ausgebildete, fahnenflüchtige Söldner Michael und der für eine Unterorganisation der Nato arbeitende Roland anfreunden und zugleich gegenseitig ausspionieren. Johnsons einzigartige Gabe, dem "Wahnsinn der Welt" Ausdruck zu verleihen, wird dem Rezensenten fehlen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.03.2017

Rezensentin Verena Lueken nennt Denis Johnsons neuen, in Afrika spielenden Agenten-Thriller undurchsichtig, für sie noch ein Euphemismus für einen Text, in dem sich die Plotlinien mit verschiedenen Geheimdiensten als Akteure nur so verknoten, ein höchst unzuverlässiger Erzähler ein doppeltes Spiel spielt, deliriöse Beschreibungen und surreale Zustände einander abwechseln und die Figuren kommen und gehen. Zum großen Roman, der Lueken beglückt, wird das Buch dadurch aber leider nicht. Zumal für Luekens Geschmack etwas zu viel Testosteron aus den Seiten quillt. Für einzelne Sätze von Format allerdings hält die Rezensentin dem Autor trozu allem gern die Stange.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.02.2017

Keine direkte, dafür eine unüberlesbar konnotative Wertung kann man Michael Schmitts ausführlichem und liebevoll formulierten Resümee zu Denis Johnsons neuem Roman entnehmen. Hintergrund für die Erzählung zweier von Herrschsucht und Gier angetriebener Männer, die im geheimen Auftrag westlicher Geheimdienste nach Westafrika versetzt werden, bieten Johnsons eigene Erfahrungen, die er während seiner Reportagen in zerrütteten Staaten wie Sierra Leona und Liberia machen konnte, weiß Schmitt. Doch Johnson geht es nicht um Politik, wie man nun denken könnte, sondern um die Veranschaulichung von Entwicklungen, in denen ein ganzer instabiler Weltteil zum "Spielplatz von Wunschdenken, Zynismus und Risikobereitschaft" werden kann, anhand zweier zweifelhafter Charaktere, deren Traum naiver und schlichter kaum sein könnte, erklärt der offenbar beeindruckte Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 11.02.2017

Richtig gut schreiben kann Denis Johnson sowieso, und dass der amerikanische Schriftsteller nun auch noch das Genre für sich entdeckt, tut dem keinen Abbruch, findet Rezensent Wieland Freund. Entsprechend fasziniert taucht der Kritiker in den zweiten Noir des Autors, der ein wenig mit Raymond Chandler und Dashiell Hammett, aber auch Joseph Conrad flirtet und dazu mit der nötigen Ernsthaftigkeit von Afrika, dem Krieg und zerstörten Seelen erzählt. Zu viel will der Rezensent über diesen Spionage-Thriller zwar nicht verraten, die Geschichte um den "kaputten" Geheimdienstler Roland Nair und seinen Kumpel Michael Adriko, die beide ein doppeltes Spiel spielen, hat Freund aber in jedem Fall gefesselt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 04.02.2017

Maik Söhler ist gespalten bei diesem Roman von Denis Johnson. Interessant findet er das Buch, aber nicht sonderlich erhellend, da es mit allzu vielen Pauschalisierungen hantiert, wenn es die Geschichte einiger Glücksritter im zwielichtigen Spionagemilieu Afrikas erzählt. Dass der Autor nicht sonderlich zimperlich ist im Schildern seiner unberechenbaren, eiskalten Protagonisten und ihrer fragwürdigen Motivationen, scheint Söhler weniger zu stören als die Eindimensionalität der Figuren.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.01.2017

Für Rezensent Christopher Schmidt ist der amerikanische Schriftsteller Denis Johnson eine Art "Reporter der Hölle". Einmal mehr verschlägt es den Autor nach Afrika, erzählt der Kritiker, der hier dem Nato-Geheimagenten Michael Nair, der offziell den dänischen Streitkräften angehört, auf seiner Suche nach einem abtrünnigen Afghanistan-Kameraden folgt, der offenbar hochangereichertes Uran an den Mossad verkauft. Wie Johnson seine beiden Helden in eine Guantanamo-artiges Lager verschleppen lässt, immer wieder neue Wendungen einflicht und jegliches Loyalitätsgefühl in der "Gemengelage globaler Hinterhofkriege" in Zweifel zieht, findet der Rezensent spannend. Dass der Autor seinen "postfaktischen Spionagethriller" zudem mit afrikanischen Mythen und "gespenstischen", an Joseph Conrad erinnernden Szenerien anreichert, hat dem Kritiker ebenfalls gefallen und so kann er diesen Roman schon allein aufgrund seiner nachhallenden Sätze unbedingt empfehlen.
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