Karl-Heinz Kohl

Die Macht der Dinge

Geschichte und Theorie sakraler Objekte
Cover: Die Macht der Dinge
C.H. Beck Verlag, München 2003
ISBN 9783406509674
Gebunden, 304 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

In unserem Alltag sind wir von einer Vielzahl von Gegenständen umgeben. Belanglose Dinge erinnern uns an vergangene Lieben. Exotische Dinge stehen für die Sehnsucht nach der Ferne, alte Dinge verkörpern eine idealisierte Vergangenheit. Von anderen Dingen glauben wir unser Schicksal abhängig. Karl-Heinz Kohl erklärt anhand zahlreicher Beispiele, welche Bedeutung das Verhältnis des Menschen zu seinen Dingen aus der Sicht der Ethnologie und Religionsgeschichte hat. Dabei zeigt sich, dass uns der Objektkult archaischer und außereuropäischer Kulturen vertrauter ist, als wir uns dies selbst eingestehen wollen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.12.2003

Obwohl Hartmut Böhme lobt, mit welch "feiner Kenntnis, sprachlicher Eleganz und darstellerischer Ökonomie" der Ethnologe Karl-Heinz Kohl hier seine "Große Erzählung" vom "jüdischen Bilderverbot bis zum Museum" entfalte, ist der Rezensent von diesem Buch enttäuscht. Vor allem versteht Böhme nicht, warum Kohl, wie er schreibt, "jede Berührung mit gegenwartsbezogenen Kulturanalysen" vermieden habe, und statt dessen bei der Genese der Museen als "Kultstätten der Moderne" stehen geblieben sei. Außerdem, kritisiert Böhme, könne man hier nun zwar noch einmal "zusammengefasst nachlesen", was die "Wissenschaftsgeschichte des Fetischismus" an Zusammenhängen herausgearbeitet hat, Kohl füge dem jedoch "nichts Neues hinzu". Das sei nicht, was der Titel dieses Buches erwarten lasse, findet der Rezensent - der auf einen Beitrag zu "einer differenzierten Theorie der Moderne", ausgehend von deren "vertrackten Objektbeziehungen", gehofft hatte. Außerdem hat Böhme verblüfft, dass heute ausgerechnet ein Ethnologe noch einmal - wie Kohl mit diesem Buch - eine Studie "im Gestus der Meta-Erzählung" vorlegt.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.10.2003

Ludger Heidbrink hat das Buch über die Geschichte und Bedeutung sakraler Objekte mit großem Interesse gelesen und lobt es als "materialreich und fesselnd". Karl-Heinz Kohl habe das "passende Buch" zur "Macht der Dinge" geschrieben, die heute vor allem in der Jagd nach Markenartikeln bestehe, so Heidbrink zustimmend. Auch die These des Autors, die heutigen Museen versuchten den dort gesammelten Objekten ihre "Aura" als sakrale Objekte zurückzugeben und seien deshalb nicht zufällig Kirchen und Tempeln nachgebildet, findet der Rezensent überzeugend. Schade nur, beklagt sich Heidbrink, dass das Buch dort aufhört, wo es "besonders interessant" wird, nämlich beim "Markenfetischismus" und dem Phänomen der Kunstsammler. Hier gibt Kohl jedoch zumindest "Hinweise" darauf, dass beispielsweise der Wunsch nach Markenkleidung an das Bedürfnis geknüpft ist, am "Glanz" des Modeschöpfers teilzuhaben, dass es sich also um eine "soziale Beziehung" handelt, die durch den Erwerb des Kleidungsstücks angestrebt wird, erklärt der Rezensent überzeugt. Darin sieht Heidbrink einen wichtigen Unterschied zur früheren Verehrung sakraler Objekte gegeben, die eben keine soziale Verbindung suchte, sondern die Verehrung des "Wunderbaren" selbst, die im Objekt sowohl verkörpert als auch symbolisiert wurde.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.10.2003

Ziemlich begeistert und begeisternd schreibt Dorothee Kimmich über den "historisch-ethnologischen Blick", den der Autor auf die Geschichte der sakralen Gegenstände wirft. Ausführlich zeichnet sie seine Konstruktion nach - von der Geschichte des Fetischs Westafrikas über christliche Reliquien bis zur Marx'schen Kritik des Mehrwerts und Freuds Kategorisierung fehlgehender erotischer Objektbesetzung als Fetischismus. Der Parforceritt durch die europäische Kulturgeschichte der Dinge, denen mehr Macht zugesprochen wird als ihnen dinglich zu eigen ist, hat Dorothee Kimmich in vielerlei Hinsicht sehr beeindruckt. Nicht ganz schlüssig findet sie nur die Kohl'sche Anwendung seines Ethnologenblicks - als Modell "moderner Kulturwissenschaften" verstanden - auf "moderne, europäische Formen von Fetischismus und 'Kult.'" Dafür lohne die Lektüre seiner Analyse der Grundlagen des "bildungsbürgerlichen" Kunstbegriffs im Fetisch um so mehr.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.10.2003

Das Problem mit den Begriffen Fetisch und Fetischismus, erklärt Thomas Macho, ist ihre Verwendung als Bezeichnung für so viele verschiedene Dinge und Phänomene - die Gefahr liegt nahe, dass "deren Differenzen - in Dingen wie Religionen - geradezu nivelliert" werden. So etwas ähnliches passiere auch Karl-Heinz Kohl in seiner Studie. Zwar öffne er "ethnologische, religionshistorische und wissenschaftsgeschichtliche Perspektiven", um seinen mannigfaltigen Gegenstand nicht einer einzigen Erklärung zu unterwerfen, doch "muss er sich dabei auf den Boden einer anderen Universaltheorie retten - auf den der Semiotik". Mit deren Hilfe landet Kohl zu Machos Bedauern bei einer Definition von "sakralen Objekten", wie sie umfassender nicht sein könnte. Ergo: eine "phänomenologisch faszinierende, doch theoretisch ein wenig enttäuschende Studie".