Wassili Grossman

Tiergarten

Erzählungen
Cover: Tiergarten
Claassen Verlag, Berlin 2009
ISBN 9783546004374
Gebunden, 315 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Im Berliner Zoo kümmert sich kurz vor Kriegsende ein Mann, der seine gesamte Familie verloren hat, aufopfernd um die arglosen Tiere. Wie in der Titelgeschichte hat Wassili Grossman in fast all seinen zwischen 1940 und 1963 entstandenen Erzählungen Tieren eine symbolische Rolle zugeteilt. Ob ein italienisches Maultier, das 1941 in den Krieg ziehen, oder ein Straßenhund, der als Versuchstier für die Raumfahrt herhalten muss, in ihrem unschuldigen Dasein spiegeln sie den Menschen als Opfer sowie seine die Fähigkeit zu Liebe, Verantwortung und Mitleid. Geprägt vom tiefen Glauben an die menschliche Güte, lässt Wassili Grossman auch auf kleinstem Raum ganze Lebenswelten vor unserem inneren Auge entstehen und zeigt die große Kunst seines Erzählens.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 26.03.2011

Die inzwischen, nach der Entdeckung der großen Werke von Wassili Grossman, durchgesetzte Lesart der Lebensgeschichte des Autors sieht diesen als Helden des Widerstands. Mutig habe er in der Sowjetunion aufgeschrieben, was es an Schrecklichem über Stalin, die Lager und weitere Unmenschlichkeiten zu sagen gab: ohne Rücksicht auf Konsequenzen. Liest man nun diesen Band, der frühere mit späteren Erzählungen zusammenstellt, erweise sich dies, so der Rezensent Uwe Stolzmann, als im Grunde nur die halbe Wahrheit. Grossman wurde nämlich erst nach manchem Fehltritt zu dem, der er dann war. Vorher war viel Anpassung, Mittun, vieles auch literarisch wenig überzeugend. Was nicht heißt, dass nicht viele der hier versammelten Erzählungen nicht hoch interessant, gelungen und zunehmend bitter wären: Gnadenlos etwa die Geschichte der "Mieterin", die nach ihrer Rückkehr aus dem Lager dem Vergessen anheimfällt. Auch andere der Erzählungen fasst Stolzmann knapp zusammen und lässt keinen Zweifel daran, dass dieser Band sehr lesenwert ist.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.06.2009

Dieser Autor ist kein Zyniker, versichert uns Wolfgang Schneider. Der Rezensent rät uns, uns von dem humanistischen Pathos der Erzählungen von Wassili Grossman nur nicht abschrecken zu lassen - es ist echt! Daran dass diesen Texten die Erfahrung des Schrecklichen eingeschrieben ist, hat Schneider gar keinen Zweifel. Und so kann er sich auf die Geschichten über die Sowjetunion, über Politik, Alter und Tod einlassen und sich vom Autor die Kehrseiten der vermeintlich klassenlosen Gesellschaft ausleuchten lassen. Grossmanns "aufregende Innenansichten der sowjetischen Gesellschaft" beeindrucken den Rezensenten aber auch als erzählerische Kunstwerke. Wie sich der Autor zum Beispiel in den im Band enthaltenen Tiergeschichten in Gorillas, Wölfe und Löwen einzufühlen vermag, hält Schneider für großartig. Sogar plakativste Erzählsituationen, wie den Atombombenabwurf auf Hiroshima aus Sicht der Bomberbesatzung, meistert Grossmann laut Schneider mit beachtlichem psychologischen Gespür und Menschenkenntnis, dabei stilistisch unaufwendig und ruhig. Wenige Striche, staunt Schneider, und "fertig ist das Drama eines Lebens".
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de