Friedrich Rückert

Liedertagebuch I/II

Werke der Jahre 1846-1847
Cover: Liedertagebuch I/II
Wallstein Verlag, Göttingen 2001
ISBN 9783892444510
Gebunden, 443 Seiten, 59,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Rudolf Kreutner und Hans Wollschläger. Von Enttäuschungen und Misserfolgen entkräftet, erbat Friedrich Rückert im Jahr 1846 vom König Friedrich Wilhelm IV. die Entpflichtung von seiner orientalistischen Professur in Berlin. In ländlicher Isolation stellte er schrittweise seinen Weltverkehr ein - und seine Publikationen, dies jedoch bei fortdauernder Produktion. Erstmals bekamen seine Tagespoesien programmatisch die Aufschrift "Altersverse". Heute bilden Rückerts "kleine Gedichte" aus dem Nachlass - es wurden fast 10 000 in 20 Jahren - das größte Poesie-Werk des 19. Jahrhunderts. "Liedertagebuch" war sein Ausdruck dafür. Fast alle Texte erscheinen nun - nach 135 Jahren - erstmals im Druck. Der editorische Bericht enthält die Entstehungsgeschichte und die Darstellung sämtlicher Quellen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.08.2002

Rolf Vollmann hält das nun verwirklichten Projekt (es ist wohl in erster Linie das des Mitherausgebers Hans Wollschläger) einer Gesamtausgabe von Friedrich Rückerts Werken, damit hält er nicht hinter dem Berg, für eine Art editorischer Schnapsidee. Und doch, meint er, lohnt sie sich für das zuvor unpublizierte, nun nach und nach veröffentlichte Alterswerk aus den letzten zwanzig Lebensjahren des da schon weitgehend zurückgezogen lebenden und eben unaufhörlich - und an der Mitwelt vorbei - dichtenden Autors. Dabei ist es, so Vollmann, gar nicht so, dass hier einzelne Perlen auf höchstem Niveau funkelten. Vielmehr sei es das so reizend Verrückte und Monomanische des Unternehmens, das Alles-Bedichten-Müssen (von der zu kurzen Bettdecke bis zum zahnlosen Gebiss), das zur reichen Bescherung dieses "wundervoll gelassenen Durcheinanders" führt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.03.2002

Man merkt schnell, dass der Dichter Robert Gernhardt ein wenig ratlos ist angesichts der Gedichtmengen, die in diesem ersten Nachlassband Friedrich Rückerts (nach bald 140 Jahren) veröffentlicht - erst recht aber angesichts derer, die in Aussicht gestellt sind. Seit 1847 hatte Rückert dem ihm zu unfreundlichen Publikum den Rücken zugewandt und nur noch für sich gedichtet: so an die 10.000 Gedichte bis zu seinem Tod 1866. In diesem - vom Schriftsteller und Übersetzer Hans Wollschläger und von Rudolf Kreutner herausgegebenen - Band sind gerade mal 420 publiziert, der Rest soll folgen. Aber lohnt es sich? Gernhardt scheint im Zweifel, anders als die Herausgeber, die von einem "Großkompendium objektiver, menschlicher Weisheit" sprechen. Eifrig zitiert er einen Ausschnitt nach dem anderen, zum Beleg dafür, dass Rückert von seltsamer Reimmanie umgetrieben war und noch das Belangloseste in Verse goss. "Lyrischer Minimalismus" nennt Gernhardt das höflich und dann doch, am Ende, weniger freundlich: "poetische Kinderei".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.03.2002

Ob es richtig ist, Friedrich Rückerts unglaublicher Liederproduktion (etwa 500 Gedichte jährlich) chronologisch zu Leibe zu rücken, bezweifelt Hermann Kurzke und veranschlagt nur für die Produktion aus den letzten 20 Lebensjahre Rückerts 20 Bände. Vorgesehen sind sieben, und der erste liegt nun vor, für den Kurzke das chronologische Prinzip sogar gerechtfertigt sieht, da Rückert selber die Gedichte aus den Jahren 1846/47 datiert habe. Der Rezensent berichtet spannende Geschichten über Rückert: etwa dass dieser sich ein Regal mit 100 Fächern bauen ließ, in dem er seine Tagesproduktion chronologisch verschwinden lassen konnte. Leider hätten einige Nachlaßverwalter dieses Ordnungsprinzip später durcheinandergebracht, so Kurzke. Über die Jahre 1846/47 berichtet er, dass sich der Orientalist fast völlig aus dem Berliner Leben zurückgezogen hatte. Seine Gedichte behandelten überwiegend die Jahreszeiten - Personen, Politisches, Religiöses tauchten fast gar nicht auf. Auf den ersten Blick wirkten die Reime ziemlich trivial, meint Kurzke, aber auf längere Sicht zeugten sie von einer Souveränität Rückerts, der ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse seiner Leserschaft einfach drauflos reimte.
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