Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
01.09.2003. Diese Woche lesen Sie: Warum sich die Bild-Zeitung nicht instrumentalisieren lassen will, wie Sie sich am Computer selbst Bücher erstellen und welche Autorin im Wohnwagen auf Lesetour geht. Von Sandra Evertz.

buchreport.express

Der Poker um die Verlagsgruppe Ullstein Heyne List (UHL) geht weiter. UHL-Geschäftsführer Christian Strässer sei jetzt als Sprecher einer Bietergemeinschaft beim Kartellamt vorstellig geworden. Diese wolle entweder die Komplettübernahme von Ullstein Heyne List (falls das Kartellamt die Übernahme durch Random House grundsätzlich untersagt) oder die Übernahme von Ullstein Econ List (falls das Kartellamt die Random House-Übernahme von Heyne durchgehen lässt) oder die Übernahme von nur Heyne (falls sich eine solche Konstellation nach der Prüfung von Angeboten anderer Interessenten ergeben sollte). "Es wäre nicht das erste Mal, dass Strasser in letzter Minute ein großer Deal gelingt", kommentiert der Buchreport.

Verlage profitieren von Bild. Nachdem Bohlen, Effenberg und der Dalai Lama mit Hilfe der Boulevard-Zeitung Bestsellerautoren geworden seien, fragten verstärkt Verlage wegen möglicher Vorabdrucke an, hat Bild-Chefredakteur Kai Dieckmann dem Buchreport bestätigt. Bild lasse sich aber nicht instrumentalisieren, das vordergründige Interesse liege in der Story: "Wir sind keine Vermarktungsplattform für Bücher, wir wollen spannende Geschichten bringen und gute Schlagzeilen." Über die Konditionen von Vorabdrucken habe sich Dieckmann ausgeschwiegen.

Der Musikbranche geht es schlecht, deshalb haben Musikverkäufer den Hörbuch-Markt im Visier und locken mit Werbekampagnen und Umsonst-Zugaben. "Das sollte den Buchhändlern (...) Sorgen machen, denn damit droht ihnen Konkurrenz auf einem zukunftsträchtigen Feld, das eigentlich niemand so gut beackern kann wie sie", schreibt David Wengenroth in seinem Kommentar. Das Hörbuch erlaube den Sortimentern, ihr Know-how für den Verkauf literarischer Inhalte zu nutzen.

Meldungen: Auch die Lückenfassung von Maxim Billers "Esra" (Kiepenheuer & Witsch) darf nicht vertrieben werden, entschied das Gericht, weil sie das Persönlichkeitsrecht der beiden in dem Roman dargestellten Klägerinnen immer noch verletze. Der 1762 erstmals gegründete Hartknoch Verlag, bekannt geworden mit Werken von Kant und Herder, geht in der lettischen Hauptstadt Riga neu an den Start. Horror-Autor Stephen King setzt sich künftig in einer Kolumne der Zeitschrift Entertainment Weekly mit Popkultur auseinander. Das Word Wide Web ist ab Jahresende auch für die Umlaute ä, ö, ü in Internetadressen empfänglich.

Zum Schluss: die Bestsellerlisten.

Börsenblatt

Preiselastizität oder Preisstabilität? Das Börsenblatt widmet sich dem Dauerthema "Buchpreisbindung". "Stabile Preise sind und bleiben ein Beitrag zur Kundenbindung." Diese These vertritt Marktpsychologe Stephan Grünewald in seinem "Standpunkt". Wenn nicht nur das Überangebot, sondern auch noch unterschiedliche Preise zu einer Konfusion beim Käufer beitragen, dann führe das, laut Grünewald, nicht zum Mehrkonsum, sondern zu Konsumblockaden: "Da der Verbraucher nicht mehr weiß, welches Angebot wirklich günstig ist, stagniert er in einem lauernden Abwarten auf die (...) ultimative Preissenkung."

Im Porträt ist Elisabeth Ruge. Die Tochter des Fernsehjournalisten Gerd Ruge war früher Lektorin beim S. Fischer Verlag, hat dann, 1994, zusammen mit ihrem Ehemann, Arnulf Conradi, und Veit Heinichen den Berlin Verlag aufgebaut. Der gehört seit 1. März dem britischen Verlag Bloomsbury ("Harry Potter") und Ruge ist jetzt verantwortlich für das deutsche Kinder- und Jugendbuchprogramm. Bloomsbury-Titel in englischer Sprache zu lesen - wohl kein Problem für Ruge, die in den USA aufwuchs und Amerikanistik/Anglistik studierte. Ohne Erfahrung im Bereich Kinder- und Jugendbuch zu prognostizieren, was in Deutschland laufen könnte? "Mit Leseerfahrung und Menschenverstand kann man auch im Jugendbuch eine ganze Menge vernünftig einschätzen", erklärte Ruge, Mutter einer fünf- und einer siebenjährigen Tochter, dem Börsenblatt.

In ungewöhnlicher Manier auf Lesetour gehen wird Uta Titz, nämlich mit dem Wohnwagen. Der Erstlingsroman der Konzertveranstalterin und Straßenmusikerin, "Stella Runaway", erscheint in Kürze im Schweizer Libelle Verlag. Titz hat darin ihre "Erfahrungen am Rande der Gesellschaft" verarbeitet. Die Idee kam ihr, nachdem sie ohne festen Wohnsitz "monatelang in Fußgängerunterführungen und Abrisshäusern in ein Leben abgetaucht war, das in der Literatur und in den Medien nur selten behandelt wird." Persönliche Erfahrung sei für sie eine Grundvoraussetzung des Schreibens, erzählte die Jungautorin dem Börsenblatt. Dass ihre Bekannten aus der Straßenszene das Buch lesen würden, glaubt sie im übrigen nicht.

Auf Abruf seinen persönlichen Reiseführer vom PC aus erstellen - möglich macht's der DuMont Reiseverlag. Über die Verlagshomepage werden verschiedene Musterlayouts angeboten, in die der User Anmerkungen, Kommentare und eigene digitale Urlaubsbilder einfügen kann. "Zusätzlich stehen redaktionelle Thementeile von derzeit 28 Reisezielen zur Verfügung. Sie basieren auf den Substanzen der DuMont Reiseführer", berichtet das Börsenblatt. 39,90 Euro (plus Versand) soll die billigste Variante kosten. Fragt sich nur, wer noch einen Reiseführer braucht, wenn er wieder aus dem Urlaub daheim ist.

Meldungen: Das Auswärtige Amt hat die deutsche Beteiligung bei der Internationalen Buchmesse in Havanna Anfang 2004 wegen der zunehmenden Verletzung der Menschenrechte auf Kuba abgesagt. Die Deutsche Grammophon legt das gesamte Rezitationswerk von Klaus Kinski erstmals vollständig auf. Die "English Language Bibliography - 1945 to the Present", herausgegeben vom K. G. Saur Verlag, verzeichnet in 7,5 Millionen Datensätzen alle englischsprachigen Bücher und Zeitschriften sowie Neuerscheinungen und Vorankündigungen - die Updates der Online-Version erfolgen wöchentlich.
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