Peter Galison

Einsteins Uhren, Poincares Karten

Die Arbeit an der Ordnung der Zeit
Cover: Einsteins Uhren, Poincares Karten
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2003
ISBN 9783100244307
Gebunden, 384 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

1905 veröffentlichte ein Technischer Experte am Berner Patentamt einen Aufsatz, der auf die Reformulierung der Konzepte von Raum und Zeit in der Physik hinauslief - die "Spezielle Relativitätstheorie." Neben dem Brotberuf in den Niederungen des Patentwesens, für sich und unabgelenkt vom Weltgetriebe revolutionierte der in höchsten Abstraktionshöhen operierende Albert Einstein die Fundamentalkonzepte der Physik: Peter Galison führt an Hand vieler neuer Quellen vor Augen, dass man sich den Weg zur Relativitätstheorie so gerade nicht vorstellen sollte. Denn sieht man nur genauer hin, zeigen sich überraschend viele und enge Verknüpfungen zwischen der Grundlagentheorie und sehr konkreten Fragestellungen, mit denen der junge Einstein ebenso wie der zweite "Vater" der Relativitätstheorie, der damals bereits weltberühmte französische Mathematiker und Physiker Henri Poincare, durchaus zu tun hatten: Keine expandierende, koloniale Weltwirtschaft samt erforderlichem Fernmeldewesen nämlich ohne Synchronisation von Uhren, die deshalb ein zentrales Problem von Wirtschaft, Ingenieurskunst und Politik war.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 30.08.2003

Nur auf den ersten Blick haben der Wissenschaftsphilosoph und Polytechniker Henri Poincare und der Physiker Albert Einstein wenig miteinander zu tun. In Wahrheit beschäftigte, das zeigt - so der Rezensent Michael Hampe - die Studie des Wissenschaftshistorikers Peter Galison "minuziös", beide das Problem der Synchronisierung der Zeit. Poincare war in das Projekt der Konventionalisierung von Landeszeiten und das damit verbundene der genauen Bestimmbarkeit der Längengrade involviert. Über Einsteins Tisch im Berner Patentamt wiederum liefen Erfindungen, die zur Einführung der universalen Landeszeit beitragen sollten. Aus diesen ganz technischen Erfahrungen mit Zeit-Problemen zogen beide ähnlich weit reichende Konsequenzen. Poincare entwickelte "starke Zweifel an der Annahme eines physikalischen Äthers", Einstein die Relativitätstheorie. Das wahre Genie der beiden, mutmaßt Hampe, lag vielleicht gerade in der Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen, wo andere nur einen "unüberbrückbaren Graben zwischen Theorie und Praxis" sehen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 19.03.2003

Michael Adrian empfiehlt das Buch all jenen, die glauben, die großen Entdeckungen würden von weltfremden Weisen in abgelegenen Elfenbeintürmen gemacht. Der Harvard-Wissenschaftshistoriker Peter Galison revidiert dieses Bild anhand seiner beiden Protagonisten Albert Einstein und Henri Poincare, und zwar "glanzvoll" sowie "stilistisch souverän". Adrian lobt die "Fülle von Details", die der Autor über die vielfältigen Verstrickungen der beiden Geistesgrößen in ihrer Zeit zusammengetragen hat. Etwa die zahlreichen politischen und ökonomischen Projekte, die zu Einsteins Zeiten zur Vereinheitlichung der Zeit betrieben wurden, oder das Engagement des Mathematikers Poincare, Vorläufer in Sachen spezielle Relativitätstheorie, in der Vermessung des französischen Kolonialreichs.

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