Friedrich Christian Delius

Die linke Hand des Papstes

Cover: Die linke Hand des Papstes
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2013
ISBN 9783871347702
Gebunden, 125 Seiten, 16,95 EUR

Klappentext

Rom 2011. Ein deutscher Archäologe und Fremdenführer entdeckt in einer evangelischen Kirche zufällig den Papst und gibt sich einem Wirbel von Fragen und Gedanken hin: Wann zuckt die Hand des Papstes, wann nicht? Bewegt sie sich, wenn er den regierenden Schurken sieht? Warum schmeichelt Gaddafi Berlusconi mit dreißig Berberpferden, und warum musste Augustinus den Kaiser mit achtzig numidischen Zuchthengsten bestechen, um die Erfindung der Erbsünde durchzusetzen? Weshalb ist Rom für die Deutschen ein Sehnsuchtsort, obwohl sie dort seit den Germanen, Landsknechten und Nazis als die schlimmsten Barbaren gelten? Eine Kölner Katholikin wäre gern Erzbischöfin, ein Mörder verschenkt das Pantheon, Ratten laufen über die Via Veneto der Fremdenführer schaut hinter das Postkarten-Rom, streunt durch die Geschichte und preist die Kunst der Italiener, gleichzeitig ja und nein zu sagen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.03.2014

F.C. Delius' Vater war Pfarrer einer kleinen lutherischen Kirche in Rom, die vor einigen Jahre vom damaligen Papst Benedikt besucht wurde. Diese Begebenheit nimmt Delius zum Anlass seiner Geschichte, in der ein Erzähler dem besuchenden Papst in ebenjener Kirche eine stumme Strafpredigt hält, woraufhin der Pontifex vor Luther zu Boden fällt, dann die Kanzel besteigt und "Ein feste Burg ist unser Gott" anstimmt. "Farbig, grotesk, kenntnisreich" findet Rezensentin Beatrice von Matt dieses Gedankenspiel, der Erzähler erscheint ihr zwar etwas betulich, doch sei die Philippika bei allem Furor immer rhythmisch grundiert. Irritierend findet sie, dass sich Delius aus der Geschichte kirchlicher Verbrechen ausgerechnet die Erbsünde als größtes Übel herausgreift, denn dieses Konzept habe Luther voll und ganz übernommen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.10.2013

Der Papst lutherisch? Träum weiter, möchte Lorenz Jäger dem Erzähler dieses schmalen Textes von Friedrich Christian Delius zurufen. Allein, es lohnt die Mühe gar nicht, wie Jäger mitteilt. Das Buch über den Papst und Rom und Berlusconi nämlich sei kein weises Alterswerk des Autors, sondern ein Beschwerdebrief an den Kummerkasten, voll bloß mit angelesenem Zeitungswissen, wie der Rezensent bescheiden erklärt, also nicht sehr voll. Was so nett beginnt, mit einem Blick auf die Hände Benedikts, wird schnell zur selbstverliebten Fantasterei, kulturkritisch, ja, aber auf sehr niedrigem Niveau, meint Jäger, der dieser 124 Seiten langen Unmutsbekundung etwas mehr Selbstzweifel gewünscht hätte.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.09.2013

Ganz feierlich wird Gustav Seibt zumute, und zwar weil es F.C. Delius gelingt, einem großen Stoff und dem "schweren Parfüm der römischen Geschichtsübermacht" mit Leichtigkeit zu begegnen. Einem in Rom lebenden deutschen Lutheraner begegnet in der einzigen lutheranischen Kirche Roms der Papst, Benedikt XVI. persönlich, der hier kurz vor seinem historischen Rücktritt porträtiert wird (Delius lieferte die Erzählung beim Verlag genau im Moment des Rücktritts ab, wie er in einer Nachbemerkung mitteilt). Und was dieser römische Lutheraner sieht, ist irreal: Der Papst sitzt da in schwarzem Anzug, küsst den Schriftzug "Luther" auf dem Boden der Kirche und rezitiert den Choral "Eine feste Burg...". Seibt bewundert, wie Delius hier vielfältige Motive der in Rom in all ihren Widersprüchen allpräsenten Geschichte ineinanderflicht, ohne je in Kitsch oder Freudianismus abzugleiten. Etwas Besseres über Rom, so scheint es, hat Seibt lange nicht gelesen.
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