Spätaffäre

Biegen Sie links ab

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29.01.2014. Die Businessweek enthüllt in einer längeren Reportage das Geheimnis von Tor. Und n+1 geht in Afrika tanzen. In der Mediathek von Arte kann man Tsui Harks Film "Detective Dee und das Geheimnis der Phantomflammen" noch in voller Länger sehen. Für die Hörer unter unserern Lesern und Sehern gibt es einen Essay zur Frage "Was ist deutsch" und Joaquin Phoenix.

Für Sinn und Verstand

Dune Lawrence blickt für die so empfehlenswerte Bloomberg Businessweek hinter die Kulissen von Tor - jenes Netzwerks zur Verschlüsselung digitaler Kommunikation, das selbst die NSA zu ihrer Verzweiflung nicht knacken kann (man weiß über die Verzweiflung dank einiger von Edgar Snowden geleakter Dokumente): "Das Hauptquartier von Tor belegt einen Raum in einem Heim des Vereins christlicher junger Frauen (YWCA) in Cambridge, Massachusetts. Nachbar ist ein Frauenhaus, das Opfern häuslicher Gewalt hilft. Die 33 'Kernpersonen', die auf der Website von Tor benannt werden, sind neun Vollzeitangestellte. die meisten arbeiten von zu Hause aus mit. Das Projekt lebt zum größten Teil vom Crowdsourcing: Hunderte Freiwilliger auf der ganzen Welt arbeiten an der Verbesserung der Tor-Software und versuchen Zensoren wie jenen aus China stets einen Schritt voraus zu bleiben - China hat enorme Mittel eingesetzt, um Tools gegen Zensur - inklusive Tor - zu bekämpfen."

Südafrika erlebt ein Revival der boeremusiek, einer traditionellen Musikform, die bislang als Schöpfung der weißen Afrikaner galt. Die Musikwissenschaftlerin Willemien Froneman fordert diesen Konsens heraus und beschreibt boeremusiek als eine "Gattung von historisch apolitischem Charakter und ethnisch hybriden Anfängen." In n+1 beleuchtet Trevor Sacks diese Anfänge und findet Fronemans Befund plausibel: "Wenn man ein weißer Farmer in der Kapkolonie des 18. oder 19. Jahrhunderts war und eine Party schmeißen wollte, dann musste man mit großer Wahrscheinlichkeit eine Band aus Sklaven oder Dienern mit eher dunklerer Farbpigmentierung als der eigenen zusammenstellen. Diese Band spielte dann dieselben Walzer und Polkas, nach denen die Leute in Europa verrückt waren, aber sie filterten die Musik mit der Empfindsamkeit der Sklaven, der Khoisan, Indonesier, Inder, Malagasy und vielleicht Xhosa, die sie aufführte und ihre eigene musikalische Tradition und Ästhetik mitbrachten."

Für die Augen

Neu beim VoD-Anbieter netzkino.de: "Invincible", ein Spielfilm von Werner Herzog aus dem Jahr 2001 mit Tim Roth in der Hauptrolle. Darin erzählt der deutsche Regisseur die Geschichte eines jüdischen "Strongman", der im Nazi-Deutschland im "Haus des Okkulten" auftritt. Bright Light Films urteilte: "Herzog is filmmaker as pacifist and dreamer and moralist, a storyteller with art history at his fingertips. 'Invincible' samples and pays homage to the tragic grandeur of the photographs of Roman Vishniac, the biting satire of George Grosz's watercolors, and the prophetic mise-en-scene of director Fritz Lang. But 'Invincible' is pure, unadulterated Werner Herzog." Wir wünschen viel Vergnügen! (126 Min.)



Aufwändiges Fantasy-Spektakelkino aus Fernost: Für "Detective Dee und das Geheimnis der Phantomflammen" zeichnete Hongkong-Regisseur Tsui Hark verantwortlich, einer der Lieblingsregisseure unserer Filmkritiker Lukas Foerster und Thomas Groh. Auch Cristina Nord zeigte sich bei den Filmfestspielen in Venedig von diesem Film begeistert: Hier "können sogar die Hirschkühe Kung-Fu." In voller Länge bei arte, Laufzeit 116 Minuten.


Außerdem finden wir bei 3sat Michael Trabitzschs Film über den Künstler Max Beckmann. (91 Min.)
Archiv: Für die Augen

Für die Ohren

"Was ist deutsch?" In einem Radioessay für den SWR geht der Germanist Manfred Schneider der Geschichte der Deutschlandmythen nach. Hier der Download, Laufzeit ca. 55 Minuten.

Der notorisch interviewscheue Joaquin Phoenix unterhält sich im NPR äußerst vergnügt und angeregt mit Terry Gross. In seinem neuen Film "Her" spielt er einen Mann, der sich in ein Betriebssystem verliebt - dazu erzählt er folgende Anekdote: "Meine Agentin Sue hat mich hierher ins Studio gefahren - übrigens: wenn sie Ihnen jemals anbietet, bei ihr mitzufahren: tun Sie es nicht! Wir waren spät dran und hatten uns verfahren, also schaltete sie ihr Navigationsgerät ein. Und es ist wirklich erstaunlich, was man in diese Geräte hineinprojiziert. Jedenfalls war ich mir sicher, dass die Stimme, die uns Anweisungen gab - 'biegen Sie links ab' - besorgt war. 'Sie sind zu spät und müssen links abbiegen!' Sie klang wirklich verängstigt." (46 Min.)
Archiv: Für die Ohren