Heinrich Mann

Heinrich Mann / Felix Bertaux: Briefwechsel 1922-1948

Cover: Heinrich Mann / Felix Bertaux: Briefwechsel 1922-1948
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2002
ISBN 9783100485007
Gebunden, 800 Seiten, 49,90 EUR

Klappentext

Mit einer Einleitung von Pierre Bertaux. Auf der Grundlage der Vorarbeiten von Sigrid Anger, Pierre Bertaux und Rosemarie Heise bearbeitet von Wolfgang Klein. Heinrich Manns Briefwechsel mit Felix Bertaux ist ein außergewöhnliches Zeugnis der politischen, der intellektuellen und der literarischen Geschichte Europas im 20. Jahrhundert. Seit dem ersten Weltkrieg versuchte Heinrich Mann Deutschland nach dem Beispiel Frankreichs zu höherer geistiger und damit sozialer Sittlichkeit zu drängen. Der Germanist Felix Bertaux war seit 1923 der einzige Freund, der dieses ideale Frankreich für ihn verkörperte. Von ihm fühlte er sich zudem als Schriftsteller verstanden, und ihm öffnete er sich bis in seine Selbstzweifel und seine privaten Bedrängnisse. Zur Sprache kommen das Bemühen um die deutsch-französische Verständigung in den zwanziger Jahren und der anschließende Versuch, den Widerstand gegen den Faschismus in Deutschland und gegen den drohenden Krieg so einheitlich, so militant und so humanitätsfördernd wie möglich zu gestalten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.08.2003

Ausgesprochen beeindruckt ist Rezensent Uwe Pralle von diesem Briefwechsel, den er vor allem mit sehr viel Sympathie für den "stolzen Zivilisationsliteraten" Heinrich Mann gelesen hat. Denn dieser habe vielleicht nicht die abgründige Aura seines jüngeren Bruders Thomas besessen, dafür ein wenig mehr an politischer und literarischer Gradlinigkeit. Und dass er eine ebenso "imposante Gestalt eines bürgerlichen Schriftstellers" war, belegt der Briefwechsel mit Felix Bertaux für ihn auf eindrucksvolle Weise. Mit dem französischen Germanisten verband Mann eine tiefe politische und private Freundschaft, die seiner Emigration aus Deutschland im Jahr 1933 eine sehr alltagspraktische Note bekam - bekommen musste. Ein wenig bedauert der Rezensent jedoch die makellose politische Übereinstimmung dieser beiden "anti-nationalen Republikaner", auch wenn sie für den in Deutschland weniger gut gelittenen Mann von großer Bedeutung gewesen war, denn ein wenig Widerspruchsgeist hätte dem gedanklichen Austausch der beiden vielleicht noch etwas mehr Tiefendimension gegeben. Lob geht schließlich an die Editoren, die den Band mit einem "vorzüglichen Apparat" ausgestattet haben.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.03.2003

Dieter Hildebrandt nutzt seine Besprechung des Briefwechsels zunächst, um mit denen abzurechnen, die Heinrich Mann schon so großmäulig abgefeiert haben, die seine "Verstrickung als Satiriker in das allzu Zeitbedingte", wie er zitiert, als Grund für seine Verkennung" angegeben haben. Die also, wie Hildebrandt bitter bemerkt, den Schriftsteller mit Nichtachtung straften, weil er seinem deutschem Publikum die Wahrheit gesagt hat, dem er "aufs Maulheldentum und ins Spießergemüt geschaut und am Grund der deutschen Seele nicht 'Tiefe' gefunden hat, sondern schlicht den Untertan". Umso bemerkenswerter findet Hildebrandt, dass Mann in dem französischen Germanisten Felix Bertaux eine "Wahlverwandtschaft" fand, wie er sie im eigenen Land nicht erfahren hat. Dieser "außerordentliche" Briefwechsel, dessen Edition Hildebrandt gar nicht genug preisen kann, dokumentiere eine lebenslange Freundschaft und eine Treue, die sich in Zeiten des Glanzes und der Harmonie ebenso bewährt habe wie unter dem Druck des Exils und der Gefahr.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 05.02.2003

Ein wahrer Glücksfall der europäischen Kulturgeschichte, meint Jürgen Pelzer, ist die Freundschaft zwischen Heinrich Mann und dem französischen Autor, Kritiker und Übersetzer Felix Bertaux. Zwischen 1922 und 1948 pflegten beide nicht nur einen regen Gedankenaustausch über die politische Entwicklung in Europa, die Epoche der "rein kapitalistischen Demokratie" (Mann) und natürlich den Nationalsozialismus, wobei Bertaux' Einschätzungen offenbar noch pessimistischer ausfielen als die von Heinrich Mann. Sie diskutierten die deutsche und französische Literatur, versorgten sich mit Informationen und Kommentaren über die literarischen Entwicklungen und halfen sich, durch die finsteren Zeiten zu kommen. Und über all dies hinaus hinterließen sie schließlich den Briefwechsel, der laut Pelzer zu achtzig Prozent aus Briefen und Karten von Heinrich Mann besteht, und den der Rezensent in seiner ausführlichen Besprechung als ebenso "instruktiv" wie "menschlich bewegend" würdigt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.01.2003

Die nun vorliegende, "vorzüglich kommentierte Edition" des Briefwechsels von Heinrich Mann und dem französischen Germanisten Felix Bertaux, die eine tiefe Freundschaft verband, lässt zur Freude Des Rezensenten Tomas Fitzel das "Gespräch der beiden europäisch gesinnten Intellektuellen in schönster Anschaulichkeit lebendig werden". Wer sich von diesem Briefwechsel zwischen einem Autor und einem Philologen erhofft, "dass sich der Schriftsteller vom Wissenschafter bei seiner Arbeit über die Schulter schauen liesse", wird nach Ansicht Fitzel allerdings leicht enttäuscht sein. Als "aufschlussreicher" erachtet er dagegen die erstaunlich vorausschauenden politischen Einschätzungen Manns im Briefwechsel. Bedauerlich findet Fitzel nur, dass viele von Bertauxs Antworten nicht erhalten sind und der Dialog somit etwas einseitig ausfällt. Erfreulicherweise konnten einige Lücken in diesem Briefwechsel durch kürzlich in Prag wieder aufgefundenen Briefe geschlossen werden, für Fitzel ein "Glücksfall" und zugleich eine "Merkwürdigkeit", die den noch immer unbefriedigenden Umgang mit Heinrich Manns Werken und Nachlass dokumentiere. Für Fitzel ist es an der Zeit, Heinrich Mann aus der verstaubten Klassikerecke zu befreien. "Von ihm", hält Fitzel fest, "ließe sich manches erfahren über das Verhältnis von Literaten und Politik sowie über das intellektuelle Klima Deutschlands seiner Zeit."