Die Buchmacher

Das Einheitsschulbuch

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
06.08.2007. Wie das Börsenblatt Werbung in verbandseigener Sache macht. Warum Klassiker gekürzt werden dürfen. Wie die Schulbuchverleger auf die Forderung nach einem Einheitsschulbuch reagieren. Und wie der ideale Tante-Emma-Buch-Laden aussieht.

buchreport.express

"Bildungsverlage lavieren", titelt der buchreport und greift die Reaktionen der Schulbuchverleger auf die Anregung von Annette Schavan auf, die Anzahl von Schulbüchern in Deutschland zu reduzieren und "Einheitsschulbücher" einzuführen (hier der Artikel aus dem Tagesspiegel). Laut buchreport (hier der Folgeartikel) müssen die Verlage lavieren, weil sie es sich nicht mit den Ländern verscherzen können. Cornelsen-Geschäftsführer Wolf-Rüdiger Feldmann sei indes keineswegs desinteressiert: "Eine stärkere Anpassung der Lehrplaninhalte zwischen den Bundesländern wäre durchaus wünschenswert." So könnte der Aufwand der Verlage und die Gesamttitelmenge reduziert werden.

Kristina Jansen schreibt in ihrem Kommentar, dass sich der Convenience-Trend im Lebensmitteleinzelhandel (hier eine Studie von McKinsey zur Rückkehr der Tante-Emma-Läden) auch auf den Buchhandel übertragen lässt: Ein kleines Sortiment von wenigen tausend Titeln Umfang, das häufig wechsele, sei der Weg zum Erfolg - na, wenn das mal so einfach wäre. Bequemlichkeit heißt für die meisten Bücherkäufer doch wohl, beim Riesenfilialisten oder im Internet einzukaufen, wo das gesuchte Buch vorrätig ist.

Die großen Barsortimente erhöhen die Gebühren für die Belieferung der Buchhandlungen: Libri um 5 Prozent, Umbreit um 4 bis 4,5 Prozent und KNV ab September um 4 Prozent. Die logistischen Kosten seien gestiegen, erklären die Bücherwagendienste (hier der Artikel).

Weitere Themen: Ingo Schiweck unterhält sich mit Barbara von Kriegelstein, stellvertretende Direktorin der Münchner Stadtbibliothek, über die neue Online-Ausleihe von E-Books - sie sei sicher, dass die heutige Bibliothek durch das digitale Angebot nicht ersetzt werde. Dressler startet den neuen Roman "Tintentod" von Cornelia Funke mit einer Auflage von 400.000 Exemplaren; die Gesamtauflage der ersten beiden Bände gibt der Verlag mit 1,2 Million an. Delius Klasing zieht das offizielle Buch zur "Tour de France 2007" (wie schon 2006 - nach dem Dopingfall von Floyd Landis) zurück. Und hier die Bestsellerlisten.

Börsenblatt

Dass das Börsenblatt redaktionell nicht unabhängig vom Verband agiert, ist kein Geheimnis. Und doch überrascht es, wie unkritisch die Frankfurter über die Zusammenlegung der Gebühren für "Volltextsuche Onnline" und "Verzeichnis lieferbarer Bücher" berichten. Nachdem zuletzt MVB-Chef Ronald Schild in einem Interview Werbung für die VTO-VlB-Allianz machen konnte (hier), beantwortet das Börsenblatt in dieser Woche in verbandseigener Sache die "meistgestellten Fragen" zum Thema. So liest man Sätze wie "VTO stellt unter Marketingaspekten gerade auch für kleinere Verlage eine attraktive Variante dar, mit der Bücher besser gefunden und verbreitet werden können." Wer spricht da, fragt der geneigte Leser, MVB oder Börsenblatt? Völlig unkritisch meldet das Blatt außerdem, dass Reiner Klink, seit Februar VTO-Projektleiter, die MVB nach der Buchmesse verlässt. Klar, "aus privaten Gründen". Ist nicht schon einmal ein VTO-Projektleiter vor kurzem gegangen, mit einigem Streit im Nachgang (hier und hier mehr dazu)? Kontrovers wird immerhin in dem vom Börsenblatt ins Leben gerufenen VTO-Blog diskutiert, mit Beiträgen von MVB- und Google-Top-Managern - und Kritikern der VlB-VTO-Flatrate.

Im Gastkommentar erklärt Wolfgang Schneider, freier Literaturkritiker in Berlin, warum manchen Klassikern Kürzungen gut bekommen. "Je größer die Aura des Meisterwerks, desto heikler wird das Kürzungsgeschäft", räumt Schneider zwar ein. Aber: "Bei Barockromanen ist die Phase der Auratisierung allerdings meist abgelaufen. Und auch die oft als Fortsetzungsromane entstandenen Klassiker des 19. Jahrhunderts überleben beherzte Amputationen in der Regel gut - was immer uns die unkritischen Fetischisten des Originals, die alles für gleichermaßen unentbehrlich halten, einreden wollen."

Passend zum Klassiker-Thema analysiert Andreas Trojan sehr differenziert den Markt für Klassiker-Literatur. Besonders Luxusausgaben (wie "Gullivers Reisen" von Jonathan Swift als Prachtband bei Manesse für 80 Euro) seien auf dem Vormarsch. Für den Kölner Buchhändler Klaus Bittner sind Klassiker-Ausgaben "wirtschaftlich hoch interessant". "Ich habe Kunden, die extra zu uns kommen, weil wir ein reiches Klassiker-Angebot haben."

Hübsche Umfrage: "Verdienen Sie, was Sie verdienen?" Regina Moths, Buchhändlerin aus München: "Es tröstet, die Kunden zu haben, die man verdient hat. Der Rest ist Schweigen."

Weitere Themen: Buchhändler besetzen nach einer Kemper's-Studie sechs Prozent aller 1-A-Einzelhandelsflächen; zum Vergleich: Textiler besetzen 26 Prozent. Nach einer Studien von Deloitte liegt der Anteil der Umsätze mit digitalen Produkten bei den deutschen Verlagen noch unter einem Prozent. Im "Menschen"-Ressort porträtiert Andreas Trojan den Krimiautor Friedrich Ani. Den "Fragebogen" hat Random-House-Chef Joerg Pfuhl ausgefüllt (Nächstes Ziel? "Die Beendigung des Streits um die Übersetzervergütung"; Hauptcharakterzug? "Gelassene Ungeduld").
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