Maren Möhring

Marmorleiber

Körperbildung in der deutschen Nacktkultur (1890-1930). Dissertation
Cover: Marmorleiber
Böhlau Verlag, Köln 2004
ISBN 9783412149048
Gebunden, 463 Seiten, 49,90 EUR

Klappentext

Im zugeknöpften Kaiserreich erregten Nacktheit und Nacktkultur enorme Aufmerksamkeit. Die öffentlich sichtbare Nacktheit in ihren verschiedenen Spielarten - etwa als vollständige Nacktheit auf dem naturistischen FKK-Gelände oder als partielle Nacktheit beim Sport - wurde um die Jahrhundertwende zu einem Signum der Moderne. Am Beispiel der Nacktkulturbewegung zeigt die Autorin die Entstehung moderner Körper, Körperkonzepte und -praktiken auf, die das Ziel des durchtrainierten, schlanken und sonnengebräunten Körpers verfolgten. Nacktheit stellte das zentrale Mittel dar, die Natürlichkeit des Körpers zurück zu gewinnen. Ästhetisches Ideal war die antike griechische Statue. Als Produkt zeitintensiver Pflege und gymnastischer Übung sollte der Körper Gesundheit und Schönheit demonstrieren und die gesundheitliche Norm - das physiologische Modell der reibungslos funktionieren Körpermaschinen - erfüllen. Nach dem Ersten Weltkrieg diente die in der Nacktkultur praktizierte individuelle Körperertüchtigung der nationalen Regeneration und erlangte über den engen, bis dahin meist männlichen, bürgerlich dominierten Mitgliederkreis hinausgehende Plausibilität und Popularität. Es war nicht zuletzt die Anschlussfähigkeit an eugenische und rassenhygienische Programme, die aus der Nacktkultur in der Weimarer Republik eine Massenbewegung machte.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.04.2005

Begeistert äußert sich Jens Malte Fischer über die erste umfassende Darstellung der Nacktkulturbewegung in Deutschland zu Anfang des vorigen Jahrhunderts, eine Dissertation aus München, die naturgemäß recht akademisch geprägt ist, aber mit einer riesigen Materialfülle und einem souveränen Überblick aufwartet. Etwas mehr Schmunzeln über die ideologisch verquaste Sprache der Nacktkulturtheoretiker wäre schon erlaubt, meint Fischer, der auch hier und da "die Diskursmaschine rasseln" hört, wo Möhring Foucault, Butler und Link zur Untermauerung ihrer Überlegungen bemüht. Deren Resultat kann sich Fischer zufolge sehen lassen: Möhring ist es gelungen aufzuzeigen, fasst er zusammen, dass die Ansichten der Nacktkulturbewegung auf den rassehygienischen Vorstellungen des 19. Jahrhunderts basierten und dass verschiedene Verbindungen zum Nationalsozialismus bestanden. Sehr spannend sei auch der zweite Teil der Arbeit, der die Rolle Winckelmanns und Nietzsches für die ideologische Aufpäppelung der Nacktkultur untersuche. Darüber hinaus lasse Möhring Zusammenhänge zwischen "Body-Building und Nation-Building" erahnen, die einem das Unbehagen an der herrschenden Körper- und Fitness-Kultur erklären könnten und auf das gemeinsame sozialdarwinistische Erbe von Nacktkultur und aktuellem Fitness-Wahn hinweisen.
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