Michela Murgia

Faschist werden

Eine Anleitung
Cover: Faschist werden
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783803136862
Gebunden, 112 Seiten, 7,00 EUR

Klappentext

Aus dem Italienischen von Julika Brandestini. Die Demokratie ist mühsam, fehlerhaft und instabil. Entscheidungsprozesse sind langwierig, kompliziert und teuer, politische Parteien kaum zu unterscheiden. Zu viele Beteiligte müssen gefragt, möglichst alle Minderheiten einbezogen werden. Wäre da eine volksnahe Führung mit mehr Entscheidungsfreiheit nicht wirkungsvoller? Ist der Faschismus nicht effizienter in der Durchsetzung zentraler Ziele für das gesellschaftliche Zusammenleben? Oder warum sonst wurden in jüngster Zeit so viele populistische Regierungen gewählt?  "Faschist werden" beschreibt, wie man sich innerhalb der Demokratie in Position bringen kann, wie man über die sozialen Medien das demokratische Chaos vorführt und welche argumentativen Muster zu beachten sind.
Michela Murgia hat eine provozierende Polemik über die italienische und europäische Gegenwart verfasst - und auch im deutschsprachigen Raum sollen politische Gegner, wenigstens rhetorisch, "gejagt" oder "entsorgt" werden. Geschichtsrevisionistische Vorstöße häufigen sich, sozial Schwache werden gegen Geflüchtete ausgespielt. Und der Grat zwischen solidarischem und reaktionärem Denken ist oft schmaler als gedacht - auch in uns selbst. Mit Faschistometer zum Selbsttest.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 22.07.2019

Recht beeindruckt berichtet Rezensent Tim Caspar Boehme, wie Michela Murgia in satirischer Selbstdisziplin durch das ganze Buch die Position einer faschistischen Lebensberaterin einnimmt, die mit dem in der Überschrift formulierten Programm - natürlich in sarkastischer Überspitzung - ernst macht. Sie rät etwa zur Relativierung: Dies oder das kann man so oder so sehen - perfektes Einfallstor für Verschwörungstheorien und Fake News, so Boehme. Am höchsten rechnet er der Autorin an, dass ihr Buch selbstreflexiv angelegt sei und ein Erschrecken vor sich selbst einschließe: Murgia bekenne im Nachwort, viele der in ihrem Buch gesagten Dinge im Affekt auch schon selbst gedacht zu haben.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 27.04.2019

Marc Reichwein liest Michela Murgias Buch als satirische Provokation im Geiste Machiavellis und Populismus-Exegese. Italien findet er dafür eigentlich gut geeignet, Silvio Berlusconi sieht er als Vorläufer Donald Trumps. Politisch scheint ihm die Autorin in ihrem Versuch, antidemokratische Sprechhaltungen anzuprobieren. Was Murgia vielleicht etwas zu leichtfertig faschistisch nennt, erkennt Reichwein als faschistoide Elemente, die derzeit wieder Konjunktur haben, die Methode des Lächerlichmachens (von Fakten) etwa. Zu den Qualitäten des Buches gehört laut Reichwein, dass die Autorin die Schwächen der Demokratie immer mitdenkt.