Lothar Gall

Krupp

Der Aufstieg eines Industrieimperiums
Cover: Krupp
Siedler Verlag, Berlin 2000
ISBN 9783886805839
Gebunden, 398 Seiten, 25,51 EUR

Klappentext

Lothar Gall schreibt die Biografie des Krupp-Unternehmens von seiner Gründung bis zum Ersten Weltkrieg als Geschichte der Industrialisierung. Er zeigt die Probleme und Entwicklungen dieses historischen Prozesses.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 01.11.2001

Rezensent Thomas Krüger lobt die sachliche Krupp-"Unternehmensbiografie" des Historikers Lothar Gall. Dieser habe den "Aufstieg eines Industrieunternehmens" von der Firmengründung bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges beleuchtet... Insbesondere die Nähe zu den Machthabenden habe den Erfolg des einst "größten Gussstahlunternehmens des alten Europa" begründet. Alfred Krupp sei Günstling des preußischen Königs und später Parteigänger Bismarcks gewesen, schreibt der Autor. Den "Mythos Krupp in Schach halten": So fasst Krüger den Ansatz des Historikers zusammen. Die vorliegende Arbeit trage eine wissenschaftliche Handschrift, ist Krüger zufrieden.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.12.2000

Der Aufstieg der Familie Krupp war "in vielerlei Hinsicht problematisch", schreibt Rezensent Nils Freytag in seiner übersichtlichen Kritik. Hin- und hergerissen zwischen Modernität und vorbürgerlichen Vorstellungen sowie zwischen erstaunlichen Sozialleistungen für die Fabrikarbeiter einerseits und einem ausgeprägt patriarchalischem Führungsstil andererseits, stehe die Familie Krupp auch als Beispiel für "gesellschaftliche Tendenzen" des 19. Jahrhunderts. Daß Gall diesen Aspekt besonders herausgearbeitet hat, lobt Freytag besonders. Bei seiner vielschichtigen Beschreibung verschweige Gall auch "keinesfalls die Schattenseiten" und hebe sich somit "wohltuend von vielen Unternehmensgeschichten ab, die das Unbequeme ausblenden". Vergleiche des organischen Wachstums des Stahlriesen mit dem "Wildwuchs in der Chip- und Computerbranche" werden ebenfalls als Beispiel für die "unbestreitbaren Vorzüge" dieses Buches angeführt, das auf "umfangreichem Archivmaterial" fußt. Wenn Freytag allerdings von einer "insgesamt lesbaren Studie" spricht, so fehlt der Hinweis auf die weniger gut lesbaren Aspekte.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.10.2000

Ein Verriss. Sehr höflich zwar, aber doch ein Verriss. Klaus Gauger findet diese Familiensaga der Krupps eindeutig zu schönfärberisch: Nur wenige Worte finde Gall zu den Verstrickungen des Konzerns in den Nationalsozialismus. Zwar ende diese Chronik offiziell am Vorabend des Ersten Weltkriegs, aber weder in seinem Epilog noch in seiner Darstellung der zutiefst antidemokratischen Einstellung Alfred Krupps mache Gall deutlich, wie sehr gerade diese Haltung, die nicht nur Alfred Krupp, sondern eine Vielzahl deutscher Wirtschaftsführer kennzeichnete, gesellschaftlich den Boden für die "verfehlte Politik" bereitete, die zu zwei Weltkriegen führen sollte. Auch die Skandale, die Anfang des 20. Jahrhunderts die Familie Krupp erschütterten - Gauger erwähnt hier "exzentrische Neigungen des Capri-Liebhabers Friedrich Alfred Krupp und einen Korruptionsverdacht, der zu staatsanwaltlichen Ermittlungen führte - würden "ohne wesentliche Details" erzählt. Zu Galls Gunsten zählt Gauger den "ausgesprochen gediegenen und lesbaren Schreibstil" sowie das umfangreiche "Fakten- und Zahlenmaterial", aber das kann den Leser am Ende dieser Rezensionen nicht mehr von den Qualitäten des Buchs überzeugen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 07.10.2000

Von den Anfängen 1811 als kleiner Familienbetrieb für alles Mögliche bis zur Rüstungschmiede Kaiser Wilhelms 1914 reicht der Bogen, den der Autor schlägt und somit Mikro- und Makrohistorie miteinander verbindet, schreibt Alexander Gallus. Der Rezensent hebt die Darstellung besonders dafür hervor, dass sie die absolute politische Loyalität einfordernde Haltung Alfred Krupps als andere Seite der Medaille einer zur damaligen Zeit beispiellosen Sozialfürsorge für die Beschäftigten zeigt: Werkswohnungen und betriebliche Krankenkasse gehörten für die Krupp-Arbeiter ebenso dazu wie eine Arbeiter-Pensionskasse, hohe Löhne, Werksbücherei und "Konsumanstalten". Die Identifikation Krupps mit Kanonen war am Ende sprichwörtlich, obgleich zu dem Zeitpunkt aus dem patriarchalisch strukturierten Unternehmen schon eine vom damaligen Chef wenig geliebte Aktiengesellschaft entstanden war. Mit einer Vielzahl von Quellen und "glänzend geschrieben" ist die Familiengeschichte des Unternehmens, das, so zitiert der Rezensent Theodor Heuss, "den Rahmen der bloßen Wirtschaftsgeschichte" früh gesprengt hat und "ein Politikum" wurde. Die Darstellung Galls endet vorläufig mit dem "Alldeutschen Alfred Hugenberg" an der Spitze der Firmenleitung. Gallus ist - und macht - gespannt auf die Fortsetzung!
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.10.2000

Einfühlsam gewichtet und wertet Volker Ullrich die hier vorgelegte Firmen- und Familiengeschichte Krupp von dem Historiker und Bismarck-Biografen Gall. Sowohl technische Prozesse als auch die Dynamik einer Familie sind von ihm mit "hoher Erzählkunst" dargestellt werden, meint der Rezensent. Vom eher langsamen Aufstieg des Stahlunternehmens, das mit dem Eisenbahnbau begann und sich erst kurz vor Reichsgründung zunehmend der Rüstungsproduktion bis zu Monopolstellung im Ersten Weltkrieg verdankte, vom sozialpolitischen Patriarchismus vor-bismarckscher Prägung beim legendären Alfred Krupp bis zur skandalumwitterten Homosexualität seines Sohnes Friedrich-Alfred erzählt Gall die Geschichte des legendären Unternehmens. Erstaunlich findet Ulrich, dass ein wichtiger Kritiker wilhelminischer Rüstungs- und Hegemonialpolitik und früherer Krupp-Direktor, Wilhelm Muehlon, keine Erwähnung findet. Ansonsten aber lässt Gall "kaum Wünsche offen".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.09.2000

Die ironische Spitze kommt ganz am Schluss von Knut Borchardts insgesamt recht wohlwollender Kritik: Das Buch ist von der Krupp-Stiftung gefördert worden, und dies dürfte auch die Vermutung nahe legen, dass hier bestimmte Grenzen nicht überschritten werden. Auf das empfindlichste Terrain begibt sich Gall ohnehin nicht, weil das Buch nach Borchardts Auskunft mit dem Ersten Weltkrieg endet. Borchardt lobt die Eleganz von Galls Darstellung und nennt einige Schwerpunkte, die sein Buch gegenüber der reichen Literatur über das Unternehmen herausheben. So verfolge Gall mehr als bisherige Autoren die internen Hierarchien des Krupp-Imperiums bis hin zum Arbeitsplatz. Galls Darstellung der berühmten Kultur- und Wohlfahrtspolitik der Krupps findet Borchardt allerdings ein bisschen zu `ausführlich-affirmativ`, und auch bei Galls These, um 1900 sei das Krupp-Reich von einer absoluten zu einer konstitutiven Monarchie geworden, mag Borchardt nicht folgen - die Tatsache, dass Entscheidungen stärker delegiert werden, ändere noch nichts an der Maßgeblichkeit eines zentralen Willens. Bei den rein wirtschaftsgeschichtlichen Aspekten des Buchs - etwa bei der Geschichte der Krupp-Produkte - bekennt der Rezensent, einen Mangel zu empfinden. Hier scheint er die Fachkompetenz des politischen Historikers Gall, der ja durch eine Bismarck-Biografie berühmt wurde, doch leicht zu bezweifeln. Dennoch begrüßt es Borchardt, dass sich in Deutschland die politische Historie stärker der Wirtschaftsgeschichte zuwendet. Schließlich lobt er auch die schöne Ausstattung des Buchs mit seinen zahlreichen Illustrationen.
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