Die Buchmacher

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Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
21.02.2005. In dieser Woche: Was der Weggang von Harald Heker für den Börsenverein bedeutet. Und wieviel die europäische Buchbranche umsetzt. Von Sandra Evertz

buchreport.express

In Zeiten, in denen "alle Zeichen auf Sturm stehen", ist die Kündigung des Hauptgeschäftsführers des Börsenvereins und Sprechers der Börsenvereins-Beteiligungsgesellschaft mbH (in der alle wirtschaftlichen Aktivitäten einschließlich Buchmesse gebündelt sind) in Personalunion, Dr. Harald Heker, "nicht nur eine Personalie", unterstreicht der Buchreport. Alarmierend findet das Branchenmagazin die vielen Baustellen des Verbands: Die Neuausrichtung sei auf halber Strecke festgefahren, die Mitgliederzahl gehe zurück, die Finanzsituation der Wirtschaftstöchter sei undurchsichtig und es mangele an Kandidaten für die Ehrenämter. Im Fall der derzeit diskutierten Auflösung der Abgeordnetenversammlung als Interessenvertretung der Sparten und früheren Landesverbände fehle ein vergleichbar kompetentes Gremium.

Börsenvereins-Vorsteher Dieter Schormann sorgt sich nach der Bekanntgabe des Weggangs von Harald Heker nicht um die Kontinuität bei der Umsetzung der Reformen. "Der Umbau der über eine lange Zeit gewachsenen Strukturen braucht Zeit. Ich bin überzeugt, dass wir mit den eingeleiteten Maßnahmen auf dem richtigen Weg sind", erklärte Schormann dem Buchreport, räumte aber ein, dass der Verband lernen müsse, in Reaktion auf neue Erfordernisse schneller zu werden.

Dem Nachfolger von Harald Heker muss es gelingen, die Mitglieder emotional an den Börsenverein zu binden, sagt Matthias Ulmer, der sich in der Arbeitsgruppe Verbandsreform engagiert. Wichtig sei es, mit den kleinen Buchhandlungen und Verlagen so zu reden, dass sie sich im Verband aufgehoben fühlen. "Statt eines harten Sanierers", so Ulmer, "sind nun besonders soziale Kompetenzen gefragt." Der Vorstand des Börsenvereins beschäftigt sich in der Sitzung am 1. März mit der Neubesetzung der Position. Für den Buchreport gilt Justiziar Christian Sprang als "aussichtsreicher Nachfolgekandidat". (Ein Interview mit Heker selbst finden Sie unter "Börsenblatt")

Shop-in-Shop-Modelle - in der Bekleidungsbranche längst Usus - sind im Buchhandel noch rar gesät. Davon, dass Verlage in Buchhandlungen auf Sonderflächen ausstellen, könnten alle Seiten profitieren: die Verlage (durch Erhöhung ihres Bekanntheitsgrads, Zusatzumsätze, bessere Analyse des Endkundengeschäfts), die Läden (profitable Bewirtschaftung der immer größer werdenden Flächen, außergewöhnliche Angebote für Kunden) und schließlich die Buchkäufer durch bessere Orientierung.

Immerhin 1,73 Millionen Zuschauer konnte Elke Heidenreich mit ihrer "Lesen!"-Sendung vergangenen Dienstag zu später Stunde vor den Fernseher locken. Noch mehr als Literatursendungen im Fernsehen (31 Prozent) beeinflussen die Bücherwahl der Deutschen Empfehlungen von Freunden (72 Prozent), das Stöbern im Buchhandel (71 Prozent) und Rezensionen in Zeitungen (43 Prozent), wie aus einer vom Buchreport zitierten forsa-Umfrage hervorgeht.

Personalien: Der amerikanische Dramatiker und Pulitzer-Preisträger Arthur Miller starb 89-jährig. Posthum wird der Schriftsteller im Juni in New York mit dem neu geschaffenen "Anne Frank Human Writers Award" geehrt.

Meldungen: Von 0 auf 2: Nora Roberts, "Königin der Frauenunterhaltung" (Buchreport), gelang diese Woche mit "Blüte der Tage" (Heyne) der höchste Neueinstieg in die Spiegel-Bestsellerlisten.

Börsenblatt

Nach den Filmfestspielen ist vor den Filmfestspielen. Fürs nächste Jahr hat sich Katharina Werdnik, Buchmessen-Projektmanagerin für den Bereich Film & TV, eine noch intensivere Kooperation von Buch- und Filmemachern auf der Berlinale vorgenommen. Unter anderem solle die Frankfurter Buchmesse mit einem Gemeinschaftsstand im European Film Center präsent sein und ein Rechte-Katalog erstellt werden, sagte Werdnik dem Börsenblatt. Was die Berlinale der Buchbranche bringt, erzählen Verlagsmitarbeiter und Agenten.

21 Milliarden Euro setzt die europäische Verlagsindustrie um, ist somit ein entscheidender Wirtschaftsfaktor. Bei einem Treffen mit EU-Kommissar Charlie McCreevy wünschte sich Jürgen A. Bach, Präsident des Europäischen Verlegerverbands FEP (mehr), ein besonderes Augenmerk auf das Wachstumspotenzial der Kulturindustrie, einschließlich des europäischen Verlagswesens. Bach forderte von Brüssel vor allem eine "ausgewogene Urheberrechtsgesetzgebung, die Kreativität und Investitionen belohnt".

Mit nur einem Buch (Verena Steiner: "Energiekompetenz") im Programm geht Christian Strasser heute mit dem Pendo Verlag (Schwerpunkte: Literatur, Biografien, politisches Sachbuch) an den Start; für den Herbst sind immerhin zwölf Titel vorgesehen. Unklar ist, ob die Pendo-Übernahme von Eichborn nur der Anfang sein soll, um eine größere Verlagsgruppe zu schaffen, schreibt das Börsenblatt in Anspielung darauf, dass Strasser früher Chef des Branchenriesen Ullstein Heyne List war.

Vor zwei Wochen orakelte das Börsenblatt, dass das Nachfolgeprojekt der SZ-Bibliothek publikumswirksam zur Leipziger Buchmesse auf den Markt kommen könnte. Jetzt geht alles noch viel schneller: Am 5. März fällt der Startschuss für die SZ-Cinemathek, die 50 Spielfilme auf DVD (hier die Titelliste) a 9,90 Euro (Preisempfehlung) umfasst. Wie bei der Buchreihe erhalten SZ-Abonnenten und die ersten Zeitungskäufer am Kiosk den ersten Teil, Viscontis "Der Leopard", gratis.

Der scheidende Hauptgeschäftsführer Harald Heker (mehr unter "Buchreport") blickt auf seine Zeit beim Börsenverein zurück.

Den mit 10.000 Euro dotierten Preis der Stiftung Buchkunst teilen sich in diesem Jahr die Verlage Carlsen, Thieme und Die Gestalten. Mehr.
Wie kleine und mittlere Sortimenter sich mit Schnäppchen profilieren können, beschreibt Horst Baraczewski, Gesellschafter der Bremer Fachbuchhandlung Geist, auf der Meinungsseite.

Personalien: Daniel Kampa, Assistent des Diogenes-Verlegers Daniel Keel, wird zusätzlich Geschäftsleitungsmitglied. Claus Koch übernimmt ab März die Position des Verlagsleiters Fachbuch bei Beltz. Stefan Weidle wird für sein auf Emigranten-Literatur der 20er und 30er Jahre spezialisiertes Verlagsprogramm mit dem Kurt-Wolff-Preis ausgezeichnet und mit einer Preissumme von 26.000 Euro honoriert.
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