Heike B. Görtemaker

Ein deutsches Leben

Die Geschichte der Margret Boveri
Cover: Ein deutsches Leben
C.H. Beck Verlag, München 2005
ISBN 9783406528736
Gebunden, 416 Seiten, 26,90 EUR

Klappentext

Margret Boveri (1900-1975) war die herausragende Journalistin ihrer Zeit. Ihr Leben verkörpert die Grunderfahrungen einer Generation, deren Weg durch zahlreiche Brüche der deutschen Geschichte bestimmt war. Heike B. Görtemaker zeichnet den Lebensweg dieser ungewöhnlichen Frau nach, zu deren Freundes- und Bekanntenkreis so unterschiedliche Persönlichkeiten wie Theodor Heuss, Ernst von Weizsäcker, Freya von Moltke, Ernst Jünger, Gottfried Benn und Uwe Johnson zählten. Die Autorin schildert Boveris ambivalente Haltung zum nationalsozialistischen Regime und verfolgt ihren Aufstieg zu einer der einflussreichsten Persönlichkeiten des deutschen Journalismus der Nachkriegsgeschichte. Neben ihrer Arbeit für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die Welt, die Zeit und den Merkur erlangte sie auch durch ihre zahlreichen Bücher internationale Beachtung.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.05.2005

Margret Boveri, eine der wichtigsten Journalistinnen der Nachkriegsära in Deutschland, war eine zwiespältige Figur. Rezensent Cord Aschenbrenner charakterisiert sie als klug und schwierig zugleich, ungemein ehrgeizig, garantiert unkonventionell, aber auch anpasserisch: Margret Boveri reüssierte als außenpolitische Korrespondentin und schrieb während des Dritten Reiches für, wie sich Aschenbrenner ausdrückt, die "publizistischen Feigenblätter des Regimes". Sie war Patriotin, aber keine Nationalsozialistin, wie Aschenbrenner der gut recherchierten Biografie von Heike Görtemaker entnimmt. Die Autorin wird Boveri in jeder Hinsicht gerecht, betont der Rezensent, sie verschweige deren unsympathisch anmutenden Seiten nicht: etwa Boveris fehlendes Schuldbewusstsein über ihre Rolle im Dritten Reich, ihre Abneigung gegen Emigranten, ihren Karrierismus. Bedauerlich findet Aschenbrenner, dass keiner von Boveris Texten im Anhang des Buches zu finden ist: kein Auszug aus der "Amerikafibel", in der die gebürtige Deutschamerikanerin ihre deutschen Landsleute im Umgang mit den Amerikanern unterwies, keine ihrer berühmten Reisereportagen oder politischen Artikel, in denen sie gegen den Adenauer-Kurs der Westöffnung zu Felde zog. Um so minutiöser kann sich der Leser an Boveris Briefen entlang hangeln, verrät der Rezensent, denn die Journalistin war eitel genug, jeden Brief für die Nachwelt zu archivieren.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 20.04.2005

Margret Boveri war eine höchst widersprüchliche Erscheinung, verkündet Antje Schrupp, der Heike B. Görtemaker nun eine Biografie gewidmet habe. Widersprüchlich erscheint uns die Reisejournalistin und Auslandskorrespondentin Boveri aus heutiger Sicht in ihrer für die damalige Zeit ungewöhnlichen Offenheit für fremde Kulturen und ihrer gleichzeitigen Ignoranz der innenpolitischen Verhältnisse im nationalsozialistischen Deutschland. Boveri machte in der NS-Zeit Karriere, berichtet die Rezensentin: zunächst als Reisejournalistin beim "Berliner Tageblatt" und später als Auslandskorrespondentin der "Frankfurter Zeitung". Ihr außenpolitisches Wirken, ihre Neugier auf fremde Kulturen müssen ihr wohl den Blick auf Deutschland verstellt haben, spekuliert Schrupp und bedauert, dass die Autorin die umfangreiche Korrespondenz mit Boveris Freundin Gertrud Reiss, die mit ihrem jüdischen Mann emigrieren musste, zwar ausgewertet hat, aber nicht näher auf das Verhältnis zu Reiss eingeht. Stattdessen würdige die Autorin das Bestreben von Boveri in der Männerdomäne des Journalismus Fuß zu fassen - was ihr durchaus gelungen ist, auch nach dem Krieg. In Schrupps Augen war Boveri eine kluge Beobachterin, die jedoch jede Verantwortung für das, was um sie herum vorging, von sich wies, weil sie das weibliche Rollenstereotyp ablehnte.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 17.03.2005

Insgesamt zufrieden zeigt sich Rezensent Haug von Kuenheim mit Heike B. Görtemakers Porträt der "großen Journalistin" Margret Boveri. Ausführlich schildert er das Leben Boveris, die er "begabt, weltoffen und kritisch" und eine "couragierte Einzelgängerin, kantig, unkonventionell" nennt - obwohl sie just in dem Moment ihre journalistische Karriere begann, als die Nazis die Presse gleichschalteten und zu einem Instrument der Propaganda machten. Kuenheim berichtet über ihre diversen Auslandsaufenthalte, ihre äußerst kritische Haltung gegenüber Amerika und ihre Fürsprache für eine eigenständige Rolle Deutschlands nach dem Krieg. Görtemaker habe in ihrer Biografie nichts ausgelassen aus dem Leben dieser Journalistin. Für Kuenheim ist es, so "eindrucksvoll" auch findet, ein wenig zuviel des Guten. Er hätte einem biografischen Essay vorgezogen, der die "wesentlichen Punkte" im Leben der Boveri beleuchtet.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.03.2005

Zufrieden zeigt sich Rezensent Jürgen Busche mit Heide B. Görtemakers "gut lesbarer" Biografie der weitgereisten, welterfahrenen und doch national gesinnten Publizistin Margret Boveri. Ausführlich berichtet Busche über die Stationen ihrer Karriere, ihre Lehrjahre beim Berliner Tageblatt, ihre Tätigkeit für die Frankfurter Zeitung, ihre Reisen und ihre parteipolitisch wechselnde, aber immer streng nationale Einstellung. Görtemaker erzähle das Leben Boveris "schlank und schnell" entlang an den Fakten und Daten, die sie vor allem dem immensen Briefwerk der Vielschreiberin entnehme. Dabei bleibe es meist. Eigene Reflexionen stelle die Autorin eher selten an, längere schon gar nicht. Busche scheint das Görtemaker nicht allzu krumm zu nehmen, er hält eben fest, dass sich der Leser zu vielem seine eigenen Gedanken machen müsse. Auch nicht schlecht, denn immerhin könne er dazu dann auf die Bücher Boveris zurückgreifen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.02.2005

Recht angetan zeigt sich Rezensent Andreas Platthaus von dieser Biografie Margret Boveris, die die Berliner Historikerin Heike B. Görtemaker jetzt vorgelegt hat. Platthaus rekapituliert die wichtigsten Stationen der Biografie Boveris, der "deutschen Selfmade-Frau des zwanzigsten Jahrhunderts" und "kompromisslosen Journalistin", die sich aus dem Nichts an die Spitze des deutschen Journalismus geschrieben hatte. Er berichtet über ihre Ruhelosigkeit, die zahlreichen Auslandsaufenthalte und ihre Freundschaft mit Paul Scheffer vom "Berliner Tageblatt". In der Erschließung der Korrespondenz mit Scheffer sieht Platthaus auch das "Herzstück" dieser "akribischen" Biografie. Etwas zu kurz kommt seines Erachtens die Rolle Boveris in der deutschen Medienlandschaft nach dem zweiten Weltkrieg, was er darauf zurückführt, dass sich das Buch vor allem auf die Zeit des "Dritten Reichs" konzentriert. Gleichwohl lobt er die "lebendige Darstellung" in Görtemakers "materialreichem" und "blendend formuliertem" Buch.
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