Eine neue Geschichte der deutschen Literatur

Cover:  Eine neue Geschichte der deutschen Literatur
Berlin University Press, Berlin 2007
ISBN 9783940432124
Gebunden, 1219 Seiten, 49,80 EUR

Klappentext

Herausgegeben von David Wellbery, Judith Ryan, Hans Ulrich Gumbrecht und anderen. Aus dem Amerikanischen von Christian Döring, Volker von Aue und anderen. Literaturgeschichten sind in Verruf geraten: Sie klassifizieren, normieren und kanonisieren, sie definieren Epochen und Gattungen, und sie ordnen diesen die Autoren und ihre Werke nur noch als Zeugen zu. Wo bleibt die einzigartige Eigenheit der Literatur, ihre gelebte Individualität und augenblickshafte Geschichtlichkeit?

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.03.2008

Geradezu hingerissen zeigt sich Rezensent Manfred Koch von dieser "neuen Geschichte der deutschen Literatur". Die Betonung liegt für ihn dabei auf dem Aspekt des Neuen. Im Unterschied zu traditionellen Literaturgeschichten verzichtet der Band zu seiner Freude auf kontinuierliches Erzählen eines großen Zusammenhangs und Herunterbeten von Daten, um stattdessen in 188 Essays die wichtigsten Einzeltexte zu erhellen. Zudem zeichne sich das Werk durch Akzentverschiebungen aus, die ihn überzeugen. Als Beispiel nennt er die Einbeziehung weltliterarischer Konstellationen und den Austausch zwischen Literatur und Philosophie. Koch verschweigt nicht, dass bei diesem Konzept auch einiges unter den Tisch fällt, wenn zum Beispiel Brecht nur als Dramatiker in Erscheinung tritt. Die Ergänzung durch eine traditionelle Literaturgeschichte hält er deshalb für ratsam. Dennoch gefällt ihm der Ansatz äußerst gut, zumal ihm die meisten Essays, die sich Einzeltexten wie Grimmelshausens "Simplicissimus", Goethes "Faust", Kafkas "Process" oder Johnsons "Jahrestagen" widmen, "brillant gelungen" scheinen. Manche Beiträge unterscheiden sich für ihn nicht von denen aus herkömmlichen Lehrbüchern, andere haben ihn richtig begeistert. Sein Fazit: "mehr als hundert genussvolle Augenblicke der deutschen Kultur sind garantiert".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.12.2007

Rezensentin Christine Pries freut sich, dass dieses von David E. Wellbery herausgegebene Buch aus dem Amerikanischen übersetzt und vom neuen Verlag der Freien Universität Berlin herausgegeben wurde. Es leistet ihrer Meinung nach nicht weniger, als "über einen gleichsam detektivischen Spürsinn die Neugierde" an der kriselnden Germanistik wiederzuerwecken. Ihr gefällt, dass das Buch weniger als Nachschlagewerk konzipiert ist, denn als Schmöker - und dass es dabei doch akademischen Ansprüchen vollauf genügt. Die deutsche Literaturgeschichte wird am Beispiel von exemplarischen Ereignissen zwischen den Jahren 744 und 2001 erzählt. Die Beiträge erreichen nach Meinung der Rezensentin eine Verdichtung, die über die Literatur hinausgeht und eine "veritable Geistesgeschichte" erzählt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.11.2007

Skeptisch ist Hannelore Schlaffer vor allem, was den Nutzen dieser dem "New Historicism" und dekonstruktivistischen Ansätzen verpflichteten, im amerikanischen Original bereits 2004 erschienenen Literaturgeschichte angeht. Das literarische Ereignis in den Vordergrund zu stellen, Geschichte durch den Blick auf ihre großen Momente zu "dramatisieren" und so gegen die Chronologie und den Kanon anzuschreiben, scheint sie in Ordnung zu finden, gibt aber zu bedenken, dass es Herausgebern und Autoren doch nicht ganz gelungen ist, auf die Zeitenfolge und auf Klassiker wie Goethe und Schiller zu verzichten. Schlaffers Kritik bezieht sich auf die angewandte Methode der "Methodenvielfalt". Kanon und Ereignis, Literatur und erweiterter Textbegriff - wer soll das lesen? Ein mit der traditionellen deutschen Literaturgeschichte vertrauter Leser, lautet Schlaffers Antwort. Der, meint sie, wird in dieser Polemik von "modischem Ehrgeiz" Anregung finden, einen "aparten" Wissensgewinn.
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