Jewgeni Jewtuschenko

Der Wolfspass

Abenteuer eines Dichterlebens
Cover: Der Wolfspass
Volk und Welt Verlag, Berlin 2000
ISBN 9783353011732
Gebunden, 432 Seiten, 24,54 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Thomas Reschke. Das Stigma, unangepasst und politisch "unzuverlässig" zu sein, blieb an ihm haften wie ein "Wolfspass" - ein Dokument, das man im zaristischen Russland entlassenen Sträflinge aushändigte. Verschmitzt und stolz erzählt Jewtuschenko von den vielen kleinen Siegen, die er der Zensur abgerungen hat. Seine Existenz war von skurrilen Begebenheiten, Skandalen und handfesten Abenteuern geprägt: als man ihn zum Beispiel offiziell für tot erklärte, oder als er entdeckte, dass die Frau, die er liebte, Agentin des KGB war...

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 26.09.2000

Liebevoll, aber auch spöttisch schreibt Beatrix Langner über die Memoiren dieses "großen Jungen mit der Schiebermütze". Sie schildert seine Verdienste als Kritiker des sowjetischen Systems noch vor Solschenizyn und vor allem auch, dass er als einer der ersten über antisemitische Säuberungen in der UdSSR aufklärte. Spaß äußert sie an Jewtuschenkos "glänzenden Dialogen" und an der recht anarchistischen Weise, in der der Dichter über Zeitgenossen herzuziehen scheint. Am Ende ihrer Kritik verweist Langner auf Jewtuschenkos kleine Hommage auf Viktor Pelewin, den neuen Star der russischen Literatur, die nur in der deutschen Ausgabe des Buchs enthalten sei.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 03.08.2000

Ganz böse ist Jürgen Verdofsky geworden beim Lesen dieser Autobiografie. Erst traut er sich nicht recht und erinnert an das große Gedicht Babi Jar, mit dem der damals 28-jährige Dichter ein "Tabu gebrochen" und den 52 000 dort erschossenen Opfern der deutschen Besatzung ihre "jüdische Identität" zurückgegeben hatte. Aber dann lässt der Rezensent sich mehr und mehr von der Leine: schon Achmatowa hat den "Drang nach Selbstdarstellung" mit brüsker Abwendung beantwortet; außer einem "Schulverweis" hat der früh mit einem richtigen Pass bedachte für den "Wolfspass", der die Dissidenten und Kriminellen in der Sowjetunion zeichnete, nichts zu bieten; er trank Champagner in Washington und Paris, will aber zwischen Sowjet-Diplomatie und KGB agiert haben, um Daniel und Sinjaksi zu retten; er hat sich 18 Stunden mit Pasternak unterhalten, schreibt aber nicht, worüber; er will Protestbriefe und -telegramme geschrieben haben, die nie einer sah... Und so geht es immer weiter. Verdofsky geht kräftig ins Gericht mit einem, dem der frühe "Weltruhm nicht gut bekommen" ist und der seine Rolle als Vorzeigedissident bis heute nicht reflektiert hat. Als ganz "ungeheuer" empfindet der Rezensent zum Schluss diesen Satz des "selbstverliebten" Trommlers, den als Charakterisierung zu zitieren sich wohl lohnt: `Wir waren die ersten Dissidenten in einer Zeit, als Sacharow noch ein von Geheimhaltung umgebener, privilegierter Wissenschaftler war, Solschenizyn ein unbekannter Lehrer und ehemaliger Lagersträfling und Brodsky ein Schuljunge.`

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 13.06.2000

"Wolfspaß" nannte sich im zaristischen Rußland und später in der Sowjetunion der Ausweis, den missliebige Staatsbürger erhielten, und wenn also Jewtuschenko dieses "Abzeichen eines Dissidenten" schon im Titel seiner Autobiographie für sich reklamiere, schreibt Aurelia Sorrentino, dann sei das ein klarer Fall von "Selbstbestätigung und Selbstbeweihräucherung". Kein Volksdichter, dem die Verehrung seiner Leser nicht zu Kopf gestiegen sei. Dennoch, meint die Rezensentin, bietet Jewtuschenkos Biografie viel Aufschlussreiches, weit über das Biografische hinausgehend, über das Leben im Sowjetregime. Am erhellendsten fand Sorrentino das Kapitel über die Zensur, das beschreibt, in welcher Weise Jewtuschenko gerade unter Umgehung hierarchischer Strukturen höhere Instanzen auf seine Seite zu bringen wusste. Ansonsten rät die Rezensentin, vom "Volksvaterton" des Autors und seiner Attitüde als Haremsvater abzusehen und empfiehlt, sich die gelungenen Portraits seiner Mitstreiter und Freunde zu Gemüte zu führen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 03.06.2000

Wenig Sympathie bringt der Rezensent mit dem Kürzel U. Sm. dem russischen Schriftsteller Jewgeni Jewtuschenko entgegen, noch weniger seiner nun erschienenen Autobiografie. Diese sei nichts als "peinliche Selbstbeweihräucherung". Das kaum erträgliche Imponiergehabe erstrecke sich auf die Eroberung von Frauen und Prominenten gleichermaßen, zu seinem wenig heroischen Verhalten in der Sowjetunion ziehe es Jewtuschenko dagegen vor, Schweigen zu bewahren. Keine Frage: der Rezensent rät entschieden ab von diesem Buch.