Alina Wituchnowskaja

Schwarze Ikone

Gedichte und Prosa
Cover: Schwarze Ikone
DuMont Verlag, Köln 2002
ISBN 9783832158187
Kartoniert, 120 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Barbara Lehmann und Alexej Khairetdinov. Alina Wituchnowkaja ist eine schwarze Ikone der radikalen Moskauer Jugend. Ihr Schreiben ist eine existenzielle Auflehnung gegen die Zumutungen des post-sowjetischen Lebens. "Schwarze Ikone" ist der rücksichtslose Mitschnitt zeitgenössischer Gemütszustände.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 25.09.2003

Statt einer Rezension legt Adolf Endler seine Einwände gegen eine Rezension von Alina Wituchnowskajas Büchern dar. Und immerhin erscheinen dem Rezensenten seine Bedenken von solchem Gewicht, dass er den Artikel dafür nutzt, potentiellen Lesern die Augen zu öffnen. Vor allem die Essays der Autorin mit ihrer wüsten Kunst- und Kulturbeschimpfung erinnern Endler nach eigenem Bekunden zu sehr an zweitrangige Pamphlete der Prenzlauer Berg-Szene in den 80er Jahren. Ihre Selbststilisierung als "russischer poete maudit" empfindet er schlicht als anmaßend und falsch ebenso wie ihre Behauptung, gerne dafür ins Gefängnis gegangen zu sein, um der Gesellschaft "über die Medien meine Ideen aufzuzwingen". Ideen nämlich vermisst er. An dieser Stelle bringt eine redaktionelle Einfügung etwas Licht ins Rezensentendunkel: Wituchnowskaja wurde nämlich mehrfach wegen angeblichen Drogenhandels inhaftiert und kokettiert mit neofaschistischen Moden. Wie gesagt, rezensieren mag Endler die Werke der Dame nicht. Aber wäre es da nicht konsequenter gewesen, das Erscheinen ihres Buches stillschweigend zu übergehen? So wird sicher ein mancher eher neugierig. Gewarnt ist er ja jetzt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.04.2003

Es gibt, schreibt Thomas Grob, fast keinen Artikel über Alina Vituchnovskaja, der sich nicht mit ihrem Gefängnisaufenthalt wichtig macht. Er selber hat vorsichtshalber einen Exkurs über die gedemütigte russische Gegenwartsliteratur dazwischen geschoben, über ihre Bedeutungslosigkeit und ihre avantgardistische Energie, die auch so "absonderliche Blüten" treibe wie diese "talentierte junge Verfasserin von Gedichten und kurzer Prosa", wie Grob mit gebührendem Sicherheitsabstand kundtut. Denn nicht viel mehr als eine Liebhaberin der provokanten Pose sei sie, die immer wieder gegen humanistische Moral und Kunst ausschlage, und noch einmal, und weiter bis zum Abwinken - und das war's. "Ihre einzige Stärke", konstatiert Grob, "eine gewisse individuelle Kraft in der lyrischen Form, wird in der deutschen Ausgabe durch die rücksichtslose Übersetzung zunichte gemacht". Ansonsten spreche aus den Texten das "Verlangen nach totalitärer Macht"; der Vorwurf des Faschismus sei berechtigter, als ihr deutscher Verlag es wahrhaben wolle. So richtig schlau ist Grob aus Vituchnovskaja allerdings nicht geworden: Wenn sie "Kunst" so anekelt, warum gibt sie sich dann so literarisch-ehrgeizig?

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 05.11.2002

Sebastian Handke hat nicht nur die Gedichte der russischen Autorin Alina Wituchnowskaja gelesen, sondern gleich eine Lesung der Autorin selbst besucht. Die Autorin kam dem Rezensenten zuerst "ein wenig autistisch" vor, bevor er ein Grinsen notiert, dass die Autorin verwandelt: "Sie wirkt freundlich und hellwach, ein wenig kindlich sogar, ihre Haltung aber ist um einen Stolz bemüht, von dem man spürt, dass er hart erkämpft werden musste." Die Person der Autorin ist Handke wichtig, weil sie in Russland verfolgt wird wie Wladimir Sorokin oder Eduard Limonow. Denn sie nimmt "die abgenutzten Sprachklischees, Abzählreime, Zitate, Amtssprache und anderes, bricht sie auseinander und setzt sie so wieder zusammen, dass jene brutalen und rätselhaften Bilder daraus hervorgehen, die von geradezu klassischem Rhythmus und Versmaß zusammengehalten werden." Dabei wird ein Ekel vor der Welt sichtbar, der ihr nach Meinung des Rezensenten hierzulande den Erfolg sichert. Den missionarischen Drang der Autorin, gegen "verlogenen Werte" vorzugehen, nennt Handke fast schon aufklärerisch, auch wenn ihr Credo lautet: "'Die Welt kann nicht besser oder schlechter, sie kann nur beseitigt werden.'"