Hendrik Otremba

Kachelbads Erbe

Roman
Cover: Kachelbads Erbe
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2019
ISBN 9783455006186
Gebunden, 432 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Wenn die Sprache an ihre Grenze kommt, betreten wir eine neue Welt.Los Angeles, Mitte der 1980er Jahre. Der deutsche Auswanderer H.G. Kachelbad friert für das kryonische Unternehmen Exit U.S. Menschen ein, die in ihrer Gegenwart nicht mehr leben können. Bald scharen sich ein abgehalftertes Schriftstellergenie, eine ukrainische Wissenschaftlerin, ein vietnamesischer Auftragskiller und andere skurrile Gestalten um Kachelbad. So unterschiedlich ihre Motivationen auch sind, alle "kalten Mieter" hegen die Hoffnung, eines Tages wieder auf getaut werden zu können. Vom jüdischen Wien der Jahrhundertwende bis ins schwule New York der frühen 1980er Jahre nimmt uns Hendrik Otrembas zweiter Roman mit auf eine Reise in die Vergangenheit, um über die Zukunft nachzudenken.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.11.2019

Rezensentin Luise Checchin respektiert die Formexperimente in Hendrik Otrembas Kryonik-Roman. Heterogene Perspektiven und Zeitebenen, Fotos, die den Text brechen, Reflexionen über Kryonik und das Schreiben, eine lakonische Sprache und Figuren ohne Innenleben machen es der Rezensentin allerdings nicht eben leicht. Als sie das Puzzle aus Informationen, Handlung und Figuren betreffend endlich zusammen hat, ist der Roman auch schon zuende. Einem Text, der sich um den Tod dreht, Mangel an Lebendigkeit vorzuwerfen, scheint Checchin trotz allem irgendwie fragwürdig.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 27.09.2019

Samuel Hamen bedauert herzlich Hendrik Otrembas Verneigung vor den Genres Krimi und Noir. Ohne die Baukasten-Atmo der Genreregister, bei denen sich der Autor über weite Strecken seines Textes bedient, hätte Hamen der Geschichte um die Wonnen der Kryonik sicher mehr abgewinnen können. So wird der Roman immer dann, wenn Otremba sich frei auf seine Erzählkunst verlässt, für Hamen aufregend und agil. Für den laut Hamen an sich wünschenswerten Spagat zwischen E- und U-Literatur braucht es eben besondere literarische Fähigkeiten, so der Rezensent. Otrembas bissiger Kommentar zu einer Gegenwart, in der die schöne Zukunft nur schockgefrostet vorstellbar ist, hätte laut Hamen mehr Sorgfalt verdient.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.09.2019

Für Rezensent Philipp Theisohn spiegelt Hendrick Otrembas Roman das Ende des Anthropozän auf berückende Weise. Wie der Autor sich ihm über die Kryonik nähert,  die apokalyptische Seite des Themas dann doch recht nonchalant links liegen zu lassen, um "scharfsinnig" und still von der großartigen Fähigkeit der Kryoniker zu erzählen, sich unsichtbar zu machen und das Treiben der Menschen aufzuzeichnen, findet Theisohn stark. Kryonik und Literatur zu verschmelzen, darauf muss man erst einmal kommen, meint Theisohn. Otrembas Figurenzeichnung und Handlungsführung begeistern den Rezensenten auch.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.08.2019

So ein Buch hat Katharina Granzin noch nicht gelesen. Hendrik Otremba Erzählung um das Thema Kryonik mag laut Granzin zwar mit dem Möglichen spielen, realistisch aber ist er deswegen noch lange nicht. Wie der Autor seinen Text "strahlenförmig" um seine Hauptfigur Kachelbad anordnet, achronologisch die Lebensgeschichten einer Handvoll von eingefrorenen Toten erzählend und dabei allerhand Vorstellungen von der Apokalypse aufrufend, scheint Granzin so rätselhaft wie reizvoll. Dazu trägt bei, dass Otremba eine klare Prosa schreibt, die sich zu surrealen Bildern aufschwingt, wie Granzin feststellt. Ein Text, der Fragen stellt, aber keine Antworten gibt, das muss der Leser aushalten, warnt Granzin.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 14.08.2019

Rezensent Gerrit Bartels ist das Erzählen des Musikers Hendrik Otremba sympathisch. Wenn der Frontmann der Band Messer in "Kachelbads Erben" von Menschen erzählt, die sich nach dem Tod einfrieren lassen, dann geht es Otremba nicht um die Zukunft, betont Bartels, sondern um die Vergangenheit. Was waren das für Leben, die hier kryonisch konserviert werden? Der Rezensent macht klar, dass er hier keine große Literatur gelesen hat, aber er mochte die Figuren, deren Gedanken vor allem um die Liebe kreisen und um das Schreiben über die Liebe.