Jürgen Peter Schmied

Sebastian Haffner

Eine Biografie
Cover: Sebastian Haffner
C.H. Beck Verlag, München 2010
ISBN 9783406605857
Gebunden, 683 Seiten, 29,95 EUR

Klappentext

Sebastian Haffner war neben Golo Mann und Joachim Fest der erfolgreichste historische Publizist der Bundesrepublik. Auch nach seinem Tod machte er noch Furore. Seine im englischen Exil verfasste "Geschichte eines Deutschen" wurde nach ihrer Erstveröffentlichung im Jahr 2000 zu einem Bestseller. Jürgen Peter Schmied legt nun die erste Biografie vor, die auf einer gründlichen Auswertung des umfangreichen Nachlasses beruht. Geboren 1907 als Raimund Pretzel, war Haffners Leben voller Wendungen und Wandlungen. Von den Nationalsozialisten angewidert, emigrierte er 1938 aus freien Stücken nach England, wo ihm eine erstaunliche Journalisten-Karriere gelang. Erst 1954 kehrte er nach Deutschland zurück und wurde zu einer prägenden Figur der deutschen Publizistik.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.10.2010

Nicht zufrieden ist Rezensent Andrew James Johnston mit Jürgen Peter Schmieds Biografie über den Publizisten Sebastian Haffner. Das Vorhaben, Haffners "Erfolgsgeheimnis" zu lüften und die Frage "What made him tick?" zu beantworten, kann der Historiker seines Erachtens nicht einlösen, auch wenn sich dessen Arbeit als "erklärtermaßen" wissenschaftliche Lebensbeschreibung versteht. Leben und Schreiben des faszinierenden Journalisten werden in Johnstons Augen zwar eingehend dargestellt. Die Schilderung des historischen Kontexts aber bleibt für ihn dürftig, grob skizziert. Er rügt insbesondere zwei Vorwürfe des Autors gegenüber Haffner: nämlich dass Haffners Urteile oft nicht mit dem heutigen Stand historischer Forschung übereinstimmten und dass es ihm an einer festen "Weltanschauung" fehle. Aus wissenschaftlicher Sicht findet der Rezensent diese Kritikpunkte "uninteressant". Zudem moniert er bei Schmied einen Mangel an methodischer Reflexion. Und nicht zuletzt hält er ihm vor, den "bösen linken Haffner gegen den guten rechten auszuspielen".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.10.2010

Stephan Speicher arbeitet aus seiner Lektüre der seitenstarken Haffner-Biografie von Jürgen Peter Schmied, die auf eine Dissertation zurückgeht, Erhellendes heraus: Zum einen verdankt sich der Erfolg von Sebastian Haffners bekanntestem Buch "Anmerkungen zu Hitler" aus dem Jahr 1978 zu Teilen auch einer in Deutschlands Historikerkreisen vorhandenen Bewunderung für die objektive britische Geschichtsschreibung im Sinne einer "Staatskunst"; Sebastian Haffner, geboren als Raimund Pretzel, konnte als früh nach England ausgewanderter Exilant und Ehemann einer jüdischen Deutschen den britischen Part für sich in Anspruch nehmen. Zum anderen agierte der 1954 nach Deutschland zurückgekehrte und als politischer Kommentator nicht den Niederungen des politischen Tagesgeschehens verpflichtete Haffner nicht immer klug und bisweilen sprunghaft: "Von überlegener Einsicht, ermöglicht aus geschichtlichem Einblick, kann nicht die Rede sein", stellt Speicher fest. Für den Rezensenten stellt sich die eigentliche Frage, ob Haffner, der über großes sprachliches Talent und Gespür für Dramatik verfügte, nicht eigentlich eine zu künstlerische und anspruchsvolle Natur innewohnte, die weder dem Journalisten noch dem Historiker dienlich waren.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.10.2010

Überaus zufrieden zeigt sich Cord Aschenbrenner mit Jürgen Peter Schmieds Biografie des Publizisten Sebastian Haffner. Dass der Autor als Erster dessen Nachlass im Bundesarchiv ausgewertet hat, um den eigenwilligen, menschlich nicht immer einfachen Journalisten zu verstehen, weiß der Rezensent zu schätzen. Eingehend rekapituliert er das Leben Haffners, seine Abneigung gegen die Nazis, Emigration, Karriere in England. Die Darstellung Schmieds scheint Aschenbrenner überaus "redlich". Sie wird dem schillernden Journalisten und brillanten Stilisten in seinen Augen sowohl sprachlich als auch in seinem sicheren, abwägenden Urteil jederzeit gerecht.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 30.09.2010

Große Feuilletonisten sind genau nach Alexander Cammanns Geschmack, und so bewundert er in seiner Besprechung ausgiebig Sebastian Haffner, auch wenn es diesen in seinen Londoner Jahren und existenzsicherungsbedingt ins politische Fach verschlagen hat. Über die Biografie selbst sagt Cammann wenig, wir erfahren, dass ihr Autor Jürger Peter Schmied Haffners Nachlass erschlossen und herausgegeben hat. Ausführlich rekapituliert Cammann den journalistisch und politisch recht recht abwechslungsreichen Lebensweg Haffners, der - als Raimund Pretzel und Sohn bidlungsbürgerlicher Eltern in Berlins Prenzlauer Berg aufgewachsen - schon früh den Willen zur Vielschreiberei bekundete und bereits als 13-jähriger echte feuilletonistische Ambitionen zeigte: "Ich empfinde direkt Wollust, wenn man sich so um mich aufregt."