Irina Liebmann

Wäre es schön? Es wäre schön!

Mein Vater Rudolf Herrnstadt
Cover: Wäre es schön? Es wäre schön!
Berlin Verlag, Berlin 2008
ISBN 9783827005892
Gebunden, 415 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Rudolf Herrnstadt (1903-1966) war der sprachgewaltige und bekannteste Pressemann der Ostzone und der frühen DDR, bevor er aus der SED ausgestoßen und in die Provinz verbannt wurde. Aus einer bürgerlichen jüdischen Familie im oberschlesischen Industrierevier stammend, hatte er den aufziehenden Faschismus früh erkannt und beschlossen, nicht zu fliehen, sondern gegen ihn zu kämpfen. Er wurde Kommunist, verzichtete auf eine persönliche Karriere und ließ sich stattdessen von seiner Partei dort einsetzen, wo er gebraucht wurde. Der Bogen seines Lebens wie auch seiner Schriften führt von Berlin über Prag und Warschau nach Moskau und wieder zurück nach Berlin, wo er im Mai 1945 mit der Roten Armee eintrifft und die ersten Zeitungen Berlins mit aufbaut, dann die Presse der Ostzone. In der frühen DDR wird er die Parteizeitung leiten, ihre Propaganda offensiv vertreten, aber seine Position auch immer nutzen, um Neues in Gang zu bringen. Er wird der Erste sein, der öffentlich nach mehr Demokratie ruft und einen achtungsvollen Umgang mit den Menschen fordert. 1953 wird er als "Feind der Partei" aus der SED ausgeschlossen und seitdem totgeschwiegen. Das Buch belegt die Spannweite dieses Lebens.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.05.2008

Sehr beeindruckt zeigt sich Regina Mönch von dieser Recherche Irina Liebmanns in eigener Familiensache. Das Buch ist eine Biografie ihres Vaters, des Kommunisten Rudolf Herrnstadt, des Gründers von "Berliner Zeitung" und "Neues Deutschland". Liebmann hat ihren Vater gut gekannt - und war doch verblüfft von vielem, das ihr bei ihren Nachforschungen begegnet. "Brillant geschriebene" Leitartikel für das "Berliner Tagblatt" etwa, Texte, die in den von ihm gegründeten Zeitungen später niemals möglich gewesen wären. Herrnstadt war überzeugter Kommunist, aber blieb doch den Führungszirkeln der frühen DDR, denen er angehörte, fremd. Vor den kommunistischen Greueln der Sowjetunion, aber auch den Lebensverhältnissen in der DDR verschloss er lange die Augen. Nach dem Aufstand am 17. Juni aber wird er als "Verräter" in die Provinz geschickt, nach Merseburg, und aus den Geschichtsbüchern des Staates gestrichen. Überaus lehrreich findet Regina Mönch dieses Schicksal, das tief in die Geschichte des vergangenen Jahrhunderts führt. Sehr viel Respekt hat sie auch für diese "Liebeserklärung" einer Tochter, die ihren Vater vier Jahrzehnte nach seinem Tod neu kennengelernt hat
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.03.2008

Mit viel Sympathie schreibt Klaus Harpprecht vom Leben des Kommunisten Rudolf Herrnstadt und dem Buch, das ihm seine Tochter Irina Liebmann gewidmet hat. Eine Biografie im herkömmlichen Sinne sei dies auf keinen Fall, stellt der Rezensent klar, eher Erzählung, Chronik und Liebeserklärung. Ausführlich erzählt er Herrnstadts Leben nach, das ihn vom kommunistischen "Menschheitstraum" aus dem "Schoß der Bourgeoisie" zum sowjetischen Auslandsgeheimdienst und später nach Moskau führte, mit der Gruppe Ulbricht zurück nach Deutschland und an die Spitze des "Neuen Deutschland". Seine spätere Opposition zu Ulbricht machten ihn zur persona non grata. Gegen Ende seiner Rezension, an deren Anfang er den verdienten Leipziger Buchpreis anführt, schwindet Harpprechts Enthusiasmus ein wenig, dann stört er sich etwas am flapsigen Tonfall und etwas mehr an der Äquidistanz, die die Autorin zu Ost und West für gerechtfertigt hält.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.03.2008

Positiv hat Rezensent Joachim Hildebrandt die Erinnerungen Irina Liebmanns an ihren Vater Rudolf Herrnstadt (1903-1966) aufgenommen. Das Buch bietet in seinen Augen "neue Mosaiksteine" aus der Geschichte der DDR. Eingehend schildert er die Karriere Hernnstadts, der sich in jungen Jahren erfolglos als Dramatiker versuchte, um dann Chefredakteur des "Neuen Deutschland" und Mitglied des Politbüros der SED zu werden, die den glühenden Kommunisten allerdings ausschloss, als er 1953 die Partei kritisierte. Hildebrandt schätzt die Art, in der sich Liebmann ihrem Vater annähert. Sie stelle sein Verhalten in Frage, versuche es aber auch zu rechtfertigen und verweise auf die Widersprüche in Herrnstadts Leben. Obwohl der Stoff recht dramatisch ist, findet Hildebrandt das Buch "leicht" zu lesen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 12.03.2008

Das Genre des Familienromans, das in der BRD seit den 60er Jahren blüht, wird nun erst fast zwanzig Jahre nach dem Ende der DDR auch im Osten aufgegriffen, konstatiert Lothar Müller. Wie einst die Söhne und Töchter von Nazis widmen sich nun die Kinder von SED-Größen den Verirrungen ihrer Väter. Irina Liebmann schwankt in ihrem Buch über ihren Vater Rudolf Herrnstadt, Journalist, Mitglied des Politbüros, überzeugter Antifaschist und Stalinist, der 1953 wegen Kritik am DDR-Sozialismus aus dem Politbüro ausgeschlossen wurde, zwischen sachlicher Biografie und persönlichen Erinnerungen, konstatiert der Rezensent. Die Perspektive wechsle so auch zwischen einem distanzierten Blick in veröffentlichte und unveröffentlichte Quellen zu Herrnstadts Leben und selteneren Schilderungen aus dem Blickwinkel des Kindes, so Müller weiter, dem die Form des Buches allzu unentschlossen erscheint. Die beklemmende Geschichte des Vaters, der zwischen Antifaschismus und Stalinismus zerrissen war, lobt der Rezensent als durchaus fesselnd, Form und Stil dagegen vermögen Müller nicht zu überzeugen, wie er unmissverständlich klarmacht.
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