Ernst-Wilhelm Händler

München

Gesellschaftsroman
Cover: München
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2016
ISBN 9783103972078
Gebunden, 352 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Thaddea, Anfang 30, sehr wohlhabend, hat ihr Leben unter Kontrolle. Sie besitzt zwei spektakuläre Häuser in Grünwald und Schwabing und setzt ihre ersten Schritte in ein Leben als freie Therapeutin. Doch als ihre beste Freundin Kata sie mit ihrem Freund Ben-Luca betrügt, stürzt sie in ein Gefühlschaos. Sie beschließt, sich von beiden zu trennen, und nähert sich stattdessen Pimpi an, Ben-Lucas bestem Freund. Sie besucht Empfänge und Events der Münchner Society: die Party eines Fernsehproduzenten, eine Ausstellungseröffnung auf Schloss Herrenchiemsee. Der Schmerz bleibt. Hochsensibel beginnt sie zu erkunden, wo das eigene Ich die Welt berührt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.10.2016

Rezensent Friedmar Apel hat sich viel mehr versprochen von diesem Münchner Gesellschaftsroman von Ernst-Wilhelm Händler. Dass der Autor in seinem Buch Psychotherapie, Mode und Snobiety zusammenbringt, findet er erst mal gut, ist dann aber doch eher enttäuscht von der Ausführung. Das Beobachten der Schuhe und Accessoires, meint er, gerät dem Autor allzu gründlich bis ins Abstruse. Quälend die Beschreibungen der Schickeria, findet Apel. Denn am Ende bieten sie nur das Klischee des Altbekannten in einem viel zu weiten Mantel.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.09.2016

Für Ijoma Mangold ist Ernst-Wilhelm Händler der letzte Avantgardist des Realismus in der Gegenwartsliteratur. Denn der Autor stellt das Genre des Gesellschaftsroman auf den Kopf, erklärt der Kritiker, der hier keine Figuren mit reichem Innenleben oder erkennenden Subjekte, sondern überwiegend "kybernetische Zustände" antrifft. Wenn Händlers Heldin Thaddea, eine angehende Psychotherapeutin, ihren Patienten nicht mehr in den Kopf schaut, jenen dafür aber genau beobachtet, der Autor sich darüber hinaus in der minutiösen, geradezu "porentiefen" Schilderung aktueller Frauenmode als wahrer Kenner der Materie erweist, erscheint es dem Kritiker so, als sei bei Händler alles immer zugleich Subjekt und Objekt der Beobachtung. Diesen "antirealistischen Turn" des leidenschaftlichen Luhmannianers findet der Rezensent mutig und "anspruchsvoll".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.09.2016

Mit Bildungs-, Künstler- und Wirtschaftsromanen hat Ernst-Wilhelm Händler Rezensent Hans-Peter Kunisch bisher überzeugt. Entsprechend gespannt liest der Kritiker den ersten Gesellschaftsroman des "exzentrischen" Autors - und ist enttäuscht: Das liegt für Kunisch vor allem an Händlers Hauptfigur, der reichen Erbin Thaddea, die in ihrer "zickigen" Durchschnittlichkeit leider so "steril" wie alle anderen Figuren bleibt und die der Autor mit der gleichen "mokanten Apathie" betrachtet, wie Thaddea selbst ihre Umwelt. Leider verspielt Händler bei seiner hinkenden Heldin, die so angestrengt versucht, perfekt zu sein, ebenso jede Chance, sie zu einer mehrdimensionalen, abgründigen Figur zu machen, wie bei seinen Nebenfiguren, die bisweilen als "schlichte Karikaturen" auftauchen, klagt der Kritiker. Darüber hinaus ist dieses Buch, das Gesellschaftsroman sein will und doch keiner ist, nicht mal ein besonders gelungener Stadtroman, so der Kritiker, der hier nur durch Münchens Schicki-Micki-Milieu streift, dabei aber die "ironisch-spöttische" Konzentration eines Helmut Dietls vermisst. Auch vereinzelte Bonmots können den Rezensenten über seine Enttäuschung nicht hinwegtrösten.
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