Daniel Jütte

Das Zeitalter des Geheimnisses

Juden, Christen und die Ökonomie des Geheimen (1400-1800). Diss.
Cover: Das Zeitalter des Geheimnisses
Vandenhoeck und Ruprecht Verlag, Göttingen 2011
ISBN 9783525300275
Gebunden, 420 Seiten, 54,95 EUR

Klappentext

Die Frühe Neuzeit war das Zeitalter des Geheimnisses. Selten zuvor und niemals danach hat es in der europäischen Geschichte eine solche Faszination für Geheimnisse und Geheimhaltung gegeben. Dennoch ist dieser Bereich der Kultur- und Wissenschaftsgeschichte bisher nur wenig erforscht. Daniel Jütte untersucht den frühneuzeitlichen Geheimnisbegriff, rekonstruiert den Markt für Geheimnisse und zeigt, dass die jüdische Minderheit auf diesem Feld eine überragende Rolle spielte. Ihre Arkankompetenz in der Alchemie, Magie, Spionage und Technologie ist dabei nur ein Beispiel. Warum galten Juden in der christlichen Mehrheitsgesellschaft als Hüter eines genuinen geheimen Wissens? Die Studie bringt nicht nur neue Erkenntnisse für die jüdische Geschichte, sondern auch für die allgemeine Wissenschafts- und Kulturgeschichte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 24.04.2012

Dirk Pilz findet es verwunderlich, dass sich bislang niemand mit der "Ökonomie des Geheimen" zwischen dem 14. und dem 18. Jahrhundert auseinandergesetzt hat, einer Zeit als der Handel mit Geheimnissen und Geheimwissen blühte, und vermutet, dass dies an der Angst vor dem Vorwurf antisemitischer Klischees liegt. Der Rezensent lernt nämlich, dass es vor allem jüdische Gelehrte und Händler waren, die mit dem Geheimwissen Handel trieben, zugleich führt ihm Jütte aber auch vor Augen, dass dies früh antisemitische Ressentiments schürte. Einen überzeugenden Beleg für die exponierte Rolle der jüdischen Minderheit beim Handel mit Geheimnissen findet der gefesselte Rezensent im Kapitel über den Mathematiker, Alchemisten, Waffen- und Rollstuhlerfinder Abramo Colorni, dessen Biografie Jütte in seiner Studie nachzeichnet, wie der eingenommene Rezensent mitteilt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 01.02.2012

Gefesselt und genussvoll hat Urs Hafner Daniel Jüttes Erkundungen über den Handel mit Geheimnissen in der frühen Neuzeit goutiert. Die Dissertation schöpft vor allem aus italienischen und venezianischen Quellen und belegt nicht nur den wirtschaftlichen und sozialen hohen Rang, den das Wissen um Geheimnisse in der Zeit hatte, sondern auch welche herausragende Stellung die Juden im Geheimnishandel innehatten. Dabei betont der Rezensent, dass die nach einem "antisemitischen Stereotyp" klingende These in der frühen Neuzeit durchaus den Realitäten entsprach, was der Autor anhand ausgewählter Biografien zu untermauern weiß. Am konzentriertesten blickt er dabei auf den "Hofingenieur, Mathematiker, Alchemisten, Pulverhersteller, Kryptologen, Magus und Händler von Luxusgütern" Abramo Colorni, einem legendären "professore de'secreti" im 16. Jahrhundert, erfahren wir. Hafner zeigt sich höchst angetan vom Schreibstil und der originellen Argumentation des Autors und findet darin einen spannenden Ansatz zur "Neubewertung des Verhältnisses von christlichen und jüdischen "Wissenskulturen", wie er lobt. Und auch wenn der Rezensent spürt, dass Jütte selbst für den Reiz des Arkanen empfänglich ist, so muss er nirgends das kritische Urteilsvermögen des Historikers vermissen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.02.2012

Der Handel mit Geheimnissen war ein wichtiger Wirtschaftszweig der frühen Neuzeit, was David Motadel mit großem Genuss in Daniel Jüttes Buch nachlesen konnte. Der Autor macht deutlich, dass geheime Kenntnisse und Produkte die Möglichkeit der Zeit für sozialen und wirtschaftlichen Aufstieg bot, die insbesondere die jüdische Minderheit nutzte, so der Rezensent. Dass ihnen die "Geheimniskrämerei" aber auch negativ ausgelegt wurde und antisemitische Ressentiments befeuerte, wird bei der Lektüre ebenfalls klar, wie Motadel feststellt. Beispielhaft dafür steht das Schicksal von Abramo Colorni, der in der italienischen Renaissance in Fürstenhöfen ein und ausging, Zauberkunststücke, Rollstühle und neuartige Waffen ersann und am Ende beinahe gehängt wurde, wie der Rezensent verrät. Kenntnisreich, schön geschrieben und außerordentlich fesselnd findet der Rezensent die Geschichten von Jütte, und er kann das Buch uneingeschränkt empfehlen.
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