Hanns Zischler

Der zerrissene Brief

Roman
Cover: Der zerrissene Brief
Galiani Verlag, Berlin 2020
ISBN 9783869712079
Gebunden, 272 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

War es Fernweh, war es Liebesleichtsinn, der die 17-jährige Pauline 1899 aus ihrem fränkischen Dorf ins ferne New York ausbüxen ließ? Was hat damals den welterfahrenen Max dazu getrieben, ihr die enorme Summe von 2000 Goldmark zu geben und sie für gut zwei Jahre ganz allein in so weite Ferne zu schicken? Woher nahm er die Gewissheit, dass Pauline nach ihrer Rückkehr genau die richtige Gefährtin für seine ausgedehnten Reisen sein würde, die beide dann tatsächlich um die halbe Welt unternahmen - durchs Innere Asiens bis zur Halbinsel Kamtschatka? Sechzig Jahre später wird Pauline von der liebesenttäuschten jungen Elsa besucht, die sie in der Nachkriegszeit als Kind "per Brief adoptiert" hat. Gemeinsam durchwandern die beiden Frauen im Gespräch das tiefe Labyrinth von Paulines bis dahin verschollenen Lebensaugenblicken. Sie weben die bunten Fäden einer verloren geglaubten Zeit mit Hilfe von Briefen, Fotos, Notizen und Gedichten zu einem Stoff, dessen Muster erst nach und nach erkennbar wird.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.03.2020

Nicole Henneberg ist ganz bezaubert von Hanns Zischlers erstem Roman. Emotional wie kunstvoll die Sprache, perfekt die Spannungsbögen, leicht die Bilder, präzise die Details, findet sie. Zischlers eigensinnige Romanheldin, die 1899 als junges Mädchen aus Franken nach New York kommt, bleibt Henneberg lange im Gedächtnis. Die retrospektiv erzählte Geschichte, halb Reise-, halb Liebesgeschichte, die der Autor laut Henneberg als durch die Zeit stürmenden Dialog darbietet, hält die Rezensentin mit episodischen "kleinen Feuerwerken" mühelos bei der Stange.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 19.02.2020

Rezensent Arno Widmann liest Hanns Zischlers Debütroman mit einigem Genuss an Zischlers lässiger Maskerade, die es dem Autor ermöglicht, in fremden Zungen zu reden, genauer in "Sprachgesten des 19. Jahrhunderts". So kann er sprachlich mühelos eine zarte Sexszene in der Altmühl gestalten und seine über 80-jährige Erzählerin ihrer Enkelin über Krieg und Migration, Faschismus und Revolution erinnernd berichten lassen, freut sich Widmann. Action bietet der Text dagegen eher nicht, warnt Widmann, dafür aber Anspielungen aller Art, literarische vor allem.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.02.2020

Rezensent Paul Jandl stößt in Hanns Zischlers Roman "Der zerrissene Brief" auf viel Überschuss: Überall ist Seufzen und Schönheit". Jandl lässt sich das gern gefallen. Er schätzt den Schauspieler und Essayisten als "sensiblen Kulissenschieber des Kulturbetriebs". In der "schillernden und exotischen" geht es um Pauline und ihre verflossenen Liebschaften, um Schmetterlinge und Magie, Abenteuer und Schwindeleien. Eins kommt mit Zischlers Erzählen zum anderen, Heroisches paart sich mit Klischees und, und darauf legt Jandl besonderen Wert, beeindrucken absurdes Wissen.