Robert Harms

Das Sklavenschiff

Eine Reise in die Welt des Sklavenhandels
Cover: Das Sklavenschiff
C. Bertelsmann Verlag, München 2004
ISBN 9783570002773
Gebunden, 572 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Michael Müller. Eines der finstersten Kapitel in der Beziehung zwischen Altem Europa und Neuer Welt wird hier aufgeschlagen. Auf Basis eines jüngst entdeckten privaten Logbuches rekonstruiert Robert Harms die Reise des französischen Sklavenschiffes "Diligent" . Im Mai 1731 stach das ehemalige Getreideschiff von der bretonischen Küste aus in See. In Guinea wurde 'Ware' geladen, die in der Zeit des zunehmenden privaten Handels besonders gefragt war: Männer, Frauen und Kinder, die gewinnbringend verkauft werden konnten.
Robert Harms wirft einen erkenntnisreichen Blick auf die wirtschaftlichen Strukturen und beschreibt den gnadenlosen Alltag des Lebens an Bord. Zeile um Zeile zieht er den Leser in die Dunkelheit des Unterdecks. 256 namenlose Westafrikaner,wie Kornsäcke zusammengepfercht, sehen in erstickender Hitze ihrem grausamen Schicksal entgegen. Wer dem Tod entkommt, den erwartet ein Leben als Sklave auf den Zuckerrohrplantagen von Martinique. Robert Harms erzählt Geschichten von Gier, Unmenschlichkeit, Tod und der Unendlichkeit des Unglücks. Kurz: die Geschichte des Menschenhandels.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.10.2004

Als "Glücksfall, für die Forschung wie für den Leser" lobt Rezensent Florian Welle dieses "glänzend geschriebene Werk" des Historikers Robert Harms, das von der Fahrt des französischen Sklavenschiffs Diligent zu Beginn der dreißiger Jahre des 18. Jahrhunderts erzählt. Wie Welle berichtet, basiert Harms Studie auf dem erst kürzlich entdeckten privaten Bordbuch des 26-jährigen Robert Durand, der die Tagesabläufe an Bord des schwimmenden Gefängnisses "emotionslos und sachlich" geschildert habe. "Minutiös" rekonstruiere Harms anhand dieser Aufzeichnungen die eineinhalbjährige Reise des Sklavenschiffs, das mit 256 Afrikanern an Bord nach Martinique unterwegs war. In Durands Bordbuch sieht Welle ein "Täterdokument", dessen nüchterner Ton ihn erschüttert. Harms lege unter Hinzunahme einer Fülle an weiteren Quellen - Stadtbüchern, Gesetzestexten, Journalen - den Sklavenhandel als komplexes ökonomisches System frei. Besonders angetan hat es Welle die Anschaulichkeit, mit der Harms seine Geschichte erzählt. Er hält fest, dass manche Rezensenten kritisierten, das "Sklavenschiff" lese sich wie ein Roman. Zwar kann diese Art der fingierenden Geschichtsdarstellung als unwissenschaftlich erscheinen, so Welle, "sie macht das Lesen aber zu einem Genuss". Zudem könne man "Das Sklavenschiff" als einen Beitrag zum "Problem der Erzählung in der modernen Geschichtstheorie" (Hayden White) lesen.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 11.09.2004

Der Rezensent Jürgen Zimmerer ist absolut überzeugt von diesem "vielfarbigen Kaleidoskop" über die Verschleppung afrikanischer Sklaven, das die bisherigen Publikationen zum Thema sinnvoll ergänzt, weil es "eine Kulturgeschichte des Sklavenhandels" schreibt, "die das Individuelle hinter dem Allgemeinen hervortreten lässt". Zwar vermisst Zimmerer eine afrikanische Perspektive auf die Ereignisse. Die Quellen, auf die sich der Autor Robert Harms für die Rekonstruktion der Ereignisse, die den Kapitän eines Sklavenschiffes tatsächlich vor Gericht gebracht hatten - wenn auch aus den falschen, aus ökonomischen statt moralischen Gründen - sind größtenteils europäischer Herkunft. Doch das will Zimmerer gar nicht dem Autor vorwerfen - eher stellt er es als allgemeine Anregung in den Raum. Harms hat nämlich seiner Meinung nach eine sehr differenzierte Sichtweise auf die afrikanischen Akteure, die ihrerseits bisweilen "auf beiden Seiten der moralischen Linie agierten".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 24.03.2004

Nicht ganz zufrieden ist Rebekka Habermas mit diesem Buch zur Geschichte der Sklaverei. Zwar lobt sie, dass Robert Harms die Fahrt eines Sklavenschiffs zwischen 1731 und 1732 und die Bedingungen des Sklavenhandels im Frankreich des 18. Jahrhunderts "minutiös, sehr anschaulich und nicht ohne erzählerisches Talent" darstellt. Doch die Rezensentin stört sich daran, dass Harms' "eine Abenteuergeschichte" präsentiere, "in deren Mittelpunkt Europa oder Europäer stehen". Denn gerade in der Forschung zur Sklaverei haben nach Habermas die neuen Ansätze der "global history" gewinnbringend die Perspektive verändert. Schließlich gesteht die Rezensentin dem Autor aber zu, dass sich seine "reich bebilderte" und mit zahlreichen Exkursen versehene Darstellung sehr spannend lese.