Stefan Heidenreich

FlipFlop

Digitale Datenströme und die Kultur des 21. Jahrhunderts
Cover: FlipFlop
Carl Hanser Verlag, München 2004
ISBN 9783446205475
Gebunden, 222 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

Ob Musik oder Bilder, die heutigen Medien verarbeiten alles in Datenströme. Warum setzen sich bestimmte technische Formate durch und wie beeinflussen sie die Inhalte? Wie gehen wir in Zukunft mit Musik und Bildern um? Und welchen Einfluss hat das auf die Rolle der Künstler, auf die Kriterien für Originalität? Stefan Heidenreich gibt Antworten auf diese Fragen und zeigt, wie die Spielregeln der digitalen Kultur lauten könnten.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.02.2005

Alte Erkenntnis, solide für die Gegenwart neu belegt: "Kulturelle Phänomene" müssen - mindestens auch - "anhand der Charakteristiken der sie formatierenden Technologien beschrieben werden". Stefan Heidenreich, stellt der Rezensent Ulrich Gutmair fest, tut das ausschließlich und lässt aus seiner Analyse des Zustandekommens und der Ausprägung von digitalen Datenströmen die menschlichen Akteure - Produzenten und Nutzer - konsequent raus, und damit auch die "ideologischen Strukturen", die letztlich eben doch die "diskursive Gestalt" der digitalen Informationen mitbestimmen. Bei Heidenreich lautet die Formel: Kultur entsteht als "Überschuss" von in Betrieb gesetzter Informationstechnologie "von selbst". Und auch wenn Gutmair gegen die Absolutheit der Aussage etwas einzuwenden hat, findet er, dass sie der Qualität des Buches nicht schadet, das ihm besonders auf Grund der Fülle von Beispielen, Belegen und Anekdoten aus der Geschichte der Technologien zur Kommunikation zugesagt hat.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 31.01.2005

Stefan Heidenreich hat mit seiner Studie zur Auswirkung digitaler Datenströme und der wechselseitigen Beeinflussungen von Technik, kultureller Entwicklung und Wirtschaft einen "ehrgeizigen und dankenswerten" Beitrag zur Technik- und Mediengeschichte geleistet, freut sich Florian Coulmas. Der Autor macht in seiner "anschaulichen und sehr lesbaren" Analyse deutlich, dass die Veränderungen und Anwendungen durch neue Technik zumeist gar nicht vorhersehbar sind und liefert dafür gute Beispiele, preist der Rezensent. Er findet deshalb die These Heidenreichs, dass die Technik weniger ein "beherrschbares Werkzeug" als vielmehr eine "unabhängige Kraft" darstellt, die über die Ökonomie zur "kulturellen Anwendung" kommt, alles in allem ziemlich überzeugend. Die Beispiele wie die Entwicklung der Fotografie lobt Coulmas als überwiegend "beachtenswert und instruktiv". Manches dagegen, wie die Anwendung der Terminologie und Theorie von Ferdinand de Saussure auf die Analyse von Bildern und Texten kritisiert der Rezensent als gleichermaßen "gezwungen" und nicht recht schlüssig, und er stellt auch fest, dass alles, was nicht ganz in Heidenreichs These von der Entwicklung der "Speicherung und Übermittlung von Datenströmen" passen will, wie beispielsweise das Radio, vom Autor "unterschätzt" wird. Und manchmal passiert es dem Autor auch, dass er für einfache Phänomene viel zu komplizierte Erklärungen aufbietet, etwas, wenn er den Namen der populären Flipflops aus dem Ingenieurjargon ableitet, kritisiert der Rezensent. Trotzdem eine "insgesamt lehrreiche Studie", die Licht in so manchen "unausgeleuchteten Winkel" wirft, so Coulmas eingenommen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.11.2004

Vorsicht Medientheorie, scheint Klaus Lüber zunächst warnen zu wollen, aber dann lässt er sich auf Heidenreichs Theorie der "digitalen Datenströme" und ihrer kulturellen Widerspiegelungen doch ein und äußert sich sehr beeindruckt: Stefan Heidenreich erzähle nicht nur eine Technikgeschichte von großer Klarheit, die auf den Jahrmärkten der frühen Kinovorführungen beginnt, sondern er liefere zugleich ein "Erklärungsmodell für die Wechselwirkung von Kultur und Technik". Es scheint, als habe Heidenreich einen rhetorischen Kniff gefunden, um Begriffe aus der Technik auf kulturelle Phänomene zu übertragen, ohne in Jargon zu verfallen - und dieser Kniff besteht, glaubt man dem Rezensenten, in gedanklicher Durchdringung und sprachlicher Beherrschung. Am Ende äußert Lüber einen kleinen Zweifel: Worin besteht eigentlich die theoretische Berechtigung einen Begriffsübertagung vom Technischen aufs Kulturelle? Aber es tut seinem Erkenntnisgewinn keinen Abbruch. Auch wenn Heidenreich hier ein bisschen vage bleibt - das Buch wirkt insgesamt sehr anregend auf den Rezensenten.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 02.10.2004

Mehr als fünf oder sechs Computern werde man nicht brauchen, meinte 1946 der Harvard-Mathematiker Howard Aiken. Da hat er sich getäuscht. Wie sehr, das ist auch in diesem Buch zu erfahren, dass die neuesten Tendenzen in der Welt der Datenströme vorstellt und kulturtheoretisch einordnet. In der kurzen Rezension von "upj" wird eine These zum Verlust der Unmittelbarkeit durch digitale Medien angedeutet und nach den Konsequenzen der "Absenz des konkreten Menschen im digitalen Datenstrom" gefragt. "Anregend" findet der Rezensent den ganzen Band, besonders "lesenswert" das Kapitel zum Thema "Ich-Formate".