Spätaffäre

Sexy, aber nicht zu sehr

Vorschläge zum Hören, Sehen, Lesen. Wochentags um 17 Uhr
28.02.2014. Vampire sind auch nicht mehr das, was sie mal waren, stellt Ursula Michel fest. Dradio Kultur bringt Hörspiele über Krieg und Traumata von Peter Wagner und Erich Kästner. Arte präsentiert die echten Monuments Men. Und Alec Baldwin zieht sich aus der Öffentlichkeit zurück - öffentlich, versteht sich.

Für die Augen

Seltsam tableauhaft und undramatisch ist Hector Berlioz' "Faust"-Oper, dabei aber in vielen Moment musikalisch hinreißend, weil farbenreich, ohne dass das riesige Orchester je intransparent wird. Von den Chören dürfte auch Wagner einiges gelernt haben. Zur Zeit läuft an der Deutschen Oper Berlin Christian Spucks zur Recht gefeierte Inszenierung mit Clémentine Margaine, Klaus Florian Vogt und Samuel Youn. Allen, die sie jetzt nicht hören und sehen können, zeigen wir hier einen Mitschnitt aus Brüssel 2002 mit Susan Graham und Jonas Kaufmann in den Hauptrollen. (133 Min.)



Der Dokumentarfilm "Hitlers Madonnen" von Petra Dorrmann befasst sich mit von den Nazis eingelagerter und von den Alliierten geretteter Kunst. Die Retter, diese wahren "Monuments Men", unterscheiden sich ganz erheblich von denen, die George Clooney gerade im Kino präsentiert, stellte Jenni Zylka in der taz fest. In der Arte-Mediathek ist die Dokumentation noch bis zum 5. März zu sehen. (58 Min.)
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Für die Ohren

Zwei Hörspiele auf Deutschlandradio Kultur zu Krieg und Traumata. Zuerst "Die Briefeschreiberin" von Peter Wagner. Der Zweite Weltkrieg ist beendet. Ein Dorf in gespannter Erwartung. Ein LKW soll mit Kriegsgefangenen aus Russland unterwegs sein, die nun in die Heimat zurückkehren. (Regie: Götz Fritsch / Komposition: Wolfgang Danzmayr / Produktion: DLR Berlin/ORF 1996 / 60 Min.). Gleich anschließend ist Erich Kästners "Ringelspiel 1947" zu hören. (Regie: Hanns Korngiebel / Produktion: RIAS Berlin 1947 / 20 Min.)

Für den SWR2 führt Christian Möller durch die Geschichte der Maschinenstürmer und Technikfeinde. Hier zum Nachhören. (27 Min.)
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Für Sinn und Verstand

In einem Essay zeichnet die Filmjournalistin Ursula Michel auf Slate.fr nach, wie der blasse transsylvanische Vampir der old school im Lauf der Kinogeschichte zum amerikanischen Rockstar mutierte. Sie zeigt diese Verwandlung anhand zahlreicher Filmszenen, aus Polanskis "Tanz der Vampire" über Neil Jordans "Interview mit einem Vampir" bis zu "Buffy", "Twilight" und Jim Jarmuschs "Only lovers left alive". "Männlich, jung, amerikanisch mit Rockattitüde: so könnte das Phantombild des Vampirs im 21. Jahrhundert aussehen. Den alten rumänischen Grafen - halb Mensch, halb Fledermaus - in der Versenkung verschwinden lassend, ist der moderne Blutsauger ein Hochglanzmodell, geheimnisvoll, aber nicht furchteinflößend, sexy, aber nicht zu sehr, Vampir, aber kein Mörder. Eine Halbtonmodulation, die versucht, die ursprüngliche Animalität zu tilgen zugunsten einer kulturellen Künstlichkeit, auch was das Outfit angeht. Die subersive Kraft dieses Geschöpfs zu erhalten, indem man seine (soziale, physische) Radikalisierung vermeidet, es in der Rockkultur anzusiedeln, ohne es zu einem Außenseiterrebellen zu machen: Genau darin besteht die ganze Schwierigkeit der Modernisierung des Mythos."

Nach seinen jüngsten Scharmützeln mit Reportern, die ihm den Vorwurf der Homophobie eingetragen hatten, kündigt Alec Baldwin seine Hassliebe zur Presse auf und verabschiedet sich aus der Öffentlichkeit - öffentlich natürlich. In der Coverstory des New York Magazine spielt der Schauspieler jetzt beleidigte Leberwurst und erklärt, dass New York leider nicht mehr seine Auster sei, sondern, so wie der Rest der Welt, ein einziger schlechter Film auf deinem Smartphone: "Als Schauspieler hat man vor einer Kamera das instinktive Bedürfnis zu spielen, einen dramatischen Moment zu erschaffen. Das ist fatal, wenn jeder dauernd eine Kamera auf dich richtet. So werden vor allem deine Fehler millionenfach und bis in alle Ewigkeit reproduziert, denn du wirst immer nur an deinem miesesten Tag gemessen … Was die Presse betrifft, sind liberale und konservative Medien in dieser Hinsicht gleich … Alle sind über die Maßen voreingenommen und nur darauf aus, dich in einem falschen Moment zu erwischen. Unsere Herzen, das politische Leben werden nurmehr noch von Hass angetrieben. Wir sind die Hass AG." Good-bye, poor Mr. Baldwin. Und sicherlich bis bald.