Jean-Philippe Toussaint

Der USB-Stick

Roman
Cover: Der USB-Stick
Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2020
ISBN 9783627002732
Gebunden, 192 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Joachim Unseld. Jean Detrez ist als Leiter einer Abteilung der Europäischen Kommission mit Zukunftsforschung befasst. Er ist Zukunftsexperte - aber kein Experte seiner eigenen Zukunft. Diese hat sich seit seiner Trennung von Diane in Luft aufgelöst. Die Kommission beauftragt ihn mit einer Machbarkeitsstudie: Eine rein europäische Blockchaintechnologie soll künftig die Unabhängigkeit von China und den USA gewährleisten. Nachdem Detrez seine Ergebnisse im Europäischen Parlament vorgestellt hat, wird er von zwei Lobbyisten zur Seite genommen. Aus Neugier lässt sich Detrez auf konspirative Treffen in dunklen Hotelbars ein. Nach der letzten Begegnung findet er einen USB-Stick auf dem Boden, den einer der beiden dort verloren hat. Detrez prüft den Inhalt und stößt auf Ungeheuerliches: Es geht nicht um Forschungszwecke, sondern um Bitcoins und den geheimen Auftrag einer chinesischen Firma. Um den Betrug aufzudecken, nimmt er kurzentschlossen einen Flieger nach China, statt wie geplant direkt zu einer Konferenz nach Japan zu reisen. Für 48 Stunden weiß niemand auf der Welt, wo er sich befindet.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 14.05.2020

Rezensentin Sigrid Löffler geht mit einem schalen Nachgeschmack aus der Lektüre von Jean-Philippe Toussaints neuem Roman hervor. Zunächst scheint sie dem Autor begeistert zu folgen, wenn Toussaint einen für ihn typischen blassen Durschnittshelden, einen Zukunftsforscher der EU-Kommission auf der Spur von Cyber-Kriminellen, einführt und ihm bis nach China folgt. Stimmig scheint ihr die Anwendung der Erzählmuster des Polit-Thrillers, frisch das Thema Blockchain und überraschend so manche Wendung im Text. Doch dann lässt die Spannung urplötzlich nach, stellt Löffler fest, und der Autor befasst sich unvermittelt mit der dysfunktionalen Familiengeschichte seiner Figur. Ein Schwenk, der Löfflers Thriller-Erwartungen massiv enttäuscht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.05.2020

Rezensent Alex Rühle spürt eine "unbefriedigende Leere" nach der Lektüre von Jean-Philippe Toussaints neuem Roman. Es geht um einen eher biederen Zukunftsforscher auf Abwegen ins Ganoventum, zu Blockchain-Techies und chinesischen Wirtschaftspraktiken, erläutert der Rezensent. Leider nimmt Rühle dem Helden den Ausflug in die Halbwelt nicht ab, und Toussaints Qualitäten, lustvolle Verweise und Weitgereistheit, kommen im Buch zu kurz, findet der Rezensent. Stattdessen wirkt auf Rühle angelesen, was der Text über Bitcoins und China ausspuckt, und die Geschichte, die wie ein Noir beginnt, lässt ihn ganz kalt.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 06.03.2020

Rezensentin Dina Netz rät zum Griff nach einem anderen Roman von Jean-Philippe Toussaint. Toussaints neuer nämlich verhandelt das Toussaintsche Thema des Menschen, der sich selbst fremd ist laut Netz auf gähnend langweilige Art. Toussaints bekannte Romanzutaten, ein konturloser Erzähler, Psychologieverzicht und skurriler Horror, können Netz diesmal nicht überzeugen. Allzu gering scheint ihr das Interesse des Autors an seinem Zukunftsforscher Detrez und seinen auf Netz reichlich haarsträubenden Taten. Aus all den Brüchen und Splittern des Textes fügt sich für die Rezensentin kein Ganzes, oder jedenfalls keines, das sie gerne gelesen hat.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.03.2020

Grandios findet Rezensent Niklas Bender, wie Jean-Philippe Toussaint in seinem Roman disparate Teile miteinander verzahnt, einen Bitcoin-Krimi um einen Zukunftsforscher, einen in China spielenden surrealen Part und einen persönlichen Teil, in dem der diverse Ähnlichkeiten mit dem Autor aufweisende Held am väterlichen Totenbett über das Verhältnis zu den Eltern nachsinnt. Toussaints "ersten richtigen" Roman seit "Fernsehen" von 1997 hält Bender für gelungen, Buch und Autor begegnen ihm in hervorragender Form.
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