Navid Kermani

Ungläubiges Staunen

Über das Christentum
Cover: Ungläubiges Staunen
C.H. Beck Verlag, München 2015
ISBN 9783406683374
Gebunden, 303 Seiten, 24,95 EUR

Klappentext

Mit einer geradezu kindlichen Neugier steht Navid Kermani vor den großen und vor unbekannten Werken der christlichen Kunst. Er hadert mit dem Kreuz, verliebt sich in den Blick der Maria, erlebt die orthodoxe Messe und ermisst die Größe des heiligen Franziskus. Er lehrt uns, in den Bildern alter Meister wie Botticelli, Caravaggio oder Rembrandt auch die Fragen unserer heutigen Existenz zu erkennen - mit klarem Blick für die wesentlichen Details und die untergründigen Bezüge auch zu entfernt scheinenden Welten, zur deutschen Literatur, zum mystischen Islam und selbst zur modernen Heilgymnastik.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.10.2015

Wäre es Navid Kermani um eine theologische Diskussion gegangen, der hier rezensierende protestantische Theologe Friedrich Wilhelm Graf müsste ihn um größere begriffliche Prägnanz bitten und ihn auf die Widersprüche in seiner Annäherung an das Christentum aufmerksam machen. Kermani geht es aber in seinem Buch "Ungläubiges Staunen" um eine ganz persönliche Aneignung der christlichen, vor allem der katholischen Bildwelt, schreibt der Rezensent. Und vermittels seiner meditativen Bildbetrachtungen, die ganz in der Tradition mystischer Versenkung stehen, entstehe ein Bild des Christentums - das zuweilen protestantischer ist, als Kermani bewusst sein mag, erklärt Graf.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.10.2015

Katholische Bildwelten und ihre Potenziale lässt sich Rezensent Jan-Heiner Tück von Navid Kermani erschließen. Mit Freude folgt der Rezensent dem Blick des Muslim auf katholische Riten, Bilder und Lebenspraktiken und spürt eine muntermachende Neugier und einen wachen Blick für Leerstellen in Texten und Bildern. Etwa betreffend die Kindheit Jesu oder die Extase in religiösen Darstellungen bei Bernini und Botticelli. Das geht dem Rezensenten manchmal zu weit, überrascht ihn jedoch meistens durch "ansprechende" Volten, erfrischende Faszinationsbekundungen oder ostentativ subjektive Distanzmarkierungen des Autors, der, so Tück, Heilsgeschichte mit Menschlich-Allzumenschlichem und seinem persönlichen lebensweltlichen Kontext verbindet.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.09.2015

Suchtgefahr macht Rezensent Joachim Frank in Navid Kermanis beziehungsreichem Spiel mit Grundfragen menschlicher Existenz aus. Wenn Kermani Bildwerke des christlichen Abendlandes einer naiv subjektiven Analyse unterzieht, Apostelfiguren mit Tippkickern vergleicht oder die Erotik von Heiligendarstellungen herausarbeitet, ahnt Frank die Gewolltheit des Ansatzes, der den Leser zum Nachdenken anregen soll, wie er meint. Religion als lebendiges Geschehen erlebt Frank auf die Art, inklusive manch "christologischer Sinnspitze", hinter der der Rezensent Kermanis wahren Glauben zu erkennen meint, einen, der Religion, Ästhetik und Ethik stets zusammendenken möchte.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 29.08.2015

Navid Kermanis Betrachtungen und Deutungen von 40 Szenen des christlichen Glaubens in der Kunst überzeugen Martin Ebel mal mehr, mal weniger. Die Gemälde von Rembrandt, El Greco oder Caravaggio seien hier aber ohnehin nur Ausgangspunkte für allgemeinere Überlegungen zu Ethik und Religion, bemerkt der Kritiker. "Ungläubiges Staunen", so findet er, rechtfertige einmal mehr die diesjährige Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an Kermani, schließlich zeige die Studie, dass die elementaren Unterschiede zwischen Christentum und Islam nur in den radikalen Ausprägungen der beiden Religionen liegen würden, "nicht da, worauf es wirklich ankommen sollte".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.08.2015

Rezensent Johann Hinrich Claussen hofft, dass Navid Kermanis neues Buch "Ungläubiges Erstaunen" sein erfolgreichstes wird. Hymnisch fährt er fort: Dieses Buch über das Christentum erscheint Claussen als wunderschöner Beweis für wachsende Gelassenheit und gegenseitiges Interesse zwischen den Religionen. So folgt er angetan Kermanis sehr persönlicher Reise durch die christliche Bilderwelt, betrachtet mit ihm staunend und bewundernd Skulpturen und Gemälde von Gott, Maria, Jesus und den Heiligen, hält inne vor Werken Botticellis, Rembrandts, Caravaggios, aber auch weniger bekannter Künstler und verliert sich geradezu in den von Sympathie und Interesse getragenen, bisweilen meditativen Reflexionen des Autors. Besonders anregend findet der Kritiker Kermanis muslimische Assoziationen zu den christlichen Werken. Wäre der Begriff durch "kitschige Pastorenpoesie" nicht derart "verludert" würde der Rezensent mit Blick auf dieses wichtige, anspruchsvolle und Grenzen überwindende Buch am liebsten von "Erbauungsliteratur" sprechen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.08.2015

Von Kafka kam Navid Kermani zum Koran, und nicht etwa umgekehrt vom Koran zu Kafka, merkt Wofgang Huber, der einstige Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, in seiner Besprechung von Kermanis "Ungläubiges Staunen" an. Und vom Koran kam Kermani dann zum Christentum, nicht etwa im sinne einer Konversion, sondern wieder in ästhetischer Annäherung, so wie Kermani ja auch schon ein "Standardwerk über die ästhetische Schönheit des Korans" geschrieben hatte. Wichtige Weichen für dieses neue Buch wurden durch ein Stipendium der Villa Massimo gesetzt, wo Kermani in den prächtigen Gemälden der Gegenreformation die bildliche Schönheit des Christentums erblickte. Leider, so Huber, verschließt ein bloß ästhetizistischer Blick aufs Christentum doch einige wesentliche Aspekte der Religion. Besonders traurig ist Huber dabei, dass Kermani den Protestantismus als "formlos" und "unerotisch" abtut. Inhaltlich hätte er doch zum Beispiel die Lehre von der Mündigkeit der Gläubigen zu bieten gehabt, so Huber. Aber Huber schließt alles in allem versöhnlich, weil Kermani ein Loblied auf die christliche Nächstenliebe und den offenbar schon von Franz von Assissi angestoßenen Dialog mit dem Islam singt.
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