Douglas Coupland

Alle Familien sind verkorkst

Roman
Cover: Alle Familien sind verkorkst
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2002
ISBN 9783455011760
Gebunden, 336 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Übersetzt aus dem Amerikanischen von Tina Hohl. Es ist das Jahr 2001, und die Drummond-Familie ist nach Jahren zum ersten Mal wieder vereint. Mutter Janet, ihr Ex-Mann Ted und die beiden großen Söhne samt Freundinnen wollen Zeugen sein, wenn der Hoffnungsträger der Familie, die geliebte Tochter und Schwester Sarah, von Cape Canaveral ins All abhebt. Doch unvorhergesehene Ereignisse verstricken die Drummonds in eine Kette krimineller Abenteuer, die den Anlass ihres Zusammenkommens verblassen und sie umso enger zusammenrücken lässt: Ein Amoklauf in einem Schnellimbiss, mit Babys handelnde Sado-Freaks und ein deutscher Pharma-Erbe, der sich als Rettung für den angeschlagenen Familien-Clan entpuppt, werden zu einer Begegnung der dritten Art mit einer Subkultur, die die Drummonds geradezu normal aussehen lässt...

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.05.2003

Ins Auge fallen Bernadette Conrad die "Parallelen zu der berühmt gewordenen Familie Lambert" aus Jonathan Franzens "Korrekturen. Ähnlichkeiten in der Familienstruktur seien aber weitestgehend das einzig verbindende mit Franzen: "gröber" sei das gezeichnete Familienportrait Couplands, "kaputter" und "brutaler" die "verkorkste Familie". Auch im Nachzeichnen von "amerikanischer Familienwirklichkeit" gingen Franzen und Coupland verschiedene Wege, so die Rezensentin. Coupland verstehe zwar "zu irritieren", aber die an manchen Stellen nötige "Ironie und Subtilität" fehle ihm, so dass die Glaubwürdigkeit des Romans darunter leide. "Grundsätzliche sprachliche Schwächen" und "logische Brüche, die zu echten Sprachpannen führen" lassen Bernadette Conrad in ihrer Kritik fortfahren. Letztlich muss sie "immer" wieder über die "Schwächen" des Buches hinwegsehen, um sagen zu können: "Lesenswert als weiterer Baustein zu einem Amerika-Bild ist der Roman durchaus."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 12.10.2002

Ziemlich angetan ist Jutta Person von diesem "Potpourri aus unheilbaren Krankheiten, abgebrochenen Beziehungen und grandiosem Galgenhumor", das Douglas Couplands neuen Roman ausmacht. Das liegt daran, dass die Geschichte nicht nur auf der unterhaltsamen Ebene der cartoonhaften Überzeichnungen und des Slapsticks funktioniert, sondern diese transszendiert. Nach dem Eindruck der Rezensentin legen die Protagonisten "fast ironiefrei Rechenschaft über ihr beschädigtes Leben ab und erreichen dabei eine erstaunliche Zartheit". Der "zeitgeistige Akzent" kommt aber nicht aus der verkorksten Familie (die die Rezensentin in diesem Falle auch - anders als der Titel suggeriert - für alles andere repräsentativ hält), sondern aus der Bezugnahme auf die Gentechnik und die "Monstrositäten moderner Medizin". Diese thematische Verbindung ist nach Persons Meinung "ein gelungener Coup" und führt zudem zu einem "sprachlich beeindruckendem Feuerwerk der F-Wörter."
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.10.2002

Gustav Mechlenburg findet durchaus nachvollziehbar, dass der kanadische Autor Douglas Coupland, der seinerzeit als Erfinder des Begriffs "Generation X" und Autor des gleichnamigen Romans bekannt wurde und dieses Etikett auch nie wieder loswurde, aus dieser Nische heraus will und sich deshalb heute "allgemeineren Fragen des modernen Subjektentwurfs zuwendet". Doch leider scheint ihm auf diesem Weg auch der Wille zum Analysieren abhanden gekommen zu sein. In seinen letzten Büchern dominierte ein "Effekte erhaschender Sarkasmus, der gar nicht mehr beabsichtigt, irgendetwas zu entlarven", kritisiert der Rezensent. Von dieser Tendenz ist nach Mechlenburg auch sein neuer Roman nicht frei, den er als "sarkastische Krimikomödie" bezeichnet. Trotzdem steckt in dem Buch, in dem eine schräge Familie endlos bizarre Szenarien durchlebt, doch auch einiges Lohnenswerte. Zum Beispiel findet der Rezensent die "ironische Beschreibung des 'Science-Fiction-Planeten Florida' großartig. Auch "von menschlichen Abgründen" verstehe der Autor einiges - insofern ist es auch nicht wirklich bedauerlich, dass die Analyse neuerdings bei dem Autor außen vor bleibt, denn ein "Gesellschaftskritiker" ist er in den Augen des Rezensenten sowieso nicht.