Siegfried Kracauer

Geschichte - Vor den letzten Dingen

Werke in neun Bänden, Band 4
Cover: Geschichte - Vor den letzten Dingen
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009
ISBN 9783518583449
Gebunden, 645 Seiten, 54,00 EUR

Klappentext

Unmittelbar nach Abschluss der "Theorie des Films" (1959) begann Siegfried Kracauer mit den Vorarbeiten zu einer Theorie der Geschichte und der Geschichtsschreibung."Blitzartig"seien ihm die vielen Parallelen zwischen der Historiographie und den Medien Film bzw. Photographie, zwischen historischer Realität und Kamera-Realität klargeworden. Beiden gehe es um die Enthüllung der Realität, auch der unscheinbaren, bisher übersehenen. In seinem Buch über die Geschichte spiegeln sich Kracauers intensive Auseinandersetzungen mit den theoretischen Vorstellungen großer Historiker wie Leopold von Ranke, Jakob Burckhardt oder Marc Bloch und die zahlreichen Gespräche mit zeitgenössischen Historikern.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.04.2010

Ist es endlich soweit? Nach der Ära des posthegelianischen und postmarxistischen Geschichtsglaubens, frohlockt Wolfgang Matz, könnte die Zeit reif sein für Siegfried Kracauers skeptischen, nüchternen, realistischen Blick auf Geschichte. Die vorliegende Neuausgabe von Kracauers erstmals 1971 auf Deutsch erschienener Untersuchung begrüßt Matz fast uneingeschränkt. Indem er Literaten wie Proust, Joyce und Tolstoi zum Thema Zeit befragt, setzt sich der Außenseiter Kracauer für Matz damit als unabhängig Reflektierender von der Wissenschaftsgläubigkeit der Historiografen und Philosophen ab. Die alte, durchgesehene Übersetzung hält dem kritischen Blick des Rezensenten ebenso stand wie das Nachwort. Der Stellenkommentar entlockt Matz allerdings mehr als einmal ein Lachen: Den Begriff "Historismus" ausgerechnet hier erklärt zu bekommen, hätte er nicht erwartet. Und wer Joyce, wie hier geschehen, auf die Technik des "inneren Monologs" reduziert, findet er, erreicht gerade mal Proseminarniveau.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.02.2010

Höchst beeindruckt hat Thomas Meyer diese letzte, Fragment gebliebene Schrift Siegfried Kracauers gelesen. Eine "Theorie der Geschichte", die er als Fortsetzung früherer, bedeutender Arbeiten wie "Von Caligari bis Hitler" gelesen hat, obwohl es ihn bei Lesen immer wieder erstaunt, dass Kracauer sich erst so spät im Leben mit Grundfragen der Geschichte befasste. Auch verneigt er sich tief vor Ingrid Belke, der Herausgeberin dieser Neuedition. In unglaublicher Anstrengung habe sie die offensichtlichen und geheimen Quellen dieser Arbeit zusammengetragen und in einem Kommentar "quasi als zweite Monografie innerhalb dieser Ausgabe" präsentiert.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.01.2010

Volker Breidecker erzählt von der verwirrenden Editionsgeschichte dieses innerhalb der Kracauer-Werkausgabe vorliegenden Bandes, um uns die kontroverse Rezeption der hier autobiografisch gespiegelten intellektuellen Biografie Kracauers vor Augen zu führen. In diesem Zusammenhang verweist er auf die fragwürdige Streichung eines Vorworts des Kracauer-Freundes Paul Oskar Kristeller durch die Herausgeberin Ingrid Belke. Ein Vorgang, der laut Breidecker ins neuralgische Zentrum des Buches führt, zu seinen avantgardistischen Qualitäten. Dankbar zeigt sich der Rezensent allerdings für eine "revidierte, eindeutigere" Neuübertragung von Kracauers klarer angelsächsischer Prosa, für die Chance, Kracauers in Korrespondenz mit Leo Strauss, Aby Warburg oder etwa Hans Blumenberg entwickelte Auseinandersetzung mit dem prekären Verhältnis des Allgemeinen und des Besonderen oder mit dem Bild des Historikers als eines Fremden zu verfolgen. So schwierig das klingt, eigentlich, so Breidecker, sei alles "wunderbar klar beschrieben und geschrieben" in diesem Buch. "Man muss sich nur darauf einlassen."
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