Miles Harvey

Gestohlene Welten

Eine Kriminalgeschichte der Kartografie
Cover: Gestohlene Welten
Karl Blessing Verlag, München 2001
ISBN 9783896670793
Gebunden, 350 Seiten, 21,47 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Andrea Ott. Gilbert Bland, ein passionierter Sammler und Liebhaber wertvoller alter Landkarten, stahl jahrelang die schönsten Exemplare aus amerikanischen Universitätsbibliotheken. Diese Kriminalstory nutzt der Autor, um über die historische Bedeutung der Karten und ihre Herstellung zu erzählen wie auch über die politische und wirtschaftliche Macht, die diese Land- und Seekarten in früheren Jahrhunderten darstellten. Einen großen Bogen schlägt Miles Harvey von der Kunst des Kartenzeichnens in europäischen wie arabischen Ländern seit der Mitte des 13. Jahrhunderts - besonders geht er auf die kartografischen Arbeiten von Mercator ein, der durch seine Karte von Europa (1554) und seine Weltkarte für Seefahrer (1569) seinen Ruf als bedeutendster Kartenzeichner seiner Zeit begründete - bis hin zu Satellitenaufnahmen, die ausschlaggebenden Einfluss auf strategische Militäraktionen hatten, beispielsweise im Golfkrieg. Anschaulich beschreibt er die handwerkliche Meisterschaft früher Kartografen, die in Unkenntnis der Gegebenheiten mancher Länder oder Erdteile ihrer Phantasie freien Lauf ließen und Fabelwesen dekorativ auf ihre Karten platzierten. Der Autor beleuchtet die Welt der fanatischen Land- und Seekartensammler, reicher Karten-Mogule, die den Markt unter sich aufzuteilen versuchen, und der neuen Fans, die sich nicht so sehr am Wert, als vielmehr an der Schönheit dieser alten Kunstwerke heransehen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.07.2001

Miles Harveys Buch ist einzigartig, denn eine Geschichte der Kartographie und der Entdeckungsreise habe es bisher noch nie gegeben und schon gar nicht als Kriminalgeschichte und vom Einzelfall ausgehend, stellt Gerald Sammet fest. Der Kartendieb Gilbert Bland war auf der Jagd nach dem Glück, um letztlich festzustellen, dass seine Besessenheit eher der Jagd als dem Glück galt. Er, der in amerikanischen Bibliotheken mit der Rasierklinge die Atlanten verfälscht, hatte im Grund dieselbe Motivation wie der Eroberer Columbus. Beiden ging es um Grenzverschiebung, erklärt der Rezensent. Mit ihren Karten verschafften sie sich die Sicherheit, die ihnen eigentlich fehlte, vermutet Sammet. Der Autor, der sie dabei beobachtet, weicht, nachdem fast alle Grenzen überschritten sind, vor der letzten zurück, weil sie seine Identität auflösen und ihn zu einem Menschen machen würde, der er nicht sein will, bemerkt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.03.2001

Michael Althen gefällt die Lektüre von Miles Harveys Buch über die Geheimnisse der Kartografie, obwohl er findet, dass die Eingangskonstruktion über einen vor wenigen Jahren gefassten Kartendieb nicht besonders tragfähig ist. Mit "journalistischem Spürsinn" versammelt Harvey Recherchen zum gegenwärtigen Stand der Kartografie, die er bei Händlern, Restauratoren, Sammlern, auf Auktionen und in Bibliotheken zusammengetragen hat, so der Rezensent. Dass die Geschichte der Kartografie von jeher eine Kriminalgeschichte war, zeige der Autor am Beispiel der "trap streets". Das sind erfundene Straßen, die es dem Kartenhersteller ermöglichen, das Copyright zu überprüfen. Ein anderes Beispiel ist der Nato-Schlag gegen Jugoslawien, bei dem versehentlich die chinesische Botschaft getroffen wurde. In seiner Kriminalgeschichte führt der Autor seine Leser immer wieder an den Punkt, "wo Realität und Abbild auseinander klaffen", lobt Althen.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de