George L. Mosse

Aus großem Hause

Erinnerungen eines deutsch-jüdischen Historikers
Cover: Aus großem Hause
Ullstein Verlag, München 2003
ISBN 9783550075834
Gebunden, 398 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

George L. Mosse, am Ende des Kaiserreichs in Berlin geboren, in der Weimarer Republik aufgewachsen, von den Nazis in die Emigration gezwungen und als Historiker des 20. Jahrhunderts berühmt geworden, stammt aus einer bedeutenden deutsch-jüdischen Familie des klassischen Bildungsbürgertums. In seiner Autobiografie erzählt der Weltbürger und Humanist mit dem für ihn so typischen Humor von seinem erfüllten Leben voller Brüche und Widersprüche.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.02.2004

Ausgesprochen interessant findet der Rezensent mit dem Kürzel "sab" die Autobiografie von George L. Mosse, Sohn des Pressemagnaten Rudolf Mosse - schon allein, weil Mosse eine aufregende Lebensgeschichte hatte. Er wuchs in Deutschland großbürgerlich auf, musste mit seiner Familie 1933 fliehen und ließ sich letztendlich im amerikanischen mittleren Westen nieder, wo er eine herausragende akademische Karriere als Historiker verfolgte. Darüber hinaus hat er seine Lebensgeschichte - die eines "Außenseiters", der aber "konventionell gelebt" hat - auch noch sehr ansprechend aufgeschrieben: "Ohne Larmoyanz und auch ohne Psychologismus hat er die Überwindung von Selbstzweifeln und seinen geistigen Werdegang zum Bildungsroman stilisiert".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.11.2003

Als "bewegend und unkonventionell" würdigt Rezensent Julius H. Schoeps diese Autobiografie des unlängst verstorbenen deutsch-jüdischen Historikers George L. Mosse. In Mosses Lebensgeschichte sieht Schoeps die Geschichte des 20. Jahrhunderts in ihren Höhen und Tiefen exemplarisch gespiegelt. 1918 in einer der reichsten und namhaftesten Berliner Familien hinein geboren, verbrachte Mosse seine Kindheit im großbürgerlichen Milieu, bis die Machtergreifung Hitlers ihn und seine Familie ins Exil zwang. Als jüdischer Flüchtling und wegen seiner Homosexualität habe sich Mosse immer als Außenseiter empfunden. Schoeps vermutet, dass Mosse auch wegen dieser Außenseitererfahrung zu einem der "unkonventionellsten und produktivsten Historiker" des 20. Jahrhunderts wurde. In Mosses Büchern wie "Germans and Jews", "Die Nationalisierung der Massen" oder "Nationalismus und Sexualität", erblickt Schoeps jedenfalls auch den Versuch, "sich mit sich selbst und den eigenen Lebenserfahrungen auseinander zu setzen".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.10.2003

Michael Brenner ist, abgesehen vom Titel der deutschen Ausgabe, sehr eingenommen von den Lebenserinnerungen des 1999 verstorbenen Historikers, sehr eingenommen. George L. Mosse hatte als Jude und Homosexueller in Deutschland mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen und floh "buchstäblich in letzter Minute" vor den Nazis zunächst in die Schweiz und dann nach Amerika, erklärt Brenner. Trotzdem neige der Autor nicht zum "Lamentieren", sondern schildere "bewegend", mitunter auch "schelmisch" sein Leben, so der Rezensent angetan. Insbesondere den Umgang mit seiner Homosexualität sieht Brenner als einen wichtigen Teil seiner Identität eingehend geschildert. Dieses Buch stellt nicht nur die Lebensgeschichte Georges Mosses, sondern ein "Stück deutscher Kultur- wie auch Unkulturgeschichte" dar, lobt der Rezensent beeindruckt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.10.2003

Ein "Übermaß an Geschichte", schreibt Christian Geulen, prägte das Leben des Historikers George L. Mosse, und so sei es kein Wunder, dass die Erzählung seines Lebens, so persönlich sie auch sein mag, sich auch zu einer "politischen Geschichte des 20. Jahrhunderts" füge. Mosses Generation, vermutet Geulen, sei ein "besonders ausgebildetes Bewusstsein" zu eigen, "von der großen, überindividuellen Geschichte nicht nur geprägt, sondern regelrecht gepackt worden zu sein", so dass die professionelle Beschäftigung mit ihr "vor allem der eigenen Selbstbehauptung gegenüber dieser Geschichte diente". Das gelte auch für die Autobiografie des Enkels des Berliner Medienmoguls Rudolf Mosse, der vor den Nazis nach England und weiter in die USA floh, wo er bis zu seinem Tod lebte: Sie sei "eine ständige Arbeit" daran, "jenen historischen Kategorien" zu entkommen, "die seine Biografie ausmachen: der Deutsche, der Jude, der Amerikaner, der Liberale, der Homosexuelle, der Historiker". Die Erzählung eines Lebens, das zwangsläufig auch Zeugnis der Geschichte ablegt - ein überaus "lesenswertes" Buch, an dem der Rezensent nur den unnötig reißerischen deutschen Titel beklagt.