Friedrich Balke, Gregor Schwering, Urs Stäheli (Hg.)

Big Brother

Beobachtungen
Cover: Big Brother
Transcript Verlag, Bielefeld 2000
ISBN 9783933127631
Broschiert, 264 Seiten, 19,43 EUR

Klappentext

"Big Brother" kündigt die "reality soap" als ein exemplarisches Unterhaltungsformat der Multimedialität an, das von der Faszination durch den Alltag zehrt. Wenn "reality" zur "soap" und "soap" zur "reality" wird, dann versagen die herkömmlichen Kategorien der Kulturkritik: Statt Flucht in Traumwelten bietet "Big Brother" den (eigenen) Alltag als Zufluchtsort an. Die hier versammelten Beiträge nehmen diese Provokation auf und erproben neue Perspektiven, um der Faszination durch "Big Brother" nachgehen zu können. Welche Bedeutung hat der Voyeurismus für "Big Brother"? Worin liegt das Spektakuläre eines Medienexperiments? Wie werden authentische Identitäten erzeugt? Welche Machtformen und -techniken kündigen sich in "Big Brother" an? Was geschieht mit dem Verhältnis von Öffentlichkeit und Privatheit? Welche Orte des Politischen und des Widerstands bietet "Big Brother"?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 05.03.2001

Big Brother und ähnliche Sendungen wie Girls Camp sind in aller Munde. Und in aller Kritik. Esther Ruelfs wundert es nicht, dass sich nicht nur Merchandiser und Zweitverwerter, sondern auch die Wissenschaften des Phänomens annehmen und mit ihren Analysen Aktualität, Bürgernähe und Relevanz vorführen möchten.
1): "Big Brother. Beobachtungen"
Auch wenn die Rezensentin kein eindeutiges Urteil abgibt und lediglich die zentralen Thesen der Untersuchung referiert - der Sammelband scheint ihr gefallen zu haben. Die Autoren, berichtet Ruelfs, gehen davon aus, dass die Sendung gesellschaftliche Entwicklungen aufgreift und verarbeitet. Die könnten nun wiederum - in zweiter Instanz - von den Wissenschaften analysiert werden. Der Container, schreiben die einen, sei ein Panoptikum, dass seine Bewohner auch ohne laufende Kameras dazu verleite, sich zu inszenieren. Andere vergleichen Big Brother mit einem Assessment-Center, in dem es darauf ankommt, verschiedene Rollen zu spielen und Strategien zu verfolgen, um letztlich besser als die anderen abzuschneiden, berichtet die Rezensentin.
2) "Big Brother: Inszenierte Banalität"
Über diesen Sammelband äußert die Rezensentin hingegen deutliche Kritik. Abgesehen von einigen guten Beiträgen hält Ruelfs die Ausführungen der Autoren für eine kulturpessimistische Sammelklage. Von gefährdeter Menschenwürde, nivellierter Privatsphäre, missachteter Intimsphäre und gesunkenem Niveau sei hier die Rede, ärgert sich Ruelfs. Anstatt Big Brother als Untersuchungsgegenstand zu betrachten, werde hier im Selbstverständnis altbekannter Hochkultur der Verfall der Sitten beklagt. Dabei könnten die Autoren sich doch ganz entspannt zurücklehnen, meint Ruelfs. Sie glaubt, dass sich die Attraktivität von Big Brother und ähnlichen Formaten eh bald von selbst erledigt.