Wolfgang Welsch

Ich war Staatsfeind Nr. 1

Als Fluchthelfer auf der Todesliste der Stasi
Cover: Ich war Staatsfeind Nr. 1
Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2001
ISBN 9783821816760
Gebunden, 445 Seiten, 25,46 EUR

Klappentext

Nach einem Fluchtversuch in den Westen wurde Wolfgang Welsch zu zehn Jahren Haft verurteilt und unter der Regierung Brandt 1971 frei gekauft. Sieben Jahre Gefängnis Bautzen, Misshandlungen bis zur Scheinhinrichtung lagen hinter ihm. Sein Hass auf dieses System machte aus dem jungen Lyriker einen der erfolgreichsten Fluchthelfer: Mehr als 200 Ostdeutsche wurden von seiner Organisation aus der DDR geschleust. Zur Liquidation dieses Staatsfeindes rief die Stasi eigens die "Operation Skorpion" ins Leben, die mehrere Anschläge auf Welsch verübte. Die Hintergründe konnten erst Jahre später durch die Gauck-Behörde aufgeklärt werden. Der verantwortliche General brachte sich daraufhin um. Ein früherer "Freund" entpuppte sich als Agent des MfS und konnte trotz neuer Identität überführt und verurteilt werden. Mit diesem Prozess wurde dem MfS 1994 erstmals nachgewiesen, dass es Staatsfeinde liquidieren ließ.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.08.2001

"Spannend und flüssig geschrieben" findet Joachim Nawrocki die Autobiographie von Wolfgang Welsch. Außerdem hält er es für wichtig, dass über erlebtes Unrecht in der DDR noch mehr geschrieben und von einer breiteren Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Aber Nawrocki hat eine grundsätzliche Kritik an dieser Autobiographie, sie ist ihm zu subjektiv. Erinnern ist immer subjektiv, räumt er ein, doch Welsch finde "keinen Abstand". So bemängelt der Rezensent das sämtliche Dialoge in "direkter Rede" widergegeben werden, selbst wenn der Autor nicht dabei gewesen sei. Das ruft "Skepsis" in Nawrocki hervor.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.05.2001

Gut, die Rezensentin ist Historikerin, aber etwas mehr zur Art und Weise der Präsentation dieses Lebensweges, an dem sich ihrer Meinung nach im Detail nachvollziehen lässt, wie der SED-Staat sich seine Gegner selbst heranzüchtete, hätten wir von Annette Weinke doch wohl erwarten dürfen. Die Entwicklung des Republikflüchtlings Welsch zum Leiter einer der effizientesten bundesdeutschen Fluchthelferorganisationen und damit zum Staatsfeind Nr. 1 der DDR in Ehren, aber das geben die 450 Seiten des Bandes ja hoffentlich glänzender wieder als ein paar Zeitungsspalten. Informationen darüber, wie sich des Autors "latentes Gefühl einer doppelten Ausgrenzung" im Text niederschlägt (durch Vergleiche des DDR-Haftalltags mit der NS-Vergangenheit), darüber auch, was der Mann bis heute von der Entspannungspolitik hält (ganz wenig), sind dagegen Gold wert.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.05.2001

Detlef Kühn rät, die Fakten des Buches über die Arbeitsweise und die Erfahrungen Welschs, der als Fluchthelfer aus der DDR arbeitete und unter anderem drei Mordversuche der Stasi überlebt hat, mit Vorsicht zu genießen, da nicht alle Details glaubwürdig seien. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum er dieses Buch mit "gemischten Gefühlen" gelesen hat. Was ihn außerdem enorm stört, ist die "Selbstgefälligkeit", die der Autor an den Tag legt. Es geht Kühn auf die Nerven, dass sich Welsch derart in der "Rolle des einsamen Kämpfers" gegen die DDR-Staatsmacht gefällt und mitunter findet er die Verurteilungen anderer Menschen, insbesondere der eigenen Frau und Tochter, von denen Welsch sich verraten fühlt, ungerecht. Alles in allem aber, so gibt der Rezensent zu, ein "spannender Politkrimi", der interessante Einblicke in das Leben als Fluchthelfer biete - auch wenn dessen Informationen nicht immer zuverlässig seien.
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