Walter Kappacher

Der Fliegenpalast

Roman
Cover: Der Fliegenpalast
Residenz Verlag, St. Pölten 2009
ISBN 9783701715107
Gebunden, 172 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

August 1924: H. ist auf der Rückreise und macht Halt in Fusch, einem Kurbad in den Salzburger Alpen, wo er mit seinen Eltern vor dem Krieg lange Sommer verbrachte. Inzwischen hat sich viel verändert: Freunde sind ihm abhanden gekommen, sein Ruhm liegt Jahre zurück, sein Schaffen ist bedroht von einer labilen Gesundheit und den leisesten Störungen. Auch im abgelegenen Bad Fusch hat die neue Zeit Einzug gehalten, an der er nur mehr als Beobachter teilnimmt, der sich selbst zunehmend fremd geworden ist. Bei einem Spaziergang wird H. ohnmächtig. Als er wieder zu sich kommt, lernt er den jungen Doktor Krakauer kennen, den Privatarzt einer Baronin. Auch er ist ein Rückkehrer in einer fremden Welt. H. sucht dessen Freundschaft, doch da ist die Baronin und da ist die Einsamkeit, der er nicht mehr entkommt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 27.05.2009

Ganz angetan ist Hans-Albrecht Koch von Walter Kappachers Hofmannsthal-Roman, der vom Aufenthalt des 50-jährigen Dichters in einem heruntergekommenen Grand Hotel erzählt. Auch wenn die Besprechung nach der Zuerkennung des Büchner-Preises für Kappacher erscheint, geht sie nicht auf diesen Umstand ein. Viel passiert nicht in dem Buch: der stets H. genannte Hofmannsthal lernt einen Dr. Krakauer kennen, der in Begleitung einer Baronin ist, deren Eifersüchteleien die Gespräche der beiden Männer stören. Koch hat das Buch als "Porträt des Dandys als alter Mann? gelesen, thematisch kreist es für ihn vor allem um die schmerzvolle "Einsicht in die Nichtwiederholbarkeit?. Besonders lobt er Kappachers Prosa, die ihm "dezent? und "unkompliziert? erscheint und mit feinen Beobachtungen Stimmung erzeugt. Sein Fazit: ein Roman von "unauffälliger Schönheit?.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.05.2009

In Bad Fusch hat Hugo von Hofmannsthal einige seiner berühmten, vollkommenen und doch so schwebend leichten Jugendgedichte geschrieben, nach Bad Fusch kehrte er Jahrzehnte später zurück, in der Hoffnung, sein Drama "Der Turm" weiterzuschreiben, das ihm nicht von der Hand ging. Rezensent Andreas Isenschmid schreibt mit höchster Bewunderung über den kleinen Roman, den Walter Kappacher über diese paar Tage in Hofmannsthals Leben vorlegt, über die eigentlich nur sehr wenig bekannt ist. Hofmannsthal selbst hat in einem Brief über das Fremdvertraute geschrieben, das ihn hier anwehte. Er sah sich mit sich selbst als dem perfekten Jüngling konfrontiert, der er mal war. Isenschmid schildert anschaulich, mit wie leichter Hand Kappacher die Situation von Hofmannsthal in kurze Vignetten fasst und zugleich mit einer kleinen Rahmenhandlung vor dem allzu Losen und Assoziativen bewahrt. Man sollte den Roman vielleicht in Bad Fusch lesen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.03.2009

Unendlich traurig stimmt das Buch den Rezensenten. Weil es behutsamer, dezenter nicht sein könnte, wie Hans-Jürgen Schings schreibt. Und weil es ihn tief hineinzieht in die Krise der europäischen Moderne, wie sie sich Hofmannsthal dargestellt haben muss und in der er selber als Künstler sein Ende fand. Dabei wundert sich Schings, wie es Walter Kappacher auf so gänzlich unspektakuläre und distanzierte Weise gelingt, diesen Sog zu bewirken. Ganz sachte spürt Schings, wie das "Nichts vordringt", sachlich beschrieben, mit "nüchterner Sympathie" für den Dichter, doch unaufhaltsam.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.02.2009

Für Michael Maar ist der historische Künstlerroman ein riskantes Genre, an dem auch große Schriftsteller mitunter gescheitert sind. Walter Kappachers Roman "Der Fliegenpalast", in dem der alternde Hugo von Hofmannsthal für zehn Tage im Kurbad Fusch weilt, hat ihn aber vollkommen begeistert. Er gibt ihm sogar den Vorzug vor Thomas Manns Goethe-Buch "Lotte in Weimar". "Der Fliegenpalast" ist ein Text, der sich mit dem Altern auseinandersetzt, und Kappacher tut das wunderbar leise und diskret, schwärmt der Rezensent. Auch wenn in dem Buch nicht viel passiert und auf dramatische oder auch nur überraschende Begebenheiten verzichtet werde, entfaltet es dennoch einen enormen Sog, versichert Maar. Bei aller Melancholie, die beim an seiner Gesundheit und an seiner Kunst zweifelnden Hofmannsthal zu spüren sei, scheine doch immer wieder die hauchzarte Komik Kappachers durch. Unvergleichlich und sich jeder Beschreibung entziehend findet er auch das "wunderbare Deutsch" des Autors. "Stil ist Charakter" ruft der Rezensent und feiert diesen Roman als Beleg für den unerhörten Glücksfall, den Kappacher in seinen Augen für die deutschsprachige Gegenwartsliteratur darstellt.
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