Seweryna Szmaglewska

Die Frauen von Birkenau

Cover: Die Frauen von Birkenau
Schöffling und Co. Verlag, Frankfurt am Main 2020
ISBN 9783895615368
Gebunden, 456 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Aus dem Polnischen von Marta Kijowska. In "Die Frauen von Birkenau" schildert Seweryna Szmaglewska ihre verstörenden Erlebnisse als politische Gefangene im Frauenlager von Auschwitz-Birkenau. Noch 1945, fast sofort nach ihrer Flucht im Januar, schrieb sie fieberhaft ihre Erinnerungen nieder, die ein wichtiges Zeugnis bei den Nürnberger Prozessen wurden. In einer ganz besonderen Erzählperspektive, ohne "ich" zu sagen, fängt sie darin nicht nur die Alltagswelt des Lagers ein, sondern auch berührende Einzelschicksale von Frauen aus ganz Europa. Da ist die Schauspielerin aus Wilna, die auch in der Baracke Texte deklamiert, da ist das Mädchen aus Thessaloniki mit seinen traurigen Liedern und da sind die Musikerinnen des Frauenorchesters. Wie mit einem Kameraauge zeichnet Seweryna Szmaglewska die desolate Verfassung der Gefangenen, die harte Arbeit und die Grausamkeiten der SS auf, aber sie beschwört auch den geistigen Austausch und den kulturellen Reichtum im Lager, mit dem die Frauen sich gegenseitig ermutigen und so ihre Würde zu wahren wissen.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 23.01.2021

Marina Münkler hält die Veröffentlichung von Seweryna Szmaglewskas Lagerbericht aus Auschwitz für überfällig. Den Text, der bei den Nürnberger Prozessen als Beweismittel diente, hält sie zwar nur schwer aus, weil er in seiner dokumentarischen Konsequenz keine Identifikationschance bietet, wie sie schreibt, die akribische Schilderung des Lageralltags, der Selektionen und vielen perfiden Details aber hält sie dennoch in Bann und lässt sie die Einzelheiten förmlich vor sich sehen, bis zum Wechsel der Jahreszeiten. Das Entsetzen jedoch kann auch der strenge Kamerablick der Autorin nicht verbergen, so Münkler.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.08.2020

Für den Rezensenten Rene Schlott erscheint Seweryna Szmaglewskas 1945 verfasster Bericht aus Auschwitz gerade rechtzeitig "inmitten" einer Debatte um ein Denkmal zum Gedenken an die Opfer der deutschen Besatzung in Polen. Und natürlich kommt es viel zu spät, meint er. Die Mischung aus Reportage, Roman und Überlebensbericht besticht für ihn durch die von der Autorin konstruierte Distanz zum gerade erlebten Grauen, durch die konsequent weibliche Perspektive und die dennoch spürbare Unmittelbarkeit. Ein Denkmal für die Frauen von Auschwitz, das Schlott vor allem durch die erzählten Einzelschickale, etwa der Widerstandskämpferin Zofia Sikorska, nahe geht.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 28.08.2020

Rezensent Artur Becker empfindet es als Schande, dass Seweryna Szmaglewskas Bericht über die Frauen von Auschwitz erst 75 Jahre nach dem Ende des Krieges und seiner Veröffentlichung in Polen auf Deutsch erscheint. Marta Kijowskas kongeniale Übersetzung und Nachwort freuen Becker umso mehr. Szmaglewskas unpathetischer Ton kommt darin gut zur Geltung, meint er. Der im "Stil eines Romans" verfasste Bericht besticht laut Becker durch die Zurücknahme der Autorin hinter das Geschehen der täglichen Qualen im Lager und die Analyse der Entmenschlichung. Für Becker keine leichte Lektüre, aber eine wichtige.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 03.08.2020

Fabian Wolff verzeiht Seweryna Szmaglewska verzerrende Urteile und Sachfehler. Wenn die Autorin kühl auf ihre Lagerhaft in Birkenau zurückblickt, auf Machthierarchien, Lageralltag, Verrohung, so meint der Rezensent eine gewisse Unmittelbarkeit zu spüren. Letztere geht auf Kosten der Allgemeingültigkeit der Schilderung, erklärt Wolff, führt zu harten Meinungen und einem gewissen Häftlingssnobismus, der etwa das Häftlings-Sonderkommando verurteilt. Die Geschlossenheit und sprachliche Kraft des Textes hält er angesichts der Umstände der Niederschrift noch auf der Flucht vor 1945 für erstaunlich. Keine stringente Geschichtsschreibung, so Wolff, aber ein gelungener Mix aus Memoir, Reportage und Essay.